Von Miggi
Letztes Jahr war definitiv ein sehr gutes für Segas blauen Igel. Und damit auch für mich als Sonic-Ultra. Sonic Frontiers war definitiv eine Rückkehr zu alter Stärke, was die 3D-Ableger der Serie angeht und Sonic Origins war eine verdammt gute Ausrede für mich die Sonic-Spiele aus der Mega Drive-Ära wieder einmal durchzuspielen. Dass es aber 2023 direkt so stark weiter geht, damit hatte selbst ich nicht gerechnet. Nicht nur, dass Sonic Frontiers im September mit The Final Horizon einen dritten (und finalen) DLC erhalten hat, der dem Spiel noch einmal ordentlich neuen Content hinzugefügt hat: mit Sonic Superstars ist im Oktober ein neues "altes" Sonic erschienen. Ganz im Stile der Klassiker gibt es im neuesten Teil der Serie wieder 2(.5)D-Platforming und die ersten Trailer haben schon Begeisterung in mir ausgelöst. Nachdem ich auf der diesjährigen gamescom schon das Glück hatte eine exklusive Demo anspielen zu dürfen, war der Hype nur noch weiter gewachsen und als das Spiel dann endlich bei mir ankam, musste ich es natürlich sofort installieren und ... nun ja ... durchspielen.
Ihr ahnt es vielleicht schon, aber wie auch in anderen Sonic-Spielen geht es in Sonic Superstars wieder einmal um den jahrzehntelangen Konflikt zwischen Sonic und Dr. Eggman. Dieser ist diesmal zu den bisher noch unbekannten Northstar Inseln geflogen und stiftet dort wieder einmal Unruhe, indem er Tiere in Badniks verwandelt bzw. diese als Energiequellen verwendet. Zu seinem Schutz engagiert er außerdem den aus älteren Spielen bekannten Fang the Hunter, der gemeinsam mit der ortsansässigen Trip immer wieder versucht Sonic und seinen Freund*innen Steine in den Weg zu legen. Diese haben sie mit dem Versprechen auf ihre Seite gezogen, sie nicht ebenfalls in einen Badnik zu verwandeln, wenn sie ihnen alle Geheimnisse und Schätze der Insel zeigt. Dass das ein dummer Deal, ist uns - und mittlerweile auch Knuckles - vermutlich allen klar, aber hey, es ist eine Sonic-Story, was soll man erwarten? Als Sonic von den Machenschaften von Dr. Eggman und Fang erfährt, schnappt er sich direkt Tails, Knuckles und Amy und zieht los, um die Inselbewohner*innen zu retten. Denn ein blauer Igel muss tun, was ein blauer Igel tun muss.
Und das Gameplay kommt direkt so klassisch daher, als wären wir hier alle in einer alternativen Timeline, in der Sonic the Hedgehog 4 ein gutes Spiel geworden wäre. Sonic Superstars schafft es den Sega Mega Drive-Spirit einzufangen, ohne dabei auch nur ein Level aus alten Zeiten zu kopieren. Man mag es kaum glauben, aber in diesem Spiel gibt es keine Green Hill Zone. In insgesamt 11 Zonen lauft und hüpft ihr durch die verschiedenen Akte darin. Diese werden ab und zu ergänzt durch einerseits spezifische Charakter-Stages, die nur mit einer bestimmten Figur gespielt werden können und die dem Fortschritt der Story dienen und andererseits diversen Frucht-Levels, in denen es darum geht am Ende besonders viele Ringe gesammelt zu haben. Außerdem könnt ihr hier auch relativ einfach die Spezialmünzen sammeln, die ihr sonst auch versteckt in den regulären Levels oder in Special Stages erhalten könnt. Wer die bisherigen Versuche von Sonic 2.5D-Spielen im Gedächtnis hat weiß, dass es gar nicht so einfach ist das klassische 2D-Gefühl in die moderne Ansicht zu bringen. Immer wieder hat sich hier irgendwas nicht richtig angefühlt, sei es nun die Beschleunigung, die Kollissionsabfrage oder aber die Geschwindigkeit. Hier muss ich Entwickler Arzest ein großes Kompliment aussprechen: Sonic Superstars fühlt sich an, als hätte man das wundervolle Sonic Mania genommen und es einfach mit einem neuen Artstyle angemalt. Und das ist ein riesengroßes Kompliment.
Wie schon damals könnt ihr in den Levels mehrere Wege ans Ziel finden, je nachdem wie gut ihr durch das Level kommt. Grundsätzlich gilt: je weiter oben ihr euch befindet, desto einfacher sollte sich eure Experience gestalten. Am Ende jedes Akts wartet dabei entweder das Ziel auf euch, oder aber ein besonders starker Badnik, der sich euch als Miniboss in den Weg stellt. Wenn es davon einen Ticken weniger gegeben hätte, wäre ich nicht sauer gewesen, die Minibosse waren aber meist nicht so schwer, als dass sie eine große Hürde dargestellt hätten. Außerdem gibt es auch immer wieder große Bossfights und dabei war ich echt überrascht, wie wenig Checkpoints das Spiel einem hier gönnt und wie schwer es teilweise ist einen Bosskampf zu überstehen. Manche Endgegner haben nämlich besonders fiese Attacken, die euch mit einem Schlag direkt killen und da helfen euch dann auch eure Ringe nichts mehr. Dann den Bossfight noch einmal ganz von vorne starten und im Grunde insgesamt auswendig lernen zu müssen, ist nicht unbedingt das spaßigste Element an Sonic Superstars bzw. nichts, was mir direkt in den Kopf ploppt, wenn ich an klassische Sonic-Platformer denke. Das Ende von Sonic the Hedgehog 2 verdränge ich da ganz bewusst.
