Von Miggi
Es gibt wenige Spiele, die mich an ihren Release-Wochenenden so in Bann ziehen, wie es Monster Hunter immer wieder aufs Neue schafft. Die alten Teile haben mich in die Serie hineingezogen, Monster Hunter World und der DLC Iceborne haben mich viel Stunden lang an die Konsole gefesselt, für Rise wurde kurzerhand das Setup umgestellt und die Switch per Capture Card an den PC angeschlossen, um smooth im Discord abhängen zu können und Sunbreak durfte ich schon vorab am PC testen, um dann meine Gang beim Release mitzuziehen. Und schon nach der Anspiel-Session auf der vergangenen gamescom war mir schnell klar, dass diese Serie auch nicht durch Monster Hunter Wilds abreißen wird, ganz im Gegenteil. Durch nahtloses Crossplay und einer Jäger*innen-Bande, die so groß sein sollte wie noch nie, stand ein mehr als spaßiges Wochenende bevor. Dass ich kurz davor meine Couch verschenkt hatte und deshalb auf meinem Arbeitsstuhl spielen musste, sollte dem ganzen keinen Abbruch tun. Das Release-Wochenende über wurde dann mehr gespielt als geschlafen und alles fürs Ökosystem gegeben.
Diesmal schickt die Story unsere selbstgebastelten Jäger*innen gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der Jagdgilde ins Verbotene Land, das eigentlich als unbewohnt galt. Dort angekommen treffen wir relativ schnell auf einen Jungen namens Nata, der uns erzählt, dass er dem Volk der Hüter angehört und sein Dorf von einem mysteriösen Monster angegriffen wurde, das er nur den "Weißen Geist" nennt. Die Gilde stellt deshalb eine Expedition zusammen, um Nachforschungen anzustellen und Nata zu seinem Zuhause zurück zu bringen. Euch zur Seite gestellt werden die Feldexpertin Alma, die sich um eure Quests kümmert, die Schmiedin Gemma, die Jägerin Olivia mitsamt Palico sowie der Botaniker Erik und den Techniker Werner. Aber niemand mag Werner, also ignorieren wir ihn einfach. Auf eurer Reise durch das Verbotene Land trefft ihr dabei nicht nur auf allerhand Monster, es stellt sich auch heraus, dass das Gebiet gar nicht so unbewohnt ist, wie ihr anfangs dachtet. Die Geschichte ist dabei aber auch eher nettes Beiwerk und ich glaube kein Monster Hunter-Fan ist mir böse, wenn ich sage, dass ich viele der Textboxen recht flott durchgeklickt habe, um schnell wieder auf die Jagd gehen zu können.
Sollte das hier euer erster Ausflug in die Monster Hunter-Serie sein oder ihr eventuell noch gar nicht Blut geleckt haben, kann ich euch zum einen beruhigen, aber muss gleichzeitig auch warnen: Monster Hunter Wilds ist definitiv das bisher zugänglichste Spiel der Reihe. Das bedeutet aber leider immer noch nicht, dass man sich sofort leicht in den diversen Menüs, Optionen und Funktionen zurecht findet. Wenn ihr also frisch einsteigt, lest euch am besten nicht nur die In-Game-Tutorials gut durch, sondern schnappt euch im Optimalfall einfach ein Video-Tutorial oder eine Jagdtruppe, die euch mit Rat und Tat zur Seite stehen kann. Wie sich das Spiel für jemanden anfühlt, der relativ frisch in Wilds reingegangen ist, könnt ihr übrigens bald in Podcast-Form bei uns hören, also haltet die Augen offen. Monster Hunter Wilds hat aber für Veteran*innen definitiv einige Quality of Life-Features von World & Rise übernommen und teilweise noch verfeinert und macht euch das Jagen so problemlos wie nie zuvor.
Am generellen Ablauf des Spiels hat sich aber auch in Monster Hunter Wilds wenig bis gar nichts verändert. Fans bekommen hier die gewohnte Kost und das ist zum Glück auch genau das, was man erwartet: ihr erhaltet immer wieder neue Aufträge von eurer Feldexpertin Alma, zieht los um ein Monster zu suchen und um es zu "erforschen" haut ihr mit der Waffe eurer Wahl solange drauf, bis ihr das Monster entweder einfangen oder umhauen könnt. Nach der Quest erhaltet ihr einen Haufen Material, das ihr bei der Schmiedin Gemma dann für bessere Rüstung und Waffenupgrades eintauschen könnt und dann beginnt die Jagd auch schon wieder von vorne. Zwischendurch erhaltet ihr immer wieder einmal kleinere optionale Quests von NPCs, die euch mit nützlichen Items versorgen und könnt neben den Hauptmissionen auch bei Alma einige Nebenquests annehmen. Aber im Grunde läuft es immer aufs selbe hinaus und zwar einen der schönsten und befriedigendsten Gameplay-Loops, den ich je erleben durfte. Und das funktioniert auch in Monster Hunter Wilds wieder einfach perfekt.

