Von Miggi
Jedes Jahr gibt es diesen Zeitraum zwischen vergangener gamescom und bald wieder kommender gamescom, in dem diverse Spiele veröffentlicht werden, die wir auf der Messe in Köln schon vorab anspielen durften. Diese Releases machen nicht nur das Warten auf die nächste Messe erträglicher, sondern man behält den Verlauf bis zur Veröffentlichung doch noch mal genauer im Auge. Da machen die Entwickler*innen schon alles richtig, mit ihren Messe-Demos. Eines der Spiele, die mich letztes Jahr besonders überrascht haben und das auch Yvonne beeindrucken konnte, war Scars Above. Das erste "große" Projekt des Serbischen Studio Mad Head Games, hat sich im ersten Moment wie eine wilde Mischung aus Returnal und Tomb Raider gespielt, was in der kurzen Demo-Session schon richtig Spaß gemacht hat. Umso gespannter war ich jetzt, ob das in der Vollversion genau so gut für mich funktioniert.
In Scars Above spielt ihr Dr. Kate Ward, die mit ihren Kolleg*innen der Sondereinheit SCAR (Sentient Contact Assessment and Response Team) an Bord eines Schiffes unterwegs ist, um das Metahedron zu untersuchen. Dieses Alien-Objekt ist eines Tages im Orbit der Erde aufgetaucht und soll von dem Team bestehend aus Wissenschaftler*innen und Techniker*innen untersucht werden. Natürlich läuft das aber nicht so reibungslos, wie das Team es sich vermutlich gewünscht hätte und so landen sie plötzlich auf einem fremden Planeten außerhalb des eigenen Sonnensystems. Und als wäre das noch nicht genug, wacht unsere Protagonistin nach der Bruchlandung dort getrennt vom restlichen Team auf und muss sich erst einmal gegen allerhand gefährliche Kreaturen und anderes zur Wehr setzen. So hat sie sich ihre Forschungsreise wohl eher nicht vorgestellt. Die Story selbst ist nicht unbedingt die innovativste, hat mich aber doch gut unterhalten, dadurch, dass das Spiel mit ca. 8 Stunden Spielzeit recht kompakt ist und nichts übermäßig in die Länge gezogen wird.
Anders als in vergleichbaren Space-Shootern spielt ihr hier aber keine übermächtige Kampfmaschine mit Vollkörper-Panzerung, sondern eine nicht ganz so gefechtserprobte Wissenschaftlerin, die mit Kämpfen bisher eher weniger am Hut hatte. Dementsprechend solltet ihr aufpassen, dass ihr euch nicht direkt volle Kraft voraus in den Kampf stürzt, vor allem zu Beginn des Spiels. Da habt ihr nämlich erst einmal nur eine Nahkampfwaffe und ein zur Schusswaffe umgebautes Elektro-Werkzeug zur Verfügung, das bei normalen Treffern nicht sonderlich viel Schaden macht. Im Laufe des Spiels erweitert ihr zwar euer Waffenaufsatz- und Gadget-Inventar und könnt auch eure passiven Fähigkeiten aufwerten, jedoch nur, wenn ihr fleißig eure Umgebung und besiegte Gegner scannt. So sammelt ihr nämlich Wissen, das sich für euch in Erfahrungspunkte umwandeln lässt. Hier hätte ich mir eventuell noch ein bisschen mehr Optionen gewünscht, vor allem beim Bauen der Waffen und Teile dafür. Die baut ihr nämlich zwar alle selbst, könnt das aber immer nur tun, wenn ihr den Trigger dazu in der Welt findet.
Um aber auch schon davor gegen die feindlichen Monster auf dem Planeten zu bestehen, müsst ihr euch die Elemente zu nutzen machen. So nehmen Gegner, die sich im Wasser befinden oder durch Regen nass geworden sind, extra Schaden, wenn ihr sie mit eurer Elektro-Waffe trefft. Und auch die anderen Waffen-Varianten, die ihr im Spielverlauf findet, lassen sich bestimmten Elementen bzw. Stoffen zuordnen. So bekommt ihr relativ bald ein Feuergewehr und einen Eis-Werfer. Bei manchen Gegnern solltet ihr am besten mehrere dieser Waffen-Effekte kombinieren, um den maximalen Schadens-Output rauszuholen und besonders bei den Bossfights kommt ihr ohne das nicht wirklich weit. Vor allem der erste Boss ist hierbei ein richtiger Skill-Check und ich glaube danach hat mich kein Gegner mehr so gefordert, wie es dieser getan hat. Da hab ich echt einige Male den Löffel abgegeben, bevor ich siegreich aus der Arena gegangen bin.
