Von Miggi
Devolver Digital hat es als Publisher in den letzten Jahren geschafft, sich einen Fixplatz in meinem Videospielherz zu sichern. Alleine der Fakt, dass ein Spiel von Devolver gepublished wird, ist für mich Qualitätsmerkmal. Wie das Nintendo Seal Of Quality damals quasi. Nicht zu vergessen: Die epischen "Pressekonferenzen" des US-Unternehmens anlässlich der E3, die dem Wort "Absurd" in den letzten beiden Jahren eine neue Bedeutung gegeben haben. Das mittlerweile umfangreiche Repertoire an Indie-Perlen, zu dem etwa Hotline Miami, OlliOlli, Hatoful Boyfriend, Titan Souls, Enter The Gungeon, Crossing Souls, Minit oder GRIS zählen, überzeugt nicht nur durch Qualität, sondern auch durch Abwechslungsreichtum. Als Teil dieses Line-Ups kündigte man im August 2017 das Puzzle-Abenteuer Pikuniku an, das Bea schon auf der Gamescom 2018 anspielen durften.
In Pikuniku, das vom französisch-britischen Indie-Studio Sectordub entwickelt wurde, übernehmt ihr im Einzelspielermodus die Kontrolle über die rote Figur Piku, die aus einem ovalen Körper und langen, schlaksigen Beinen besteht. Die Welt, in der ihr euch befindet, wird von Mr. Sunshine und seiner Sunshine Inc. mit gratis Geld versorgt. GRATIS! GELD! (Wenn ihr das Intro gesehen habt, wisst ihr warum ich das noch einmal extra betone). Piku erwacht in einer Höhle, trifft dort auf einen Geist und stolpert ins nächstgelegene Dorf. Die Bewohner*innen des Dorfs brechen direkt in Panik aus, da sie Piku als "die Bestie" erkennen, die in der Höhle haust, die ihr gerade verlassen habt. Und so beginnt euer Abenteuer, in dem ihr verschiedene Quests für NPCs erledigt und so die verrückte Geschichte vorantreibt.
Die etwa vier- bis fünfstündige Geschichte rund um Protagonist Piku, die Sunshine Inc. und die verschiedenen Figuren, denen ihr auf eurer Reise begegnen werdet, kommt mit keinen unvorhersehbaren Twists daher, unterhält aber auf einem konstant gutem Niveau. Ihr seid der "große" Held, der sich irgendwie in der Position wiederfindet, die Spielwelt retten zu müssen, ohne zu wissen, wie er eigentlich in diese Position gekommen ist. Getragen wird die Story vor allem vom Humor, den Pikuniku mitbringt. Die Charaktere und Dialoge sind fast durch die Bank unglaublich komisch und haben mich mehrmals laut lachen lassen. Auch die deutsche Übersetzung funktioniert hier sehr gut und man muss das Spiel nicht unbedingt in der Originalfassung spielen, um viel Spaß damit zu haben.
Transportiert wird die Geschichte und der Humor von Pikuniku von einem ganz besonderen Art-Stil beziehungsweise dem Grafik- und Charakterdesign. Ihr bewegt euch auf langen schlaksigen Beinen durch die zweidimensionale Spielwelt, könnt euch zu einer Kugel zusammenrollen und natürlich auch hüpfen. Alle Elemente im Spiel, seien es die Charaktere oder die Umgebung haben einen simplen und trotzdem sehr liebevollen und eigenen Stil. Die Knopfaugen und das bunte Design ergänzen den Humor des Spiels hierbei perfekt. Neue Fähigkeiten schaltet ihr durch witzige Hüte frei, die teilweise aber auch einfach nur kosmetische Effekte haben. Pro-Tipp: seht euch eure Umgebung immer gut an. Es gibt viele versteckte Gänge und andere Geheimnisse, die ihr nur entdeckt, wenn ihr genau hinschaut.
Neben dem Platforming, das den Hauptteil der Zeit einnimmt ist der Playthrough mit einigen kleinen Minispielen aufgelockert, die die Story vorantreiben. So müsst ihr etwa ein kleines Basketball-Spiel mit einer Wassermelone absolvieren oder in einem Club rythmisch tanzen. Außerdem gibt es ein paar kurze Bosskämpfe zu bestreiten. Neben dem Einzelspielermodus gibt es als kleines Extra auch noch neun Level, die ihr zu zweit mit mit euren Freunden im Koop-Modus bestreiten könnt. Dabei müsst ihr euch gegenseitig Türen öffnen oder anderweitig kooperieren, um das Level abzuschließen. Oder einfach gegeneinander in Kartrennen antreten. Eine Person übernimmt dabei die Kontrolle über den roten Piku und die zweite Person steuert das orangefarbene Gegenstück - ihr habt es vermutlich schon vermutet - namens Niku. Eine nette Dreingabe zu einem unterhaltsamen Einzelspielermodus.
"Pikuniku ist wie das namensgebende Picknick eine kurzweilige Auszeit vom (Videospiel-)Alltag, während der man einfach mal die Seele baumeln lassen und eine gute Zeit haben kann."
Pikuniku ist ein stets unterhaltsames und witziges Spiel, das durch seinen Humor und einen ganz besonderen Stil glänzen kann. Dabei findet man viele kleine Querverweise auf Spiele oder andere popkulturell relevante Medien und hat unglaublich viel zu lachen. Die Steuerung ist teilweise hakelig, das fällt aber nicht negativ ins Gewicht und die Spieldauer ist mit vier bis fünf Stunden kurz gehalten, aber bei einem Indie-Titel, den es für knapp 11 € digital zu erstehen gibt, muss man auch keine 20-stündige epische Geschichte erwarten. Pikuniku ist wie das namensgebende Picknick eine kurzweilige Auszeit vom (Videospiel-)Alltag, während der man einfach mal die Seele baumeln lassen und eine gute Zeit haben kann. Wer ein Herz für Indie-Titel hat, die Abseits des Mainstreams stattfinden, sollte für den geringen Preis auf jeden Fall einen Blick ins Spiel werfen.