Von Miggi
Ich liebe ja, wenn sich Spiele oder auch Filme und Serien nicht zu ernst nehmen, die vierte Wand durchbrechen und auch einfach mal den Mut haben, so richtig richtig dumme Witze zu machen. Als ich dann in der Trailer-Flut der vergangenen E3 irgendwo während des Guerilla Showcases den Trailer zum Indie-Spiel UnMetal sah, das genau das getan hat, wusste ich, dass das hier ein Spiel für mich sein wird. Schon im ersten Trailer wurden hier Gags abgefeuert, die genau in mein Humor-Zentrum getroffen haben und mich laut auflachen ließen. Wenn man das Spiel pitchen müsste, wäre die treffendste Umschreibung vermutlich folgende: "2D Metal Gear - nur in unfassbar dumm!". Und wie gut klingt das denn bitte?
Ihr übernehmt in UnMetal die Rolle von Jesse Fox, der in einer geheimen Militärbasis gefangen genommen wird für ein Verbrechen, dass er nicht begangen hat (diesen Satz werdet ihr im Spiel desöfteren hören). Das ganze spielt ihr aber nicht in Echtzeit, sondern Jesse erzählt während eines Verhörs was passiert ist. So kommt es immer wieder zu witzigen Situationen während seiner Geschichte, in der entweder Ungereimtheiten seiner Geschichte thematisiert werden oder ihr die Handlung direkt beeinflussen könnt, indem ihr bestimmte Dialog-Optionen auswählt, die dann wiederum in der Spielwelt direkt umgesetzt werden. Wenn ihr Glück habt, macht ihr euch so aktiv das Leben im Spiel leichter. Nur hat man dieses Glück meistens nicht.
UnMetal ist ein 2D-Stealth Action-Spiel, das sich ganz klar an Klassikern wie eben Metal Gear orientiert bzw. genau diese persifliert. Ihr schleicht euch durch die Militärbasis, baut euch MacGyver-mäßig Gadgets aus Items, die ihr findet und versucht so gut es geht unentdeckt zu bleiben. Dafür versteckt ihr euch hinter Wänden und Kisten und schaltet im Optimalfall Wachen und Co. unbemerkt aus. Recht viel Optionen habt ihr dafür anfangs aber nicht - ihr könnt eigentlich nur laufen und boxen. Schleicht ihr euch aber gut genug an, reicht das erstmal. Später bekommt ihr dann noch verschiedene Hilfsmittel wie Chloroform, eine Pistole oder EMP-Granaten. Für jede Wache, die ihr unbemerkt ausschaltet erhaltet ihr Erfahrungspunkte, die euren Level steigern. Bei jedem Aufstieg habt ihr dann die Wahl aus 2 Perks, die euch etwa schneller laufen lassen, eure HP erhöhen oder einen Dash spendieren.
Und auch sonst ruht sich das Spiel nicht komplett auf alten Lorbeeren aus, sondern erweitert die Spielidee um moderne Elemente, was dafür sorgt, dass das Ganze nicht nur witzig ist, sondern sich auch gut und spannend spielt. So könnt ihr K.O. geschlagene Gegner vom Boden aufheben und müsst sie verstecken, damit nicht der Alarm angemacht wird, könnt die Bewusstlosen plündern, um Items zu bekommen und auf Toiletten euren Spielstand in Ruhe speichern. Und auch das Kämpfen ist teilweise echt spannend - werdet ihr von euren Feinden verletzt, fängt der Protagonist etwa an zu bluten. Diese Blutung müsst ihr dann mit Items wie einem Medkit oder einer Bandage stoppen, damit ihr nicht verblutet. Das alles gibt dem Spiel eine gute Prise Tiefe und das Gameplay wurde so echt sinnvoll erweitert.
Und wenn wir schon bei den Items sind - im Laufe eures Abenteuers findet ihr in UnMetal ein Funkgerät, das ihr erst noch durch Kombinieren mit einem anderem Gegenstand Abhör-sicher machen müsst. Habt ihr das geschafft könnt ihr mit verschiedenen Figuren, denen ihr begegnet, Funkkontakt halten. Und da sind wir schon beim nächsten Punkt, der das Spiel so witzig macht. Einerseits sind die Gespräche mit eurem Gegenüber ganz klar an die Funkgespräche in Metal Gear angelehnt und andererseits werden hier sowohl das Writing als auch die Leistung der Synchronsprecher*innen ins Rampenlicht gestellt. Die Sprachausgabe in UnMetal ist nämlich unfassbar gut und verleiht dem Spiel noch mal mehr Atmosphäre, als es simple Textboxen könnten. Was ebenfalls unfassbar gut ist, sind die diversen Bossfights.
