Von Miggi
Um in diese Review zu starten, müssen wir kurz etwas etablieren. Es gibt in meiner Einteilung zwei Arten von The Legend of Zelda-Spielen. Es gibt "normales Zelda" und es gibt "weirdes Zelda". Und jedes Spiel der Serie lässt sich für mich in eine der beiden Kategorien einteilen, ohne dabei zu bewerten, ob das Spiel in meinen Augen gut oder schlecht ist. Auf der einen Seite haben wir "normales Zelda". Das sind Spiele wie das NES-Original, A Link to the Past, Ocarina of Time oder auch Skyward Sword. Klassische Zelda-Abenteuer, ab und zu mit einem kleinen Kniff, aber in ihrem Kern relativ straight forward. Auf der anderen Seite gibt es dann "weirdes Zelda". Das sind die Spiele, die starke Ausreißer sind, die komplett eigene Ideen und Mechaniken mitbringen und teilweise auch die Fanbase spalten. Dazu zählen dann Majoras Mask, The Minish Cap, Oracle of Ages/Seasons aber auch Breath of the Wild bzw. Tears of the Kingdom. Und ich mag "weirdes Zelda" tendenziell auch lieber, weil ich immer das Gefühl habe, dass sich hier mehr ausgetobt wird bzw. bestimmte neue Mechaniken mehr in den Fokus rücken und man so eine ganz einzigartige Spielerfahrung macht. Als der erste Trailer zu The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom gezeigt wurde, war ich mir ziemlich sicher, dass das hier das nächste "weirdes Zelda" sein wird. Und ich habe mich direkt sehr darauf gefreut.
Aber was lässt denn Echoes of Wisdom nun so sehr aus der klassischen Zelda-Formel ausbrechen? Zum einen, dass wir ganz am Anfang des Spiels eine Art Rollentausch erleben. Diesmal geht nämlich nicht wie üblich Link auf eine Reise, um die gefangene Prinzessin zu retten, sondern wir übernehmen im Switch-Spiel selbst die Kontrolle über die Prinzessin und müssen mit ihr Hyrule retten. Denn Link wird direkt zu Spielbeginn von einer dunklen Macht gefangen genommen und im ganzen Königreich öffnen sich plötzlich dunkle Risse, die nicht nur drohen die ganze Welt zu verschlucken, sondern auch die Bewohner*innen von Hyrule in sich einzusaugen. Nachdem die Prinzessin nur ganz knapp selbst einem dieser Risse entkommen kann und dabei zusehen muss, wie ihr Vater und seine engsten Vertrauten Opfer der dunklen Mächte werden, macht sie sich auf den Weg um ihre Verbündeten und Link zu retten. Ihr zur Seite steht dabei die Fee Tri, deren Freund*innen ebenfalls in die Fänge der Risse geraten sind und die Zelda mit besonderen Fähigkeiten ausstattet.
Durch die Kräfte von Tri kann Zelda mit ihrem Zauberstab nämlich allerhand Gegenstände und Monster als Echos abspeichern, die sie dann in die Spielwelt zaubert bzw. kopiert. So findet ihr z.B. sehr früh im Spiel das Standard-Bett, mit dem ihr ein bisschen weiter nach oben klettern könnt. Wenn ihr aber mehrere Betten aufeinander stapelt, könnt ihr euch eine richtige Treppe bauen und so mit ein bisschen Geschick und der richtigen Platzierung viel höhere Ebenen erklimmen. Mit der Zeit lernt ihr auch viele andere Echos, aber ich glaube ich habe wirklich keines so oft benutzt wie das Bett. Natürlich könnt ihr aber nicht unendlich Betten in die Welt stellen: je nachdem wie weit ihr im Spiel seid, hat Tri ein Level, das bestimmt wie viele Gegenstände ihr herbeizaubern könnt. Dabei hat jedes Echo eine bestimmte Energie-Voraussetzung und ihr startet mit 3 Charges. Das bedeutet ihr könnt am Anfang erst einmal nur 3 Betten erscheinen lassen, oder eben einen Lizalfos, der direkt alle 3 Ladungen aufbraucht. Aber warum solltet ihr das wollen, wenn ihr auch 3 Betten haben könnt? Habe ich schon erwähnt, dass sich eure Energie langsam wieder auffüllt, wenn ihr euch in das Bett reinlegt? Ich glaube wir haben einen klaren Gewinner.
