Von Miggi
Es gibt Spiele lang. Es gibt Spiele kurz. Und dann gibt es Spiele, die übernehmen einfach mal komplett die Kontrolle über das eigene Leben. Spiele, in die man sich so hineinfuchst, dass man an fast gar nichts anderes denken kann, da das verschwendete Ressourcen wären. Spiele, bei denen man nicht eben kurz mal ein anderes Spiel dazwischen schiebt, weil es gerade neu ist. Spiele, die man mit einer Obsession spielt und die einen nicht mehr loslassen. Spiele, die einen festhalten und bis zum Ende nicht mehr loslassen. Persona 5 von ATLUS ist so ein Spiel. Und es hat erst mal eine Pandemie gebraucht, bis ich die Gelegenheit ergriffen habe, das herauszufinden. Ursprünglich schon 2016 in Japan für PS3 & PS4 erschienen, wurde das Spiel im April 2017 weltweit veröffentlicht und war nicht nur ein Riesen-Hit, sondern hat der Persona-Reihe endgültig den großen Durchbruch beschert. Im März 2020 war es dann soweit und Persona 5 Royal, eine erweiterte Fassung des Grundspiels, mit neuen Charakteren und einigen anderen Tweaks, erschien für die Playstation 4. Und hat mich 125 Stunden meiner Lebenszeit begleitet.
Wo soll ich anfangen? Am besten vermutlich einfach mal mit der Story. Ihr übernehmt die Kontrolle über den "namenlosen" Ren Amamiya, so sein Canon-Name, dem ihr einerseits einen eigenen Namen geben könnt, er von den anderen Figuren aber sowieso nur bei seinem Codenamen Joker gerufen wird. Dieser geht eines Nachts am Heimweg dazwischen, als er sieht wie ein älterer Mann eine junge Frau belästigt. Der Mann schafft es aber durch Beziehungen sich aus dem Fall zu winden und am Ende werdet ihr wegen Körperverletzung vorbestraft. Tja, Murphy's Law. Aufgrund eurer Vorstrafe werdet ihr dann für ein Jahr auf Schulaustausch nach Tokyo geschickt, lebt dort bei Café-Besitzer Sojiro Sakura und besucht die Shujin Academy in der zweiten Stufe. An eurem ersten richtigen Schultag trefft ihr auf dem Schulweg einen eurer Mitschüler, Ryuji Sakamoto, mit dem ihr in eine Art Parallelwelt stolpert, in der eure Schule einem Palast inklusive Verlies gleicht.
Nach ein bisschen Geplänkel in diesem Verlies trefft ihr auf den Kater (Ja, ich habe es gesagt - KATER!) Morgana, der euch fortan ein bisschen an der Hand nimmt und durchs Tutorial führt. Das auch nur circa 20 Stunden geht. Im Grunde genommen. Easy Peasy. Morgana erklärt euch, dass dieser Palast das Unterbewusstsein eines Menschen ist, dessen Gelüste und finstere Machenschaften sich hier materialisieren. Recht schnell findet ihr heraus, dass es sich dabei um den Volleyball-Lehrer der Schule, Suguru Kamoshida, handelt. Ohne zu viel zu spoilern, da die Geschichte in Persona 5 Royal echt abgefahren ist, krasse Twists bereit hält und man am besten unwissend in das Spiel geht - Kamoshida verhält sich den Schüler*innen gegenüber alles andere als korrekt und es wird zu eurer Aufgabe, ihm zu einem Sinneswandel zu verhelfen. Dafür müsst ihr als frisch gegründete "Phantom Thieves" den Schatz des Palasts stehlen, für den ihr euch aber erst mal durch den ganzen Ort schleichen und kämpfen müsst. Die Kämpfe laufen in Persona 5 Royal rundenbasiert ab. Recht früh zu Beginn des Spiels erwacht in euch eure Persona Arsène, die euch im Kampf zur Seite steht. Kurz danach lernt ihr außerdem, wie ihr neue Personas rekrutiert, von denen ihr immer eine bestimmte Anzahl mit euch tragt und die ihr auch aufleveln könnt.
So lernen die Personas neue Fähigkeiten und Attacken, die ihr je nach Gegner richtig einsetzen müsst. Eure Gegner*innen haben verschiedene Stärken und Schwächen, die ihr entweder durch Try & Error oder sobald ihr die Persona einmal rekrutiert habt, aufdeckt. Insgesamt gibt es zehn Attacken-Typen: zwei physische - Schlag- und Schuss-Attacken - und 8 Magie-Elemente, wie Blitz, Eis oder Fluch. Pokémon auf Crack quasi. Morganas Persona Zorro spezialisiert sich etwa auf Fluch und Heilung, während Ryujis Persona Captain Kidd Blitz-Elementattacken und physische Spezialfähigkeiten beherrscht. Mit dem Batton Pass, einem extra Zug, den ihr aktiviert, wenn ihr die Schwäche der Gegner trefft, der All-Out-Attacke, die getriggert wird, sobald alle Gegner*innen bei ihrer Schwäche getroffen wurden und Showtime, einer Spezial-Attacke zweier Charaktere, die zufällig im Kampf eintreten kann, gibt es noch weitere Optionen, wie ihr die Kämpfe zu euren Gunsten entscheiden könnt. In der Royal-Version neu ist außerdem, dass die Patronen eurer Schusswaffen nach jedem Kampf aufgefüllt werden. Und keine Sorge, das klingt alles wesentlich komplizierter, als es tatsächlich ist.
