Von Miggi
Wer unsere E32Play-Podcasts der letzten Jahre gehört hat, sollte hier und da schon einmal über SCHiM gestolpert sein. Das Spiel wurde seit 2022 in diversen Präsentationen wie der Wholesome Direct oder dem Day of the Devs gezeigt und dieses Jahr gab es im Zuge des Steam Next Fest sogar eine kurze Demo anzuspielen. Und seit dem ersten Trailer freue ich mich auf den Titel. Das visuelle Design hat es für mich von Anfang an herausstechen lassen, die Idee der Fortbewegung und Interaktion mit der eigenen Umwelt finde ich nicht nur spannend, sondern sie bietet auch Raum für viele witzige Situationen. Jedes Mal, wenn also ein neuer Trailer gezeigt wurde, habe ich mich ungeduldig gefragt, wann es endlich erscheint. Zum Glück musste ich jetzt nicht noch länger warten, im April diesen Jahres wurde nämlich angekündigt, dass SCHiM am 18. Juli seinen Release feiert. Das hat sich zum Glück auch nicht mehr nach hinten verschoben und ich konnte endlich über meinen eigenen Schatten springen. Also literally.
Die Story von SCHiM ist dabei eine emotionale und trotzdem sehr down to earth. Und ja, ihr werdet in dieser Review noch einen Haufen an Schatten-Spielen, äh, Wortspielen über Schatten zu lesen bekommen. Alles andere wäre doch auch irgendwie s(c)hade. Zu Beginn des Spiels bekommt ihr nicht nur im Tutorial die Basics beigebracht, sondern verfolgt als namensgebender SCHiM, einem Lebewesen, das jedem Objekt oder Lebewesen in der Spielwelt als Schatten zugeordnet und stets auf den Fersen ist, euren Kumpel durch seine Kindheit. Ihr seht ihn langsam aufwachsen, mit Freunden spielen, seinen ersten Liebeskummer durchleben, die Schule abschließen und auf Jobsuche gehen. Durch eine sehr ungünstige Verkettung an Zufällen, ganz frei nach Murphy's Law, kommt es dann zu einem Vorfall, der euch von eurem Host trennt und auf den Weg in eine smart erzählte Slice of Life-Story schickt. Von da an versucht ihr als kleines Schattenwesen zurückzufinden und nutzt dazu die verschiedensten "Fortbewegungsmittel".
Das macht ihr in verschiedenen Levels, in denen ihr immer einen bestimmten Zielpunkt erreichen müsst. Das kann etwa ein Fahrradfahrer, eine alte Frau mit Rollator, ein LKW, eine Möwe oder sonst irgendwas sein, das euch weiter voran bringt. Auf dem Weg dorthin nutzt ihr dabei alle möglichen Schatten, die euch zur Verfügung stehen, denn als SCHiM könnt ihr euch nur so fortbewegen. Schafft ihr es einmal nicht direkt mit einem Sprung in den nächsten Schatten, habt ihr die Möglichkeit einen Rettungssprung zu aktiveren, der euch noch eine Chance gibt, hierbei müsst ihr aber beachten, dass dieser nicht mehr ganz so kraftvoll und dadurch weniger weit ausfällt. Ich bin mir nicht sicher, ob man hier jetzt von Plattforming sprechen kann, aber beschreiben wir es mal etwas allgemeiner - die Fortbewegung selbst macht echt verdammt viel Spaß und ab und zu kommt man im Spiel in einen richtigen Flow, während man von Schatten zu Schatten springt und das nächste Ziel erreichen will.
Das ist aber nur solange möglich, bis sich euch eines der vielen Rätsel in den Weg stellt. Diese werfen zu Beginn jedes Levels schon ihren Schatten voraus, während ihr in einem kurzen Flug über das aktuelle Gebiet seht, wo ihr hinmüsst und was dafür eventuell notwendig ist. Die verschiedenen Aufgaben sind dabei teilweise recht offensichtlich, wenn ihr etwa eine Ampel von Rot auf Grün umstellen oder eine Schrank herunterlassen müsst, damit ihr weiterkommt, manchmal muss man aber im wahrsten Sinne des Wortes um die Ecke denken. Dazu könnt ihr nämlich im Spiel eure Kamera-Position jeweils um 90 Grad drehen. Das verändert nicht nur euren Blickwinkel auf die Welt, sondern kann auch manche Gegenstände anders wirken lassen und euch so weiterhelfen. Unfair schwer sind die Rätsel dabei nie, sie bieten aber immer wieder eine willkommene Abwechslung zwischen den Sprung- und Entdeckungs-Passagen. Ab und zu hakt die Kamera etwas oder ihr bleibt ungewollt an einer Ecke hängen, insgesamt konnte ich meine Moves aber zum größten Teil fehler- und bug-frei ausführen.
