Von Miggi
Als Resident Evil 4 im Jahr 2005 erschien, damals zur Veröffentlichung exklusiv für den Nintendo GameCube, hat es nicht nur Videospiel-Fans weltweit begeistert, sondern wird von vielen bis heute als bestes Spiel der Serie genannt und hat diesen Status nicht zu Unrecht. Dementsprechend riesig war die Vorfreude als Capcom im Juni 2022 ankündigte, dass nach Resident Evil 2 und dem direkten Nachfolger als nächstes der vierte Teil die Remake-Kur bekommen wird. Natürlich auch bei mir. Persönlich hätte ich mir zwar als nächstes Remake Code Veronica gewünscht, aber hey, ich nehme natürlich auch diesen Teil mit Kusshand. Schon damals hat es mich durch das frische Setting, die Gameplay-Anpassungen mit einer Prise mehr Action und die mitreißende Geschichte komplett begeistert und ich glaube die Wii-Fassung dürfte eines meiner meistgespielten Spiele auf der Konsole gewesen sein. Und als dann das Spiel bei mir eintrudelte war mir direkt klar, jetzt wird erst mal nichts anderes mehr gemacht, außer Resident Evil 4 gespielt, als wär ich wieder 16 Jahre alt.
Seit dem Zwischenfall in Raccoon City, den wir in den beiden vorangegangenen Teilen verfolgt haben, ist einige Zeit vergangen und der ehemalige RCPD-Polizist Leon S. Kennedy ist mittlerweile als Agent für die Regierung tätig. In Resident Evil 4 begleiten wir Leon deshalb auf einem Einsatz nach Spanien, um die Tochter des US-Präsidenten, Ashley Graham, zu finden, die seit kurzem spurlos verschwunden ist. Dass das kein schöner Urlaubstrip wird und Ashley vermutlich nicht nur ein bisschen zu viel gefeiert und sich dann nicht mehr gemeldet hat, lässt sich schon am Franchise selbst erkennen. Leon trifft daher relativ früh im Spiel auf die Gruppe Los Illuminados, die im ländlichen Spanien ihr Unwesen treiben und Kettensägen offenbar nicht nur zum Bäume fällen verwenden. Seine Mission führt ihn dabei durch verschiedene Orte und großteils hält sich das Remake hier an die Struktur des Originals, wenn auch teilweise mit Umgestaltungen und Anpassungen. Was genau hier angepasst wurde, will ich euch aber nicht spoilern, das erlebt man am besten für sich.
Was bei Resident Evil 4 damals im ersten Moment noch überraschend war, haben sich Fans über die Jahre in Fleisch und Blut übergehen lassen: das Gameplay ist hier wesentlich actionreicher als in den Vorgängern und daran hat sich auch im Remake nichts geändert. Wobei hier ja auch schon die Remakes von Teil 2 und 3 einiges modernisiert haben am Gameplay. Ihr habt als Leon immer noch die typische "Über die Schulter"-Kamera mit der ihr durch die einzelnen Abschnitte lauft und euch Schusswechsel und Messergefechte mit euren Gegner*innen liefert. Die Areale sind dabei wesentlich offener als noch in Teil 3 und nachdem ich vor kurzem noch einmal Resident Evil Village gespielt habe, konnte ich hier immer wieder Parallelen zwischen den beiden Titeln erkennen. Ihr könnt euch durch Häuser bewegen, seid wesentlich agiler als in den Vorgängern und könnt statt Quick Time-Events zu erledigen mit eurem Messer sogar Angriffe parieren. Das geht von Faustschlägen über geworfene Äxte bis hin zu Kettensägen, die in eure Richtung geschwungen werden. Damit ihr aber keinen Messer-only Run machen müsst, habt ihr in eurem treuen Aktenkoffer, den ihr natürlich wieder wie richtige Tetris-Profis organisieren könnt, stets eine Auswahl an Schusswaffen im Gepäck.
Ihr startet ganz normal mit der Pistole, findet aber relativ bald eine Schrotflinte und im Laufe der Story noch diverse weitere Schusseisen, mit denen ihr euch zur Wehr setzen könnt. Eine besonders praktische Neuerung des Remakes ist dabei, dass ihr Waffen mit dem D-Pad schnell durchwechseln könnt. Vorbei also die Zeiten, in denen ihr immer wieder zurück ins Inventar springen musstet, um eure Waffe zu wechseln. Das Gunplay ist in Resident Evil 4 wirklich aber generell sehr gut gelungen und das sage ich, obwohl ich am Anfang wirklich nicht gut gezielt habe. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich Headshots statt Luftschüssen verteilt habe. Das hatte aber nur den Grund, dass ich mich erst mal an Leons Bewegungen und den Rückschlag der Waffen gewöhnen musste. Hier merkt man vor allem, dass man keinen Roboter steuert, sondern einen Menschen, der eben durch seine Atmung und Bewegungen die Waffe nicht immer 100% auf einen Fleck richten kann. Ein weiterer Pluspunkt des Remakes, der eine sehr willkommene Änderung für mich war, aber auch ein bisschen Eingewöhnung gebraucht hat - ihr könnt euch jetzt auch während ihr zielt bewegen. Nach ein paar Gefechten hat das Zielen jedenfalls perfekt funktioniert und die Genauigkeit meiner Schüsse war schnell wieder auf einem vorzeigbaren Level.
