Von Miggi
Leute! Der Star Wars-Hype ist real. Wir befinden uns kurz vor Veröffentlichung von Episode IX und mit Star Wars Jedi: Fallen Order haben wir nach langer Zeit wieder ein Single Player-Spiel vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis für die aktuelle Konsolengeneration erhalten. Und das war auch wirklich an der Zeit: Das Lootbox-Desaster im sonst eigentlich soliden Shooter Star Wars: Battlefront II überschattete in der Berichterstattung zwar den Fakt, dass das Spiel eine viel zu kurze, aber sehr spaßige Solo-Kampagne enthielt, der Fokus lag aber trotzdem auf dem Multiplayer-Aspekt. Die News, dass das bisher nur Project Ragtag benannte Projekt von Visceral Games nicht gecancelt, sondern nach der ersten internen Demo das ganze Studio geschlossen wurde, erschütterten die Macht erneut. Offiziell wurde das Konzept zwar an EA Vancouver weitergereicht, um daraus einen Open World-Titel zu machen, aber irgendwie ist die Hoffnung, dass das Spiel noch das Licht der Welt erblickt eher dahin. Und dann kam Jedi: Fallen Order.
Dafür verantwortlich ist Respawn Entertainment, das Studio das sich für die grandiose - und auch grandios unterschätzte - Titanfall-Serie verantwortlich zeichnet und das mit Apex Legends im Februar diesen Jahres bereits einen riesengroßen Überraschungshit gelandet hat, der sich bei den The Game Awards den Award als Best Multiplayer Game sichern konnte. Star Wars Jedi: Fallen Order, das sich intern bereits seit 2014 in der Entwicklung befand, wurde in enger Zusammenarbeit mit Lucasfilm entwickelt und ist neben einigen wenigen anderen nun offizieller Teil des neuen Star Wars-Canons. Das alles genau zu erklären, wäre aber selbst für eine ausgedehnte Podcast-Folge wahrscheinlich zu viel Stoff. Obwohl. Ich muss mal mit Bea und Yvonne sprechen. Aber jetzt zurück zum Thema: das Action Adventure wurde auf der E3 2018 zum ersten Mal groß angekündigt und ein Jahr später gab es ebenfalls in Los Angeles die erste spielbare Demo. Am 15.11.2019 war es dann soweit und das Spiel wurde innerhalb von zwei Wochen direkt zum schnellstverkauften Digital-Launch eines Star Wars-Spiels sowie der viertgrößte physische Release 2019. Die Macht ist stark in diesem da.
Star Wars Jedi: Fallen Order spielt fünf Jahre nach der aus Episode III bekannten Order 66, während der Kanzler Palpatine den Befehl gab alle Jedi zu töten, da diese die Republik verraten haben sollen. Ihr übernehmt die Kontrolle über den ehemaligen Padawan Cal Kestis (ge-motion-captured von Cameron Monaghan, bekannt u.a. aus Gotham), der sich auf dem Planeten Bracca versteckt und als Schrotthändler alte Schiffe aus den Klonkriegen auseinander nimmt. Als sein Freund Prauf nach einem Unfall in den Tod stürzt, nutzt Cal die Macht, um ihn zu retten. Von da an nimmt die Geschichte ihren Lauf: eine imperiale Drohne zeichnet den Vorfall auf und kurz darauf landen zwei Inquisitorinnen auf dem Planeten. Prauf versucht seinen Freund zu schützen, wird dabei getötet und auch Cal kann nur mit Hilfe der ehemaligen Jedi-Ritterin Cere Junda, dem Piloten Greez und ihrem Schiff, der Mantis, in letzter Sekunde fliehen. Auf eurer Reise unterstützt euch außerdem noch der kleine Droide BD-1, der euch nicht nur mit Stim-Paks heilen und später Türen und Truhen öffnen kann, sondern der auch geheime Videobotschaften des Jedi-Meisters Eno Cordova gespeichert hat. Diese schicken euch auf diverse Planeten, um ein Holocron zu finden, auf dem eine Liste machtsensibler Kinder gespeichert ist, die dem Imperium natürlich nicht unbedingt in die Hände fallen sollte. Ihr wisst schon. Das galaktische Imperium und Jedi-Kinder. Schwierige Mischung.