Wenn aber so vieles wie immer ist, was hat sich denn verändert seit Monster Hunter Rise? Tatsächlich doch einiges: zum einen habt ihr in Wilds anfangs nicht einen großen Hub, in dem ihr alle wichtigen NPCs findet, sondern reist mit euren Gilden-Mitgliedern von Siedlung zu Siedlung und das in einer fast nahtlos offenen Welt. Nehmt ihr also eine neue Quest an, werdet ihr nicht erst dort hingeschickt, um ein offenes Areal erkunden zu können, sondern könnt einfach loslaufen oder auf euren Saikrii steigen und seid direkt am Weg zu eurem Ziel. Nur an ein paar Stellen schickt euch das Spiel per Ladescreen in andere Gebiete, den Eindruck einer großen und vor allem sinnvoll zusammenhängenden Welt macht das aber zum Glück nicht kaputt. Monster Hunter hat sich für mich persönlich noch nie so "nahe" angefühlt und so stark den Eindruck einer lebendigen Spielwelt erzeugt. Der Fokus auf das Ökosystem des Verbotenen Landes macht dadurch umso mehr Sinn und wird auch immer wieder in die Story miteinbezogen.
Einen großen Beitrag zur lebendig wirkenden Spielwelt liefern aber nicht nur die Geschichte, die Umstände der Ortsansässigen und die Monster selbst, sondern auch das Wettersystem von Monster Hunter Wilds. In jedem Gebiet, das ihr bereist, wechselt das Spiel dynamisch zwischen drei verschiedenen Wetter-Verhältnissen, die nicht nur die Atmosphäre des Gebiets beeinflussen, sondern auch die Monster die sich darin gerade aufhalten und die vorhandenen Ressourcen. Gemeinsam mit der Tageszeit erlebt ihr so jeden Teil der Map aus verschiedenen Blickwinkeln und es hat einfach ganz besonderen Charme, wenn ihr gerade durch die Steppe reitet, sich plötzlich der Himmel verdunkelt und ein Sturm aufzieht, der euch nicht nur die Sicht erschwert, sondern ihr plötzlich auch Blitzen ausweichen müsst, um nicht selbst gegrillt zu werden. Wenn ihr auf Nummer sicher gehen wollt, könnt ihr im späteren Spielverlauf das Wetter in den Gebieten durch eine Rast in eurem Zelt selbst verändern, ich fand es aber richtig schön, dass man hier ab und zu einfach den RNG-Gezeiten etwas ausgeliefert ist.
Die verschiedenen Areale bieten auch in Monster Hunter Wilds trotz zusammenhängender Spielwelt wieder allerhand Unterschiede und so verschlägt es euch neben einer Wüstenlandschaft auch in einen tiefen Dschungel, ein frostiges Eisgebiet in dem ihr Ausdauer verliert, wenn ihr kein Heißgetränkt im Inventar habt oder auch in eine Area voll mit Lava, in der ihr euch runterkühlen müsst, um keine Gesundheit zu verlieren. So richtig einprägen müsst ihr euch die Areale diesmal aber nicht selbst, da ihr recht schnell in der Story euren eigenen Saikrii erhaltet, ein Vogel-artiges Reittier, das euch immer per Autopilot zum nächsten Ziel bringen kann. Aber es lohnt sich natürlich trotzdem auch mal abseits des vorgegeben Pfades ein bisschen zu stöbern, da ihr immer mit Bau-Material und anderen Items belohnt werdet. Jedes Gebiet lässt euch außerdem selbst noch mehrere kleine Zelte an vom Spiel gewählten Orten als Schnellreisepunkte setzen, damit ihr schneller in die Action springen könnt und nicht über die gesamte Karte laufen müsst. Hier müsst ihr aber aufpassen, da umherwandernde Monster diese Zelte auch finden und zerstören können.