Okay, ich gebe zu, dass das Bett vielleicht in den Kämpfen nicht ganz so hilfreich ist. Gegen Monster kann Zelda nämlich nicht immer wie Link einfach ihr Schwert zücken, sondern muss sich mit Monster-Echos aushelfen. Ihr zerquetscht also erst mal mit einem Stein einen kleinen Blob, macht mit dem kleinen Blob dann eine Schlange fertig, die ihr dann gegen einen Moblin in den Kampf schickt und sammelt so immer mehr Monster in eurem Inventar, die ihr für euch in den Kampf schicken könnt. Am Ende könnt ihr hier aus einer vollen Box an Monster auswählen und diese immer richtig einsetzen, je nachdem welchem Gegner ihr gegenüber steht. Im Grunde ist das fast wie Pokémon und spätestens wenn ihr ein Monster auf Lvl. 2 findet, wird man dieses Gefühl nicht mehr ganz los. Im Spielverlauf findet ihr außerdem auch eine spezielle Kraft, mit der sich Zelda kurzzeitig in die Gestalt von Link verwandeln und dann selbst mit Schwert und Bogen im Kampf mitmischen kann. Das verbraucht aber Magie und am besten setzt ihr diese Kraft wirklich nur sehr sparsam ein. Spätestens bei den Dungeon-Bossen werdet ihr sie nämlich brauchen.
Denn The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom kehrt nach Tears of the Kingdom wieder zur beinahe gewohnten Zelda-Struktur zurück und lässt euch einzelne Dungeons erkunden. Dabei müsst ihr euch aber nicht pro Dungeon auf ein bestimmtes Item beschränken, um die meisten Puzzles darin zu lösen, sondern könnt (und müsst teilweise) aus eurem vollen Repertoire an Echos schöpfen. Und damit meine ich nicht nur das Bett, sondern auch andere Dinge wie Steine, Wasserblöcke, Windkanonen, Fackeln und vieles mehr. Die Rätsel sind dadurch nicht nur wahnsinnig kreativ, sondern können gefühlt auch immer auf drei verschiedene Wege gelöst werden. Denn je mehr Echos ihr sammelt, desto mehr könnt ihr out of the Box denken. Hierbei musste ich viel öfter an Herangehensweisen von einem Tears of the Kingdom denken, als an klassische Zelda-Titel und ich liebe es, dass das japanische Studio Grezzo, die auch schon das Remake zu Link's Awakening entwickelt haben, sich hier so sehr ausgetobt haben und sich von dem Aufbau bzw. der Perspektive nicht zu sehr haben einschränken lassen. Ganz im Gegenteil. Sie haben es noch viel mehr ausgenutzt wie das Spiel aufgebaut ist.
Echoes of Wisdom ist nämlich kein klassisches 3D-Zelda, sondern nutzt die selbe Perspektive wie eben auch Link's Awakening es 2019 getan hat. Ihr erkundet ein relativ offenes Hyrule aus einer Top Down-Ansicht, wobei die Welt selbst offen ist und nicht aus ganz viel einzelnen Screens besteht. Lediglich die Dungeons und andere Innenräume werden durch kurze Ladescreens unterbrochen und schicken euch in neue Bereiche. Diese Fusion aus Open World und klassischer Zelda-Formel funktioniert für mich unglaublich gut und ich hatte verdammt viel Spaß dabei die Welt genau zu erkunden, möglichst viele Herzteile und andere Geheimnisse zu finden und jeden Teil der Weltkarte aufzudecken. Und ziemlich sicher habe ich immer noch nicht alles gefunden. Die Spielwelt steckt nämlich voller Geheimnisse und fordert eure Echo-Fähigkeiten teilweise wirklich sehr heraus.
Das Spiel lässt euch nämlich nicht nur stumpf der Hauptstory folgen und gibt NPCs ein paar Dialoge, die euch ein bisschen Lore oder random Gespräche bringen, sondern ihr habt wie auch in neueren Teilen der Serie ein richtiges Missions-Logbuch. Dort könnt ihr euch entscheiden welche Aufgabe gerade aktiv sein soll und so, ob ihr der Hauptgeschichte folgen oder doch lieber eine der diversen Nebenquests erledigen wollt. Einige der Charaktere geben euch dabei leichtere Aufgaben wie "Finde Echo X für mich" oder "Bringe mir Gegenstand A", während andere euch auf eine ausgiebige Erkundungstour quer über Teile der Map schicken. Belohnt werdet ihr dabei nicht immer nur mit Rubinen, sondern teilweise auch mit Monstergegenständen und anderem Material wie Butter, Mangos oder Honig, die ihr beim Deku-Smoothie-Macher eures Vertrauens daraufhin zu Tränken verarbeiten lassen könnt, die euch verschiedene Boni wie Kälteresistenz, Schwimmgeschwindigkeit oder mehr schenken. Und je mehr ich das Spiel gespielt habe, desto mehr hat es sich für mich wie ein "Best of Album" aller bisherigen Zelda-Spiele angefühlt und das aus mehreren Gründen.
