Von Miggi
Dass die Nintendo Switch die perfekte Konsole für Indie-Spiele ist, sollte nach fast 3 Jahren mit der Konsole (und ja, mir kommt es auch noch nicht so lange vor) eigentlich allen klar sein. Offensichtlich ist das nicht nur uns als Spieler*innen aufgefallen, sondern natürlich auch diversen Publishern. Und so werden nicht nur viele Indie-Titel teils Konsolenexklusiv für Nintendos Hybrid veröffentlicht, sondern auch Spiele, die schon länger anderswo erhältlich sind dafür geportet. Ganz vorne dabei ist da Devolver Digital, die neben neuen Titel auch ihren bestehenden Backkatalog immer weiter auf die Switch ausweiten. Hotline Miami, OlliOlli, Enter the Gungeon und wie sie alle heißen. Ihr kennt die Titel vermutlich alle. Und genau um so einen Fall handelt es sich bei Stories Untold. Der Titel des schottischen Studios No Code erschien bereits 2017 für den PC, hat es aber nie auf die Heimkonsolen geschafft. Bis jetzt.
Stories Untold besteht aus insgesamt vier kurzen Episoden, auf deren Story ich in dieser Review überhaupt nicht groß eingehen werde. Die Handlung, die Spekulationen und das Geheimnisvolle sind nämlich genau das, was den Reiz am Spiel ausmacht. Fans von Science Fiction à la Twin Peaks, Akte X und anderen Mistery-Serien und -Filmen, dürfen sich auf jeden Fall freuen, denn das Indie-Rätsel-Adventure schlägt genau in diese Kerbe. Es soll deshalb nur so viel gesagt sein: Die Geschichte findet in den 80er-Jahren statt. Oder sollte ich sagen die Geschichten? Wobei, hm. Bleiben wir der Einfachheit halber bei "die Geschichte". Jedenfalls ist es genau diese Zeitepoche, die auch das Setting des Spiels selbst maßgeblich mitbestimmt. Alte Computer und Technik von damals, Textadventure-Elemente, Anleihen an Spiele und Filme, an die sich einige von euch bestimmt noch erinnern werden - das Retro-Herz wird hier mehr als gut bedient.
Ihr erlebt das ganze Spiel aus der Ego-Perspektive, wobei ihr euch meist nicht groß selbstständig bewegen müsst bzw. werdet. Stories Untold platziert euch an fixen Orten, an denen so gut wie alles, was ihr zum Abschluss der Episode braucht, direkt vor euch ist, oder sich zumindest in unmittelbarer Umgebung befindet. So sitzt ihr etwa in der ersten Episode vor einem alten Computer, an dem ihr ein Textadventure spielt. Das klingt im ersten Moment nun vermutlich etwas langweilig und seltsam. Und glaubt mir - seltsam ist es auch. Aber in der bestmöglichen Art und Weise. Jede Episode bietet euch dabei neue Ideen und ganz eigene Rätsel, die teilweise wirklich nicht so einfach zu knacken sind. Gerade wenn man also den Dreh raus hat, kommt mit der nächsten Episode auch die nächste Herausforderung um die Ecke, die euch dazu zwingt umzudenken und euch auf eine neue Situation einzustellen.
Technisch liefert das Spiel von No Code nichts bahnbrechendes, der Hauptfokus liegt aber auch ganz klar in anderen Bereichen. Die Grafik ist okay und für das, was das Spiel erreichen möchte, total ausreichend. Die einzelnen Bereiche sind visuell dafür alle schön abwechslungsreich und vor allem die kleinen Details, wie Fotos oder etwa die Umsetzung des Spiels im Spiel The House Abandon (das es als Free to Play-Titel schon seit 2016 auch wirklich als Stand Alone-Spiel auf dem PC gibt) machen das Spiel zu einer einheitlichen Erfahrung, bei der alles gut zusammenpasst. Die Steuerung ist teilweise etwas umständlich auf der Switch und man merkt, dass das Spiel eigentlich für eine Steuerung mit Maus und Tastatur konzipiert wurde. Trotzdem findet man sich (aller)spätestens nach der ersten Episode gut zurecht und alle Kommandos gehen schnell und unkompliziert von der Hand.
Das größte Argument für Stories Untold ist definitiv die durchgängige Atmosphäre, die während des ganzen Spiels über vorherrscht. Durch die Ego-Perspektive seid ihr direkt am Geschehen, die Grafik, die mit Fotografien, Dokumenten und anderen Elementen eine real anmutende Umgebung schafft, zieht euch noch weiter hinein und abgerundet wird das ganze durch einen perfekt passenden Soundtrack. So schafft das Spiel eine tolle Spannung, die euch vom Anfang bis ans Ende fesseln wird. Dass sich das Team rund um Jon McKellan wirklich viel Gedanken um diese Atmosphäre gemacht hat sieht man aber nicht nur am Spiel selbst: sogar beim Artwork hat man sich Extra-Mühe gegeben und es vom Stranger Things-Artist Kyle Lambert entwerfen lassen. Falls ihr euch schon gedacht habt, dass es Ähnlichkeiten mit der Netflix-Serie hat, wisst ihr jetzt warum.
Anhand der eher einseitig gewählten Screenshots und der doch recht vagen Formulierungen im Bezug auf die Story merkt ihr vielleicht schon, dass ich euch nicht allzu viel über das Spiel vorweg nehmen möchte. Die vier Episoden habt ihr in etwa zwei bis drei Stunden durchgespielt und so wäre jedes Wort zuviel, ein großer Teil des Spiels, den ihr lieber selbst erleben solltet. Für die "Full Experience" würde ich euch auch empfehlen es direkt an einem Stück zu spielen, da die vier Episoden am besten funktionieren, wenn man sie direkt nacheinander erlebt. Mit 10€ ist Stories Untold für die doch etwas kurze Spielzeit zu einem fairen Preis zu haben und die Science Fiction-Fans unter euch sollten definitiv einen Blick riskieren. Wenn ihr auf Rätsel und Retro-Adventure-Games steht dürft ihr auch gerne reinschauen, ansonsten gilt das übliche Credo: Devolver published sowieso nur gute Titel. Ich zumindest wurde da noch nie enttäuscht.