In den Levels selbst ist das Spiel dafür nicht ganz so schwer und es gibt auch genug Checkpoints zu finden. Was die Levels aber zu bieten haben ist einiges an Kreativität. Im Speed Jungle hangelt ihr euch an herunterhängenden Ranken nach oben und könnt Lianen entlang rutschen, in der Cyber Station verwandelt ihr euch zwischenzeitlich in eine Qualle, eine Maus oder auch eine Rakete und im Golden Capital sammelt ihr nicht nur einen Haufen Ringe, sondern lasst euch von diversen Gadgets und Pinball-Elementen - die dürfen natürlich in keinem Sonic-Spiel fehlen - quer durchs Level schießen. Alles sieht unfassbar schön aus und auch die Charakter-Modelle sind einfach nur gut geworden. Optisch kann man hier echt nichts kritisieren. Ich könnte gar nicht mal sagen, was meine Lieblings-Stage war, aber insgesamt bin ich super happy mit der Auswahl und der Vielseitigkeit der verschiedenen Stages. Vor allem weil ihr im Spielverlauf noch einige Fähigkeiten bekommt, die euch das weitere Erkunden der Levels noch vereinfachen: ein neues Element in Sonic Superstars ist, dass ihr pro eingesammeltem Chaos Emerald eine Spezialfähigkeit bekommt, die ihr im Level aktivieren könnt.
Habt ihr diese verbraucht, wird die Energie bei Passieren des nächsten Checkpoints neu aufgefüllt und die Fähigkeit kann danach wieder genutzt werden. So könnt ihr euch z.B. in eine Wasserform verwandeln und Wasserfälle hochklettern oder unter Wasser schneller schwimmen. Eine andere Fähigkeit lässt euch Kopien von euch selbst beschwören, die eure Gegner für euch angreifen. Diese Fähigkeiten könnt ihr im Level selbst anwenden, aber natürlich auch in den Bossfights und ich muss sagen, besonders in der Extra-Kampagne haben diese Fähigkeiten mir am Ende wirklich den Arsch gerettet. Habt ihr nämlich erst einmal die Hauptstory abgeschlossen, eröffnet sich euch ein neuer Menüpunkt und ihr könnt quasi ein New Game+ starten, mit allem was dazugehört. Und damit meine ich eigentlich nur: Alle Levels sind wesentlich schwerer, weil euch zum einen Eggman-Roboter verfolgen und im Level aufploppen und zum anderen wurden viel mehr Stacheln, Hindernisse, Gegner und im Grunde alles, was euch an eure Ringe will, in den Stages platziert. Habt ihr das geschafft und den neuen Boss besiegt, wartet am Ende, wie man es aus Sonic Adventure kennt, die Final Story mit dem True Ending auf euch. Und auch die hat es noch einmal in sich.
Nebem dem reguläre Singleplayer-Modus, in dem ihr euch für einen von vier Charakteren entscheidet, könnt ihr die Story mit bis zu 3 Freund*innen im Drop-in & Drop-Out lokalen Multiplayer-Modus bestreiten. Online könnt ihr euch dafür nur in den Battle Mode stürzen. Dort baut ihr mit den Münzen, die ihr im Hauptspiel sammelt, einen kleinen Roboter aus vorgegebenen Teilen als euren Quasi-Avatar und könnt damit dann zu viert lokal oder zu acht online einen von 4 Modi spielen: klassische Rennen, Zap Scrap - hier müsst ihr euch gegenseitig mit Energiekugeln abschießen, Star Snatcher - hier gilt es die meisten Sterne auf der Karte zu sammeln und Survival - hier müsst ihr Kanonenkugeln ausweichen und am längsten überleben. Der Online-Part macht auf jeden Fall Spaß für ein paar Runden, ich sehe mich da aber auch nicht langfristig und/oder kompetitiv dranbleiben. Aber dafür werde ich definitiv noch den ein oder anderen Freundschaftsgefallen einfordern, damit Leute mit mir die Story spielen. Sorry schon einmal dafür. Aber ihr wisst, ich liebe Sonic nun mal.
"Sonic Superstars schafft es mein Fanherz höher schlagen zu lassen, indem es den Spirit der Mega Drive-Ära zu 100% einfängt und diesen um frische Ideen und einen echt spaßigen Couch Coop erweitert."
Nach der vielversprechenden Demo-Session in Köln dieses Jahr hat mich Sonic Superstars in seiner finalen Fassung am Ende mit einem zufriedenen Lächeln und viel Glücksgefühlen die Credits genießen lassen. Und das aufgrund der verschiedenen Stories gleich mehrmals. Zugegebenermaßen war aber dieses Lächeln nicht immer durchgehend präsent: vor allem bei den finalen Bossen war es eher ein oft wütendes, angestrengtes, ja fast schon stagnierendes Gesicht, das ich gemacht habe. Die Checkpoints bei den Bossfights könnten ruhig etwas großzügiger sein und das sage ich, obwohl ich echt gern Spiele wie Celeste oder Hollow Knight spiele. Der Online Battle Mode ist ganz nett, aber nicht unbedingt das große Verkaufsargument des Spiels. Das ist dann doch eher der normale Story-Modus. Insgesamt bin ich mit dem Spiel aber wahnsinnig glücklich. Sonic Superstars schafft es mein Fanherz höher schlagen zu lassen, indem es den Spirit der Mega Drive-Ära zu 100% einfängt und diesen um frische Ideen und einen echt spaßigen Couch Coop erweitert. Dabei sieht es verdammt hübsch aus und ich hoffe wir sehen diese Art von Sonic-Spiel neben den 3D-Spielen in Zukunft noch öfter.