Diese machen echt Spaß und spielen sich sehr abwechslungsreich. Außerdem haben die Bosse, gegen die ihr kämpft alle eine Intro-Sequenz, die ihr euch nicht entgehen lassen solltet. Neben Schleicheinlagen und Bossfights werdet ihr im Spiel außerdem immer wieder vor kleinere Rätsel gestellt, die es zu lösen gilt. Und da das Spiel einen sehr absurden Humor hat, sind die Lösungen dafür teilweise gar nicht so offensichtlich, dafür an anderen Stellen wieder sehr. Was würdet ihr als alte Profi-Chemiker*innen zum Beispiel aus den Substanzen "Chloro" und "Form" mischen? Das einzige, was manchmal etwas nervt sind die (nicht wirklich vorhandenen) Checkpoints. Oft müsst ihr nicht nur Abschnitte durch Try & Error immer wieder versuchen, sondern auch erstmal von der Toilette aus, in der ihr zuletzt gespeichert habt, hinlaufen, bis ihr überhaupt starten könnt. Ihr habt zwar mobile Töpfchen, mit denen ihr unterwegs Zwischenspeichern könnt, diese sind aber 1. limitiert und 2. bekommt ihr ein Achievement, wenn ihr während eures Durchgangs keins davon nutzt.
Die schon richtig gut umgesetzte 8Bit 2D-Optik wird euch standardmäßig noch mit einem CRT-Filter und Scanlines versüßt. Normalerweise bin ich kein Fan von diesen Filtern und schalte sie eigentlich bei jedem Spiel aus, hier haben sie mich allerdings absolut nicht gestört und noch mal eine gute Schippe zum Spielerlebnis beigetragen. Aber nicht nur dieser Filter hat bei mir für Freude gesorgt - die verschiedenen Kapitel sind wahnsinnig abwechslungsreich und führen euch neben der Militärbasis auch in eine Kanalisation, einen Dschungel oder eine Forschungseinrichtung. Gleichzeitig wurden überall noch kleine Details eingebaut, wie Kugeln, die zu Boden fallen, zerstörbare Kisten und andere Umgebungs-Items sowie ein Batzen Geheimnisse, die ihr nur findet, wenn ihr die Welt um euch ganz genau untersucht.
"UnMetal liefert so wahnsinnig viele geile Gags, dass ich mich vor lauter Lachen teilweise nicht mehr auf das Spiel selbst konzentrieren konnte. Was Hot Shots und Die Nackte Kanone für Action Filme war, ist das hier für Videospiele dieses und anderer Genres."
Wenn ich einen Trailer zu einem Spiel wie diesem hier sehe, habe ich anfangs immer wieder die Sorge, dass man alle Gags in den Trailer gepackt hat und sich sonst nicht recht viel dahinter versteckt. Zum Glück war das hier nicht der Fall, ganz im Gegenteil. UnMetal liefert so wahnsinnig viele geile Gags, dass ich mich vor lauter Lachen teilweise nicht mehr auf das Spiel selbst konzentrieren konnte. Was Hot Shots und Die Nackte Kanone für Action Filme war, ist das hier für Videospiele dieses und anderer Genres. Das ist jetzt hier auch nicht übertrieben für die Review hier, das ist mein voller Ernst. Zwei Tode sind mir genau deshalb passiert. Und zum Glück hört es da noch nicht auf - das Gameplay macht super viel Spaß, spielt sich knackig aber nicht unfair und in den etwa acht bis neun Stunden, die das Spiel dauert, hatte ich einfach eine wahnsinnig gute Zeit. Wer bei "Metal Gear in dumm" schon neugierig wird, sollte sich UnMetal auf keinen Fall entgehen lassen und auch alle anderen, die eine gute Zeit mit einem sich selbst nicht zu ernst nehmenden Spiel haben wollen, sind hier gut aufgehoben.