Zum einen nimmt es so viele mittlerweile etablierte oder eben aus anderen Spielen bekannte Mechaniken und bindet sie smart in Echoes of Wisdom ein. Seien es nun die Nebenmissionen, Buffs für bestimmte Witterungsverhältnisse oder mehr. Andererseits macht sich das auch in der Spielwelt und auch der Vielfältigkeit der Figuren bemerkbar. Ihr trefft in eurem Playthrough auf Monster wie Octorok und Stachi, die seit Tag 1 Teil der Serie sind, aber auch Wolfos, ReDeads oder andere, die erst irgendwann später eingeführt wurden. Gleichzeitig besucht ihr in Hyrule nach und nach die Zora, Dekus oder Goronen und sogar Lord Jabu Jabu gibt sein Comeback. Außerdem wird in Echoes of Wisdom ein für alle Mal die große Frage geklärt warum die Zora in einem Spiel anders aussehen, als in einem anderen. Serienfans wissen Bescheid. Generell finden sich in Echoes of Wisdom immer wieder kleine Easter Eggs und Referenzen an ältere Teile und ich liebe es, wie viel Details in diesem Spiel stecken.
Beim Look bzw. Artstyle bleibt sich das Studio im Vergleich zu Link's Awakening treu und präsentiert Echoes of Wisdom wieder im gleichen spielzeugartigen Stil wie im Remake zum Game Boy-Klassiker. Durch die neuen Monster, Figuren und Schauplätze erstrahlt Hyrule aber in einem ganz besonderen Glanz, der sich nicht mit der Insel Cocolint vergleichen lässt. Ihr bereist so viel unterschiedliche Gebiete und Gezeiten, dass ich euch gar nicht alle spoilern will, denn diese selbst zu entdecken und zu erkunden, hat mir unfassbar viel Spaß gemacht, dem ich hier niemanden nehmen will. Ich persönlich liebe den Look des Spiels, natürlich ist er aber auch Geschmackssache. Was ich hingegen nicht ganz so liebe ist die wechselhafte Performance des Titels, die gleichzeitig auch die einzige Schwachstelle für mich darstellt. Teilweise ruckelt es auf der Reise durch Hyrule ordentlich und ich freue mich jetzt schon darauf den Titel auf der Switch 2 noch mal anzuschmeißen, um zu sehen, wie es besser geht. Denn abseits davon sieht Echoes of Wisdom fantastisch aus, spielt sich super und wird mit neuen Arrangements bekannter Zelda-Themes auch auf der Sound-Seite wahnsinnig schön begleitet.
"The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom beruft sich nicht nur auf Serienstärken, sondern erweitert diese gekonnt, bringt Pokémon-like-Kämpfe mit ins Spiel als wäre es nichts und zeigt wieder einmal, warum Nintendo-Spiele eine ganz besondere Magie in sich tragen."
Ich glaube für keine Videospiel-Serie war es bisher so schwer einen weiteren Teil zu veröffentlichen wie für The Legend of Zelda nach Tears of the Kingdom. Für mich ist der Switch-Titel aus dem letzten Jahr immer noch das beste Videospiel, das jemals entwickelt wurde und ich hätte nicht gewusst, wie man nach diesem Peak weitermachen will. Nun ja. Und dann kam Echoes of Wisdom und hat es mir gezeigt. Man nimmt einfach eine ganz andere Herangehensweise an das Gameplay, die Optik und eigentlich alles, ohne dabei die Kern-Identität der Serie beiseite zu legen und heraus kommt eines der erfrischendsten First Party-Spiele, die ich dieses Jahr gespielt habe. The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom beruft sich nicht nur auf Serienstärken, sondern erweitert diese gekonnt, bringt Pokémon-like-Kämpfe mit ins Spiel als wäre es nichts und zeigt wieder einmal, warum Nintendo-Spiele eine ganz besondere Magie in sich tragen. Wären da hardware-bedingt nicht kleine technische Flaws wäre das Spiel für mich eine easy 10/10, so muss ich leider einen kleinen Abstrich machen, freue mich aber jetzt schon das Spiel einfach noch mal auf dem Switch-Nachfolger anzumachen und es in voller Pracht einfach auf 100% zu spielen und den Rest der Weltkarte zu erkunden.