Neben dem Hauptziel sind dabei in den Levels immer wieder besondere Gegenstände versteckt, die zu einem bestimmten SCHiM gehören. Ein Hinweis, dass sich davon einer in der Nähe befinden könnte sind dabei deshalb immer herumhüpfende SCHiMs, die ihr meist auf eurem Weg entdecken könnt. Dieser Indikator ist dann immer euer Stichwort, dass es vielleicht Sinn macht sich hier etwas genauer umzusehen und den Pfad der Hauptstory kurz einmal zu verlassen. Habt ihr den versteckten Gegenstand dann gefunden - wie etwa ein Skateboard, das unter einem Baum gelandet ist - müsst ihr diesen nur berühren, damit er in der Spielwelt platziert und wieder mit seinem Partner-Schatten vereint wird. Wer sich also gerne etwas genauer umsieht wird hier definitiv belohnt und kann sich immer über eine kurze Interaktion freuen.
Und Interaktion ist da ein absolut gutes Stichwort. Als SCHiM könnt ihr nämlich mit jedem Gegenstand in der Spielwelt interagieren und habt dafür eine eigene Aktionstaste. Das kann entweder zur Lösung verschiedener Rätsel nützlich sein, indem ihr z.B. einen Fernseher einschaltet, dessen Licht dann Schatten schlägt, kann aber auch einfach nur für Unfug und Spaß da sein. Ihr könnt Autos zum Hupen bringen und damit Passant*innen erschrecken, könnt zerknülltes Papier aus Mülleimern schießen lassen, Enten zum quaken bringen und noch vieles mehr. Das Entdecken und Herausfinden, wie welcher Gegenstand auf die eigene Interaktion reagiert, hatte auf mich eine ganz besondere Faszination und ich bin immer wieder gerne Umwege gehüpft, um zu sehen, was denn nun der Grill da hinten in der Ecke macht, wenn ich mein Knöpfchen drücke. Gehört weder zur Hauptstory noch zu irgendwelchen Rätseln, macht aber einfach verdammt viel Spaß.
Eure Reise führt euch dabei durch die unterschiedlichsten Gebiete der Stadt und bietet somit mehr als genug Abwechslung, dass es auch nie langweilig wird, die Levels zu erkunden. Ihr hüpft etwa durch einen Zoo, einen Supermarkt, über die Autobahn, durch Parks und müsst euch mit verschiedenen Wetter- und vor allem Licht-Lagen arrangieren. Das ganze Spiel präsentiert sich dabei in simplen Farben, die jeweils pro Abschnitt wechseln und stets genug Fokus auf die Schatten legen, in die ihr eintauchen könnt. Sowas nenne ich mal Immersion. Auf den ersten Blick hatte mich diese Präsentation schon beim ersten Trailer am Haken und auch jetzt, wo ich das Spiel durchgespielt habe, bleibe ich dabei: ich liebe den Look von SCHiM. Die minimalistische Optik wird dabei perfekt ergänzt durch den perfekt passenden Soundtrack, der euch durch die gesamte Spieldauer unaufdringlich begleitet und dabei trotzdem kein Schatten seiner selbst ist. Abgerundet wird das akustische Erlebnis dann noch durch die Soundeffekte für Gegenstände und alles, was sonst im Spiel passiert.
"SCHiM ist nicht nur 'Environmental Storytelling - The Game', sondern das Spiel macht das auch auf eine wahnsinnig charmante Art und Weise und stellt dabei zum ersten Mal die Schatten selbst ins Spotlight."
Wieder einmal habe ich ein Spiel beendet, auf das ich mich a.) schon lange gefreut habe und das b.) mir wieder einmal vor Augen geführt hat, warum ich Indie-Games so sehr liebe. SCHiM ist nicht nur "Environmental Storytelling - The Game", sondern das Spiel macht das auch auf eine wahnsinnig charmante Art und Weise und stellt dabei zum ersten Mal die Schatten selbst ins Spotlight. Die Rätsel lockern das Gameplay immer wieder auf, die versteckten Gegenstände bieten zusätzlichen Anreiz die Levels zu erkunden und alles hat dabei eine kleine eigene Geschichte. Der minimalistische Look lässt einen nie den Fokus auf die Schatten verlieren und vor allem gegen Ende zieht auch die Story noch einmal richtig gut an, wodurch auch die Story selbst nicht vom Rest des Spiels in den Schatten gestellt wird. Und bevor ihr euch jetzt noch mehr Wortspiele zu Schatten reinziehen müsst, macht lieber diese Review zu, holt euch SCHiM auf der Plattform eurer Wahl und habt eine gute Zeit damit!