Von Miggi
Es gibt Genres, die sterben einfach nie aus. Und das ist nicht nur historisch verdammt wichtig, sondern auch spielerisch sehr gut. Point & Click ist eines dieser Genres - es existiert gefühlt schon ewig, einige der ikonischsten Spiele zählen dazu und immer wieder kommen neue Point & Click-Abenteuer auf den Markt. In letzter Zeit habe ich wieder einmal Spiele wie die Deponia-Reihe, Full Throttle oder Grim Fandango gespielt, die sich auch auf der Konsole mittlerweile echt gut steuern lassen und habe gerade erst letztens die Monkey Island Collection bei Limited Run Games bestellt. Point & Click geht halt einfach immer. Neu in der Riege dieser großer Fußstapfen hat sich jetzt das Indie-Spiel Tohu vom polnischen Studio Fireart Games eingefunden. Nach ihrem Erstlingswerk Spirit Roots, einem 2D Plattformer, haben sie sich für diesen Titel ein komplett neues Genre ausgesucht und ich war gespannt, wie sie sich wohl schlagen würden.
In Tohu seid ihr als junges Mädchen unterwegs, das dem Geheimnis hinter der heiligen Maschine auf die Spur kommen möchte. Eine geheimnisvolle, fremde Figur erscheint nämlich eines Tages auf ihrem Planeten und beschädigt diese Maschine. Da sie wichtig zu sein scheint, brecht ihr auf, um sie zu reparieren. Eure Reise führt euch über verschiedene Schauplätze, die allesamt auf Fischen herumschweben und von allerhand witziger Lebewesen bewohnt werden. Jeder Fischplanet besteht dabei aus mehreren Screens, die ihr in bester Point & Click Manier abklappert, um das Rätsel rund um die heilige Maschine zu lösen und am Ende hoffentlich herauszufinden, wer die fremde Figur ist und was ihre Motivation ist.
Was das Gameplay angeht, ist mit Point & Click ja eigentlich eh schon so gut wie alles gesagt. Ihr steuert einen Mauszeiger über den Bildschirm und interagiert mit verschiedenen Figuren und Gegenständen. Das ganze ist in Tohu relativ simpel, ihr müsst nicht aus verschiedenen Interaktionen auswählen, sondern es wird automatisch immer die Funktion gewählt, die benötigt wird. Reden bei Figuren und untersuchen bei anderen Dingen. Recht viel mehr gibt es da nicht. Zusätzlich habt ihr noch einen Item-Beutel in der linken oberen Bildschirmecke, aus dem ihr per Drag & Drop eure Gegenstände auf passende Hotspots in der Welt ziehen könnt. Ob das Item richtig steht, seht ihr ... wenn das Licht angeht. Also wirklich. Habt ihr einen Punkt erreicht, mit dem das Item eventuell verwendet werden kann, leuchtet dieses kurz auf, um euch zu zeigen, dass ihr loslassen könnt. Recht viel komplexer wird es dann eigentlich auch nicht.
Naja ok, ein bisschen. Manchmal sogar ein bisschen sehr. Aber das hat nichts mehr direkt mit der Steuerung zu tun. Quer über die verschiedenen Fisch-Planeten verteilt müsst ihr, wie es sich für ein richtiges Point & Click-Adventure gehört, diverse Rätsel lösen. Und die haben es manchmal echt in sich. An einer Stelle müsst ihr einen Wasserfluss über verschiedene Blätter lenken, wobei sich nicht nur immer eines bewegen lässt, sondern mehre Blätter verlinkt sind. Ihr müsst also die richtige Reihenfolge herausfinden, damit alle Blätter gleichzeitig in der richtigen Position stehen. Das und alle anderen Rätsel sind zwar nichts bahnbrechendes oder super neues, aber dafür immer schön abwechslungsreich und es macht Spaß sie alle zu lösen. Wem die Rätsel oder generell das Vorankommen schwer fallen, kann sich durch ein kleines Schloss-knack-Minispiel außerdem Tipps vom Spiel geben lassen.
Der größte Pluspunkt, den Tohu vorweisen kann, ist sowohl der Look des Spiels, als auch die Atmosphäre die dadurch in Kombination mit der Musik entsteht. Diese wurde übrigens komponiert von Christopher Larkin, der besonders durch den Soundtrack zu Hollow Knight bekannt wurde. Hier bewegt er sich nun in einer komplett anderen Richtung und Stimmung, zeigt aber, dass er auch das sehr gut kann. Aber zurück zur Optik. Die Umgebungen sind allesamt wahnsinnig detailliert gestaltet, ihr könnt auf jedem Screen Kleinigkeiten entdecken, die erst beim zweiten oder dritten Hinsehen auffallen und alle Gebiete, Figuren und auch Kreaturen haben einen ganz eigenen Charakter, ohne untereinander irgendwie unstimmig zu sein. Der besondere Look hat mich bei Tohu erst so neugierig gemacht, dass ich es spielen wollte und hat das Spiel über nicht enttäuscht. Ganz im Gegenteil. Als nette Dreingabe sind das Spiel über in den verschiedenen Screens kleine Kreaturen versteckt, die ihr in eurem Sammel-Lexikon eintragen könnt, nachdem ihr sie gefunden habt.
"Tohu ist mit viel Liebe zum Detail gestaltet, bietet ausreichend Abwechslungsreichtum und es hat Spaß gemacht, die süße Geschichte in einem Stück durchzuspielen."
Wer auf der Suche nach einem richtig kniffligen Point & Click ist, wird mit Tohu wahrscheinlich nicht glücklich werden. In seinen kompakten vier bis fünf Stunden fordert das Spiel nie übermäßig viel von euch, bis auf ganz wenige Ausnahmen, in denen ich mich vielleicht auch einfach nur zu dumm angestellt habe. Aber das ist auch nichts Schlechtes. Die kürzere Dauer in Kombination mit den mittelschweren Rätseln und dem automatischen Interface, lenken den Fokus dafür stärker auf die Optik und die Atmosphäre des Spiels. Und das hat mir sehr viel gut gefallen. Tohu ist mit viel Liebe zum Detail gestaltet, bietet ausreichend Abwechslungsreichtum und es hat Spaß gemacht, die süße Geschichte in einem Stück durchzuspielen. Klar gibt es komplexere Vertreter des Genres, die vermutlich auch unter Hardcore-Fans mehr Zuspruch finden werden. Das ändert aber nichts daran, dass ich sehr viel Spaß mit Tohu hatte und es für einen gemütlichen Sonntag-Nachmittag oder -Abend perfekt für zwischendurch geeignet ist.