In Persona 5 Royal wird aber nicht nur gekämpft. Neben eurer Machenschaften in den Palästen, geht ihr ja auch noch zur Schule. Dort besucht ihr den Unterricht und müsst Fragen eurer Lehrer*innen beantworten, für Prüfungen lernen und diese zu bestimmten Zeitpunkten auch schreiben. Nach der Schule könnt bzw. sollt ihr außerdem eine möglichst gute Beziehung zu euren Teammates aufbauen, dazu trefft ihr euch nach der Schule mit ihnen und verbringt eure Freizeit miteinander. Das alles ist aber nicht nur wahnsinnig unterhaltsam, sondern stellt sehr realitätsnah den Alltag japanischer Schüler*innen dar. Also nicht die Personas, Paläste und so. Aber alles andere drumherum. In den Treffen gebt ihr Antworten und sammelt Sympathie-Punkte um den Rang eurer Freundschaft zu steigern, bis ihr am Maximal-Level 10 angekommen seid. Gleichzeitig habt ihr fünf Social Stats, die ihr erhöhen könnt, wie Wissen oder Charme, die ihr nicht nur für die Schule sondern auch für bestimmte Freundschafts-Treffen benötigt. Den Waffenreplikahändler in Shibuya könnt ihr beispielsweise so lange nicht auf ein bestimmtes Thema ansprechen, bis ihr genug Erfahrun im Mut-Skill gesammelt habt.
Wer sich jetzt von der Masse an Informationen und Möglichkeiten erschlagen fühlt - ich kann euch beruhigen. Persona 5 Royal hat mich zu keinem Zeitpunkt überfordert, sondern fühlt sich zu jedem Zeitpunkt absolut machbar an. Royal gibt euch sogar noch etwas mehr Zeit, als die ursprüngliche Fassung des Spiels. Da ihr die einzelnen Tage und Monate alles selbst spielt, habt ihr mehr als genug Zeit alle eure Stats und Freundschaften zu maximieren und nebenbei noch alle Nebenquests zu erfüllen. Abseits der Paläste und Freundschaften könnt ihr, sollte mal niemand für euch Zeit oder ihr keine Lust auf ein Treffen haben, auch Freizeitaktivitäten wie Baseball oder Lesen nachgehen und ab einem bestimmten Zeitpunkt auch nach Mementos aufbrechen. Mementos ist das kollektive Unterbewusstsein aller, in dem ihr ähnlich wie in den Palästen einzelner Personen, gegen Schatten kämpft und auch teilweise Quests erfüllt. Mehr soll zu Mementos hier aber nicht gesagt sein.
Musikalisch wird in Persona 5 Royal einfach nur abgeliefert. Und wenn ich das so sage, dann meine ich das auch so. Der Soundtrack des Spiels hat mich auch nachdem die Playstation aus war noch lange im Kopf begleitet. Hört euch einfach einmal Songs wie "Get up, get out, there", "Life will Change" oder das Battle-Theme "Take Over" an und sagt mir, dass das keine Ohrwürmer sind. Geht nicht. Die Musik des Spiels ist sogar so gut, dass mit Persona 5 Dancing in Starlight ein eigenes Rythmus-Spiel mit Remixen der Songs releast wurde. Das ich offensichtlich kaufen musste. Gleichzeitig geht am Bildschirm ein wahres Effektfeuerwerk mit Comic-Elementen ab, das zwischen den 3D-Spielszenen immer durch sehr gut gezeichnete Anime-Videosequenzen aufgelockert wird. Der Farbfokus liegt diesmal auf Rot und Schwarz, nachdem Persona 4 Golden, das seit kurzem auch auf Steam verfügbar ist, noch Gelb als Hauptfarbe hatte. Das Figuren- und vor allem Persona-Design ist unglaublich gut und jede Figur hat ihren eigenen, ganz besonderen Charme.
"Persona 5 Royal erweitert das ohnehin schon geniale Grundspiel um verdammt GUTEN Extra-Content und wenn ihr ein Herz für JRPGs habt, bleibt euch eigentlich keine andere Wahl, als es euch zu holen."
Ich habe mir Persona 5 irgendwann mal in einem Sale auf der PS4 gekauft und irgendwie nie die Zeit gefunden das Spiel richtig zu starten. Denn wie ihr vielleicht aus meiner Review herausgelesen habt, ist das Spiel relativ umfangreich. Dafür habe ich jetzt die Gelegenheit ergriffen, mir die erweiterte Version geholt und den Spaß meines Lebens gehabt. Ich bin morgens früher aufgestanden, um Persona zu spielen, habe meine Mittagspause geopfert, um Persona zu spielen und habe nach der Arbeit nichts anderes gemacht, als Persona zu spielen. Persona 5 Royal erweitert das ohnehin schon geniale Grundspiel um verdammt guten Extra-Content und wenn ihr ein Herz für JRPGs habt, bleibt euch eigentlich keine andere Wahl, als es euch zu holen. Die Charaktere sind unglaublich liebenswert, die Kämpfe machen wahnsinnig Spaß, die Musik bleibt im Ohr und der Anime-Look passt perfekt ins Gesamtbild. Wenn es etwas zu bemängeln gibt, dann das der "Nachfolger" Persona 5 Scramble: The Phantom Strikers, ein Hack & Slash im Stil der Dynasty Warriors-Reihe, das die Geschichte fortführt, noch nicht bei uns erschienen ist. Und sowieso, dass Persona noch nicht auf der Switch angekommen ist. Weder 4 noch 5. Ich prangere das an! Mehr Persona für die Welt!