Sterben ist aber auch kein richtig großes Problem in Scars Above. Durch eine mysteriöse Fremde, die immer wieder auftaucht und Kate fleißig Tipps gibt, werdet ihr nämlich an der letzten Checkpoint-Säule wiederbelebt, die ihr besucht habt. Diese funktionieren ein bisschen wie die Leuchtfeuer in Dark Souls, nur dass das From Software-Spiel nochmal ein bisschen gnadenloser ist. Hier verliert ihr nämlich keine Seelen oder sonstige Ressourcen, die ihr dann wieder aufsammeln müsst, sondern könnt einfach von dort aus wieder ganz normal weiterspielen. Lediglich die bereits besiegten Feinde werden pro Checkpoint-Besuch respawned. Findet ihr auf eurer Reise eine dieser Säulen bleibt also auf jeden Fall kurz stehen, aktiviert sie und lauft dann mit voller Gesundheit und Munition von dort aus weiter.
Das Kämpfen funktioniert dabei sehr gut und hatte an der ein oder anderen Stelle im Spiel echt fordernde Gegner zu bieten. Zumindest bis man herausgefunden hatte, wie man sich den Gegnern am besten gegenüber stellt. Aufgelockert werden die Gefechte zwischdrin durch kleinere Rätsel-Einlagen, die allerdings nie wirklich fordernd sind und teilweise von der Protagonistin selbst gelöst werden. An einer Stelle hat sie mir die Lösung quasi laut vorgesagt und ich musste nur noch die einzelnen Schritte ausführen. Hier hat vermutlich die QA-Abteilung das ein oder andere Problem aufgedeckt, das im finalen Spiel so nicht mehr für Frustration als nötig sorgen sollte. Die verschiedenen Gebiete, die man im Spiel bereist sind schön abwechslungsreich gehalten, lediglich das Sumpf-Gebiet hätte vielleicht ein bisschen mehr Farbe vertragen. Am Ende angelangt war ich schon fast froh jetzt auch andere Farben als Grau sehen zu können.
Optisch hat das Spiel aber leider auch an anderen Stellen ein paar Mankos. Vor allem bei den Gesichts-Animationen der SCAR-Charaktere sucht man Regungen teilweise vergebens und so kommen in den Video-Sequenzen nicht wirklich glaubhafte Emotionen auf. Dafür ist aber das Gegner- und World-Design echt schick und ich habe mir gerne noch die Logbucheinträge des Spiels durchgelesen und angeschaut. Bis auf ein paar gröbere Ausfälle lief das Spiel auch in den hektischsten Kampf-Situationen flüssig und nur die Video-Abschnitte sind hier negativ herausgestochen. Ich weiß nicht genau warum, aber zu Beginn jeder Video-Sequenz geriet das Spiel erst einmal so ins Ruckeln, dass man die Frames quasi mit bloßem Auge abzählen konnte. Das hat sich zwar nach einigen Sekunden wieder gelegt und das Video lief normal weiter, trotzdem wurde man hier immer wieder merklich kurz aus dem Flow gerissen.
"Scars Above hat mich an manchen Stellen echt gefordert, eine nette Sci-Fi-Story erzählt und mich trotz technischer Schönheitsfehler bis zum Ende gut bei Laune gehalten."
Nicht alle Filme sind Oscar-Preisträger und nicht alle Videospiele sind das unfassbare Spiel des jeweiligen Jahres. Aber das müssen sie auch gar nicht sein, damit man damit eine gute Zeit haben kann. Das Spiel des Serbischen Studios hat definitiv seine kleinen Problemchen an der ein oder anderen Stelle und läuft nicht immer komplett rund, trotzdem hat es mir die gesamte Spielzeit über Spaß gemacht den fremden Alien-Planeten zu erkunden. Die Kämpfe waren teilweise gar nicht so easy und die Rätsel eine nette, wenn auch etwas zu leichte Auflockerung zwischendurch. Scars Above hat mich an manchen Stellen echt gefordert, eine nette Sci-Fi-Story erzählt und mich trotz technischer Schönheitsfehler bis zum Ende gut bei Laune gehalten. Wenn ihr zwischen zwei Blockbuster-Games mal Zeit habt, könnt ihr euch das Spiel definitiv auf die Merkliste setzen. Wer thematisch sowieso Fan ist von Spielen wie Returnal oder vielleicht auch Control, sollte aber definitiv einen Blick auf das Spiel werfen. Ich bin jedenfalls gespannt, was das Studio als nächstes für uns in Petto hat.