Von Miggi
Wer meine Sonic-Reviews in der Vergangenheit gelesen hat oder bestimmte Folgen unseres Podcasts gehört hat, hat es vielleicht schon einmal mitbekommen - ich liebe den Sega Mega Drive. Mit der schwarzen Konsole, bei mir in der zweiten Ausführung aus dem Jahr 1993, begann meine Begeisterung für Videospiele und ich wurde schon in meiner frühesten Kindheit stark durch Spiele wie Sonic The Hedgehog, Toejam & Earl in Panic on Funkotron und auch Earthworm Jim geprägt. Dass es damals so etwas wie einen Konsolenkrieg gab, war mir nicht bewusst, der SNES war generell lange nicht auf meinem kleinen Horizont aufgetaucht. Alles drehte sich damals um den kleinen schwarzen Klotz, die Verpackungen im VHS-Look und den Controller mit den 6 Buttons.
Deshalb war ich sofort Feuer und Flamme, als die Sega Mega Drive Classics als Kollektion mit über 50 Spielen für Xbox One und Playstation 4 angekündigt wurden. Vor allem, da sich die Kollektion nicht nur auf den typischen Mega Drive-Klassikern ausruht, sondern auch Underdogs mit im Repertoire hat, die ich entweder schon lange nicht mehr gespielt habe oder hiermit zum ersten Mal erleben kann. Die Collection, die wir jetzt als Version auf den Next Gen-Konsolen vorliegen haben, basiert auf einer App, die Sega schon 2016 auf Steam veröffentlicht hat und zwar den Sega Mega Drive Classics Hub. Dieser Hub war das Zimmer, das uns auch jetzt als Ausgangspunkt für alle Einstellungen, Spiele und Extras der Classics dient. Die Spiele selbst waren aber nicht inbegriffen, sondern es standen eben die Spiele im digitalen Regal, die auch in eurer Steam-Bibliothek waren. Dort gab es nämlich bereits seit 2010 diverse Mega Drive-Klassiker zu kaufen, der Hub diente lediglich als kosmetisches Gimmick. Die PC-Version des Hubs hat vor kurzem sogar VR-Support spendiert bekommen. Und auch wenn man sich mittlerweile aus dem Konsolen-Bau-Geschäft zurückgezogen hat - Sega ist sich auf jeden Fall seiner Rolle als Retro-Held vieler nun erwachsener Kinder bewusst.
Der erste Blick ins Spieleregal der Kollektion zeigt - so gut wie alle Klassiker sind da. Bei ein paar Titeln ist das Fehlen aufgrund diverser Lizenzrechte nachvollziehbarer, bei manchen, die von Sega selbst sind und schon Teil früherer Sammlungen waren, erklärt es sich mir nicht so ganz, warum sie im Spielzimmer fehlen. Ecco The Dolphin oder Sonic 3 (& Knuckles) sind etwa solche Kandidaten. Nichtsdestotrotz können sich die insgesamt 53 Spiele mehr als nur sehen lassen und jeder, der die Sammlung durchgeht, wird mit mehr als einer Hand voll Spielen schöne Erinnerungen verbinden. Ganz gleich ob man nun gerne Jump'n'Runs, Adventures, Rollenspiele oder Puzzlespiele gespielt hat. Die volle Liste der Spiele erspare ich euch hier jetzt, die findet ihr auch bei Google. Ein besonderer Tipp meinerseits - und ich kann es einfach nicht oft genug sagen - ist aber jedenfalls Toejam & Earl in Panic on Funkotron. Das Spiel ist mir mit seinem außergewöhnlichen Artstyle, Humor, Soundtrack und der komplett abgedrehten Geschichte bis heute im Gedächtnis geblieben und ist eines der wenigen Videospiele, die sogar meine Mutter vor eine Konsole holen konnten.
Das beste an den Spielen der 16-Bit-Ära ist aber - und das hat der SNES Mini bereits eindrucksvoll bewiesen - dass die Grafik dieser Ära auch 2018 noch mehr als spielbar ist. Der pixelige Look hat bis heute einen Retro-Charme bewahren können, den wir im Gegensatz zu frühen Ausflügen in die dritte Dimension auch in vielen Jahren noch genießen werden können. Somit ist fast keiner der 53 Titel grafisch ein Reinfall. Ok. Vielleicht sollten wir jetzt hier nicht zu intensiv über Vectorman sprechen. Aber auch das hat irgendwie seine Daseinsberechtigung als Zeitdokument. Und auch damit kann man kurz Spaß haben. Dafür bieten aber Titel wie Phantasy Star IV auch heute noch Spielspaß auf höchstem Niveau auf bestimmt über 20-30 Stunden verteilt. Langweilig wird euch also nicht so schnell. Herauskristallisiert hat sich bei der Spieleauswahl für mich auf jeden Fall wieder, dass Sega immer schon ein Händchen für die etwas abgefahreneren Franchises hatte. Das fällt vor allem im Kontrast zum Super Nintendo auf, vor dem sich Sega aber auch heute nicht verstecken muss. Zumindest bei mir nicht.