Was die Waffen im Spiel angeht, hat sich in Monster Hunter Wilds auf den ersten Blick nicht viel getan: insgesamt könnt ihr aus 14 verschiedenen Waffentypen wie etwa dem Großschwert, Bogen oder Hammer auswählen und damit auf die Jagd gehen. Ein neues Feature ist aber, dass ihr an eurem Saikrii jederzeit eine zweite Ersatzwaffe mit auf eure Missionen nehmen könnt, die ihr ganz einfach per Knopfdruck switchen dürft. Ich bin ein einfacher Mann und habe mich dann einfach für ein zweites Großschwert mit einem jeweils anderen Element entschieden, aber ich glaube man kann hier richtig viel Spaß mit unterschiedlichen Waffentypen haben. Neu in den Kämpfen sind außerdem ein Wundensystem, mit dem ihr noch mehr Material von den Monstern bekommen könnt und der Fokusschlag, der es euch ermöglicht durch schnelles Zielen auch mitten in bereits angesetzten Moves die Richtung zu wechseln. Ich hatte nach Rise etwas Sorge, dass durch das Fehlen der Seilkäfer etwas Geschwindigkeit und Varianz verloren geht, der Fokusschlag hat hier aber definitiv für Abhilfe gesorgt.
Während Monster Hunter World einer der letzten Capcom 3D-Titel in der MT Framework Engine war, wurde Wilds nun, wie schon der direkte Vorgänger Monster Hunter Rise, in der RE Engine entwickelt. Im Vorfeld hatten Spieler*innen hier die Sorge, ob die Engine für so große offene Spielwelten überhaupt geeignet sei, da sie schon bei Dragon's Dogma 2 Schwächen in der Engine sahen, ich muss aber sagen, dass ich an der Spielwelt selbst keine großen Probleme feststellen konnte. Das Spiel läuft im Performance Modus auf der Series X schön & flüssig und bis auf ein paar Stofffetzen, die evtl. mal durch ein Rüstungsteil glitchen, hatte ich keine großen Probleme. Ein weiterer Punkt, der Spieler*innen irritiert hat, war das angeblich verwaschene Bild, nach ein paar Minuten in den Einstellungen konnte ich hier aber ein sattes und schönes Farbverhältnis aus meinem TV holen. Und auch sonst konnte ich technisch keine groben Patzer feststellen. Im Gegenteil: das plattformübergreifende Crossplay hat wahnsinnig gut funktioniert und ist meiner Meinung nach mit das beste, was Monster Hunter nach dem Abschied der Ladescreens zwischen einzelnen Map-Stückchen jemals passiert ist. Nahtloses joinen der Quests, egal auf welchem Gerät die Gang gerade spielt, macht Monster Hunter Wilds zum bisher besten Multiplayer-Erlebnis, das die Serie zu bieten hat, vor allem mit der nativen Discord-Anbindung, die sowohl PlayStation als auch Xbox mittlerweile in ihre Betriebssysteme integriert haben.
"Monster Hunter Wilds vereint die Vorzüge der Vorgänger World und Rise perfekt, ist mit diversen Quality of Life-Features so zugänglich wie noch nie und schafft es trotzdem, das Gameplay nicht zu sehr zu verwässern."
Ein neuer Monster Hunter-Release wird mich vermutlich nie kalt lassen, ganz im Gegenteil. Diesmal war ich durch Crossplay und das erste "große" Monster Hunter in der RE Engine sogar noch etwas mehr gehyped als sonst. Und auch nach mittlerweile über 60 Stunden im Spiel, mehr als 150 erjagten großen Monstern und einem Hunter Rank, der bald den zweistelligen Bereich erreicht, kann ich nicht genug kriegen, springe in Quests, die ich schon erledigt habe, versuche mein Equipment weiter zu optimieren und fiebere ungeduldig dem ersten Titel-Update entgegen, das am 4. April erscheinen soll. Monster Hunter Wilds vereint die Vorzüge der Vorgänger World und Rise perfekt, ist mit diversen Quality of Life-Features so zugänglich wie noch nie und schafft es trotzdem, das Gameplay nicht zu sehr zu verwässern. Die Neuerungen wie Fokusschlag und Wunden erweitern die Kämpfe um neue, spaßige Faktoren und das wechselnde Wetter schafft den Eindruck einer lebendigen Spielwelt, in der man sich (fast) komplett frei bewegen kann. Ich freue mich jetzt schon auf mehr und schwerere Quests und Monster und werde das Großschwert deshalb noch lange nicht an den Nagel hängen.