Schon der erste Blick auf das Gameplay zeigte, dass Fallen Order ein Third-Person Action Adventure sein wird und nach einem Presse-Event kurz vor Release, an dem Journalist*innen einen etwa dreistündigen Blick ins Spiel werfen durften, wurde noch klarer, womit wir es zu Release nun zu tun haben: Respawn hat es geschafft eine Mischung aus Tomb Raider und Dark Souls in ein Metroidvania-Gewand zu bringen. Im Star Wars-Universum! Träume (von denen ich nicht mal wusste, dass ich sie habe) können also doch noch wahr werden. Ihr bewegt euch Jedi-like akrobatisch und schnell über die fünf Hauptplaneten des Spiels, kämpft zwischendurch in bester Soulslike-Manier gegen immer stärker werdende Feinde und sammelt mehr und mehr Fähigkeiten, mit denen sich immer wieder neue Wege öffnen. Hilfreich zur Seite steht euch dabei eine Holo-Karte, auf der auch noch verschlossene Wege als solche gekennzeichnet werden. Habt ihr die passende Fähigkeit irgendwann gefunden und kehrt auf den Planeten zurück, wird die Passage grün markiert und so sollte euren Jedi-Augen nichts wichtiges entgehen. BD-1 hilft euch zudem mit kleinen Tipps bei den Rätseln, die im Spiel verstreut wurden.
Und weil es so wunderschön intuitiv, flüssig und vor allem spaßig ist, muss ich es hier extra erwähnen: das Kampfsystem. Aber lasst mich erst mal von vorne anfangen. Ihr wisst doch wie das ist: ein neues Spiel erscheint und kriegt von irgendwo, oft von den Enwickler*innen selbst, den Stempel "Souls-Like Battles OMG!!1". From Software lacht sich leise ins Fäustchen, während wir uns alle neugierig in Richtung des Spiels drehen. Und so viele Spiele sich bisher das Label verpasst haben, so viele Spiele haben uns doch immer irgendwie enttäuscht. Und dann war da plötzlich Jedi: Fallen Order, das den Fokus in seiner Vermarktung gefühlt viel eher auf das Tomb Raider-esque Erkunden gelegt hat, als auf die Kämpfe. Klar. Lichtschwerter dies das, aber wie genau die Kämpfe ablaufen und vor allem, wie intensiv sie sind, wusste lang niemand. Als ich das Spiel dann das erste Mal selbst gespielt habe und mit meinem Lichtschwert perfekt gesetzte Parries abfeuerte, denen zwei präzise Schläge folgten, um dann eine Ausweichrolle zur Seite zu machen und die Verteidigung des Gegners mit zwei weiteren Schlägen zu durchbrechen, um ihn kurz darauf außer Gefecht zu setzen - hui. Ich glaube nie war ein Spiel so Dark Souls, das kein Dark Souls, Bloodborne oder Sekiro war. Vor allem auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad. Jeder noch so unwichtig wirkende Pups kann euch gefährlich werden, wenn ihr nicht aufpasst und ihr startet schneller, als euch lieb ist, wieder am letzten Leuchtfeu... äh Meditationspunkt.