Ausgestattet wurde Sega Mega Drive Classics aber nicht nur mit einfachen Ports der Original-Spiele. Also irgendwie schon. Zumindest wurde an den Spielen selbst nicht wirklich etwas verändert. Aber Sega liefert uns ein schönes Rundum-Paket mit der Möglichkeit das Bild des simulierten Röhrenfernsehers mit Filtern zu ändern, das Bild zu wölben und hat für zusätzliche Herausforderungen sogar einen Spiegelmodus eingebaut. Mit dem rechten Stick habt ihr außerdem die Möglichkeit eine Quick-Save und Quick-Load Funktion zu aktivieren, sollten euch bestimmte Spiele zu schwer sein. Außerdem könnt ihr euch aussuchen ob ihr vor dem Fernseher im Zimmer sitzt oder das Spiel im Vollbildmodus, mit änderbarem Rahmen, angezeigt werden soll. Auch die Uhr- und Tageszeit, die Standardmäßig auf die reale Zeit angepasst ist, lässt sich verändern.
Doch nicht nur kosmetische Änderungen hat die Collection unter der Haube. In den Extras findet ihr diverse Challenges zu einigen Spielen, wie Act 2 der Green Hill Stage unter einer Minute abzuschließen und das im Spiegelmodus. Diese Zusatzherausforderungen sind teilweise garnicht ohne, vor allem wenn ihr ein Spiel in Angriff nehmt, das ihr bisher nicht so ausgiebig gespielt habt wie ich in dem Fall Sonic. Zusätzlich aufgepeppt werden die Herausforderung mit globalen Leaderboards, auf denen ihr euren Highscore mit Spielern aus der ganzen Welt vergleichen könnt. Außerdem wurde gleich 21 Klassikern ein Zwei Spieler-Online Modus verpasst, durch den ihr nicht zwingend einen Freund neben euch sitzen haben müsst, um etwa Streets of Rage auch im Koop-Modus spielen zu können. Und nur um euch zu beruhigen: Natürlich wurde aber auch der Couch-Koop beibehalten.
Ich könnte hier jetzt anfangen, wie schade ich es finde, dass Spiel XY nicht in der Collection zu finden ist. Aber wirklich viel Sinn macht das dann auch nicht. Natürlich wird dem ein oder anderen das heißgeliebte Juwel aus der Kindheit fehlen. Aber das wird bei einem Release dieser Art vermutlich immer so sein, das war auch beim NES oder SNES Mini so. Stattdessen möchte ich mich darauf konzentrieren, was Sega uns hier bietet. Und das ist eine verdammt umfangreiche Ansammlung von Spielen, die dem Mega Drive und dem Mega Drive II und der Firma selbst in den 90er-Jahren nicht zu Unrecht zu großem Ruhm verhalfen. Und auch wenn es bereits auf diversen Last-Gen-Konsolen ähnliche Spiele zu kaufen gab, hat man mit den aktuellen Sega Mega Drive Classics die Möglichkeit geschaffen, auch auf den neuesten Konsolen alte Spieleklassiker spielen zu können. Alleine dafür, dass ich nicht immer wieder verschiedene Konsolen an meinem Fernseher umstöpseln muss, hat sich das ganze dann schon gelohnt.
"Einen schöneren Weg die Spiele von damals heute zu erleben werdet ihr auf den Konsolen nicht finden."
Ich habe meine Anspiel-Session diesmal wieder genau da begonnen, wo mich Videospiele auch 1993 schon direkt abgeholt hatten. Sonic The Hedgehog - Green Hill Zone Act 1. Und sofort haben mich die Gefühle von damals wieder gepackt. Das zog sich durch den kompletten Playthrough, der mir mehrere Dinge vor Augen geführt hat: wie gut das Spiel für damalige Verhältnisse schon war, dass Sonic bereits im zweiten Gebiet mit dem Geschwindigkeits-Prinzip gebrochen hat - und am allerwichtigsten - dass die Sega-Spiele von damals heute Erinnerungen bei mir wecken, die ich bei sonst keinen Spielen so stark habe. Aber auch für Spieler, die bisher wenig Bezug zum Mega Drive hatten sind die Sega Mega Drive Classics bestens geeignet um Klassiker, die die Konsole definitiv im Repertoire hat, nachzuholen. Einen schöneren Weg die Spiele von damals heute zu erleben werdet ihr auf den Konsolen nicht finden. Und jetzt alle: SEEEEEGAAAAAAAA!