Um möglichst nicht im entscheidenden Moment ohne Munition dazustehen, müsst ihr eure Umgebung gut im Auge behalten. Verteilt in der Umgebung findet ihr dabei Munitionspäckchen und Granaten aber
auch heilendes Kraut und Crafting-Material. Ihr könnt nämlich nicht nur wie gewohnt eure Heilkräuter selbst zusammenmischen, sondern auch Munition herstellen, wenn ihr genug Schießpulver und
Material dafür habt. Wer jetzt denkt, dass dadurch das Problem der Munitionsknappheit aus dem Original gelöst wird, hat aber seine Rechnung nicht mit den Illuminados gemacht. Die Gegner
zwingen euch in den Kämpfen immer wieder dazu alle eure Reserven einzusetzen und der Schwierigkeitsgrad ist auch im normalen Modus schon nicht ohne. Ich bin ehrlich - ich hab einfach jetzt
schon wahnsinnig Bock darauf das Spiel mehrmals auf den verschiedenen Schwierigkeitsgraden durchzuspielen. Mit dem schon in der Launch-Version vorhandenen New Game Plus-Modus wird einem das hier
sogar noch umso schmackhafter gemacht.
Außerdem gibt es auch abseits der Hauptstory einiges zu entdecken und erledigen. Wie schon im Original gibt es etwa wieder ein paar blaue Medaillen, die von euch zerstört werden wollen, versteckte Schätze, die ihr durch das Einsetzen von Juwelen noch wertvoller machen könnt, Dokumente zu finden, die euch Background Infos zur Handlung geben und auch sonst hält das Spiel einige Überraschungen für euch parat. Eine wichtige Anlaufstelle für all das ist natürlich der allseits beliebte Händler, der auch im Remake nicht fehlen darf. Auf diesen trefft ihr relativ bald im Spielverlauf und könnt bei ihm diverse Items kaufen und Schätze verkaufen oder aber auch eure Waffen verbessern und euer Messer reparieren lassen, sollte dieses Mal kaputt werden. Bei ihm findet ihr meist auch eine Schreibmaschine, an der ihr diesmal nicht nur speichern, sondern auch spezielle Waffen-Charms ausrüsten könnt, die ihr im Spielverlauf erhaltet. Woher soll an dieser Stelle aber erst mal noch ein Geheimnis bleiben, das müsst ihr also selbst herausfinden.
Worüber man bei Resident Evil 4 in jedem Fall einfach sprechen muss, ist die Grafik. Die RE Engine hat sowohl bei den Remakes als auch den neuen Spielen schon immer einen hervorragenden Job geleistet, hier merkt man aber, dass Capcom alles gegeben hat und wie viel Liebe in dieses Remake geflossen ist. Die Charaktere wurden im Vergleich zum Original schön modernisiert, Umgebungen angepasst und verfeinert und jedes neue Gebiet das man Betritt zwingt einen erst einmal dazu kurz innezuhalten und sich alles genau anzusehen. Alleine das Dorf in dem ihr startet hat so viel Details zu bieten, von Bildern an den Häuserwänden über Spuren im Matsch bis hin zu den Dorfbewohner*innen die erst einmal ihrem "normalen" Tagewerk nachgehen, bevor sie euch entdecken. Ich könnte glaube ich stundenlang darüber schwärmen wie schön und teilweise gleichzeitig ekelhaft dieses Spiel ist. Das bringt natürlich auch mit, dass die Kreaturen umso furchteinflößender sind und vor allem die Licht- und Schatten-Effekte tragen hier zur gruseligen Stimmung und dem ein oder anderen Jumpscare positiv bei.
"Resident Evil 4 sollte in keinem gut sortierten Videospielhaushalt fehlen. Und diese Aussage trifft nun genau so seit 2023 direkt auf zwei Spiele zu."
Das Original war schon damals für mich nicht nur die, für den Zeitpunkt, logische Weiterentwicklung der Reihe, sondern insgesamt einfach ein unfassbar grandioses Spiel. Und das war es nicht nur für mich, sondern für sehr viele Leute da draußen. Die Fußstapfen waren also erneut sehr große und trotzdem hat es Capcom wieder geschafft das Erbe des Originals auch nach über 15 Jahren würdig für moderne Plattformen umzusetzen. Das Remake schafft es gleichzeitig den Spirit des Originals in sich zu tragen und trotzdem so jung zu wirken, als wäre es gerade komplett frisch entwickelt worden. In seinen ca. 15 - 20 Spielstunden nimmt euch das Spiel wieder mit auf eine wilde Reise voll von Kettensägen, fiesen Gegner*innen und vor allem eines: Spielspaß von vorne bis hinten. Resident Evil 4 sollte in keinem gut sortierten Videospielhaushalt fehlen. Und diese Aussage trifft nun genau so seit 2023 direkt auf zwei Spiele zu. Das Remake sieht unfassbar gut aus, steckt bis oben hin voll mit kleinen Details, spielt sich wahnsinnig gut und ich freue mich jetzt schon auf meinen zweiten, dritten und vierten Durchgang. Alte Fans können sich über diverse Easter Eggs, Anpassungen und Änderungen freuen, die das Spiel nicht langweilig werden lassen und neue Fans haben mit dem Remake nun keine Ausrede mehr, es nicht gespielt zu haben. Die Frage "What are you buying?" ist hierbei wirklich nur noch eine rhetorische.