Dort könnt ihr euch nicht nur ausruhen und eure Stim-Paks auffüllen (was auch alle Gegner*innen, die ihr besiegt habt wiederbelegt), sondern Cal auf seiner Reise auch immer weiter verbessern. Absolviert ihr die Kämpfe erfolgreich, sammelt ihr nämlich nach und nach Erfahrungs- und dadurch Fähigkeitspunkte, die ihr in neue Skills investieren könnt. Sterbt ihr, müsst ihr die Figur, die euch getötet hat, zumindest ein Mal treffen, um eure gesammelten XP wieder zu bekommen. Je nachdem, wie viele Punkte ihr habt, könnt ihr eure Gesundheit oder maximale Macht erhöhen, aber auch neue Moves kaufen, mit denen ihr es dem Imperium im Kampf noch schwerer macht. Wie es sich für einen Jedi gehört könnt ihr mit der Zeit auch Dinge und Figuren wegstoßen oder zu euch ziehen, was ihr sowohl in den offenen Gebieten, als auch in den Kämpfen in der rund 20-stündigen Story und auch dem Postgame zu eurem Vorteil nutzen könnt, die auf technischer Seite nur von ein paar kleinen Rucklern hier und da negativ beeinflusst wird und sonst verdammt gut aussieht und sich verdammt gut spielt.
Auf Dathomir, Bogano, Kashyyk und Co. gibt es neben der Hauptgeschichte nämlich noch viel weiteres zu entdecken. Bestimmte Macht-Echos, die euch Einblicke in die Vergangenheit geben, erhöhen eure Gesundheit und maximale Macht, während goldene Kisten BD-1 mit mehr Stimpaks ausstatten. Dieser hilft euch außerdem, vorausgesetzt ihr achtet aufmerksam genug auf ihn, indem er an bestimmten Stellen von eurer Schulter absteigt und an relevanten Orten stehen bleibt. So scannt ihr besiegte Gegner, um hilfreiche Infos zu erhalten und eure Umgebung, um die Hintergründe der Planeten und ihrer Bewohner*innen kennenzulernen. Gleichzeitig kann der kleine Droide Behälter für euch öffnen, in denen ihr nicht nur neue Farbkombinationen für Cals Poncho und Kleidung, die Mantis und BD-1 selbst finden könnt, sondern auch verschiedene Teile für euer Lichtschwert. So könnt ihr eure Jedi-Waffe ganz nach euren Wünschen gestalten, was allerdings nur kosmetischer Natur ist und die Stärke oder sonstiges nicht beeinflusst.
"Star Wars Jedi: Fallen Order ist für mich das beste Star Wars-Spiel seit irgendeinem Spiel vor langer Zeit auf einem weit, weit entfernten System."
Ein Spiel wie dieses hätten wir wohl so von niemand anderem als Respawn Entertainment in keinem anderen Szenario bekommen können. Spätestens seit Apex Legends genießt das Studio Electronic Arts-intern scheinbar eine gewisse Freiheit, so dass wir endlich wieder ein reines Single Player-Star Wars-Abenteuer bekommen haben, das nicht wie EA-Titel sonst in der Frostbite Engine, sondern in der Unreal Engine 4 entwickelt wurde. Und hoffentlich tritt der Erfolg des Titels eine Welle an mehr davon los. Denn eines ist klar: Star Wars Jedi: Fallen Order ist für mich das beste Star Wars-Spiel seit irgendeinem Spiel vor langer Zeit auf einem weit, weit entfernten System. Nein ernsthaft: ich habe sie (fast) alle gespielt und viele davon auch sehr gut gefunden. KOTOR, Rogue Squadron, Shadows of the Empire. Es ist nicht so als hätte es keine guten Star Wars-Spiele gegeben. Sie sind nur mittlerweile echt lange her. Aber so viel Spaß mit dem Spiel selbst, das gleichzeitig gut aussieht, sich zu 100% nach Star Wars anfühlt und dann auch noch eine spannende Geschichte erzählt, hatte ich schon wirklich lange nicht mehr. Dass das amerikanische Studio nach Apex Legends dieses Jahr noch einen Volltreffer diesen Kalibers landen kann, hätte wohl niemand erwartet, aber es ist gelungen. Dies hier ist definitiv das Spiel, das wir suchen.