Von Miggi
Die Metal Gear-Reihe ist für viele der heilige Gral, wenn es um Videospiele geht. Für mich war das lange nicht ganz verständlich. Aus Mangel an einer eigenen Playstation 1 und 2 und dem späten Einstieg im Lebenszyklus der Playstation 3 war mir die epische Story aus den Händen von Hideo Kojima lange Zeit verwehrt geblieben. Mit Teil 4 einsteigen zu wollen, war dann wohl auch nicht die klügste Idee, die ich je hatte, daher hat mich das Spiel auch nach kurzer Zeit verloren. Als der fünfte Teil angekündigt wurde, habe ich mir vorgenommen, endlich in die Reihe einzutauchen, nachdem ich so viel Positives darüber gehört hatte. Ich habe also recherchiert, mich eingelesen, die älteren Teile angespielt und hatte dann - endlich - viel Spaß mit Metal Gear Solid V: The Phantom Pain. Funfact: Die Review dazu war der erste Beitrag, der auf unserer Seite schon kurz vor dem offiziellen Launch online war.
Nach dem Weggang Kojimas von Konami hatte der japanische Konzern mit viel Kritik zu kämpfen. Kojima wandte sich von der Metal Gear-Reihe ab, er wolle neues probieren. Die Lizenz blieb beim Publisher und relativ bald, genauer gesagt während der Gamescom 2016, wurde das Phantom Pain Spin-Off Metal Gear Survive angekündigt. Die ersten Reaktionen gingen von Neugierde, bis zu den üblichen Hate-Kommentaren, wenn neue Wege gegangen werden. Natürlich schwang die Kojima-Story auch noch mit. Natürlich wusste von den Kritikern niemand wie das fertige Spiel überhaupt sein wird. Vermutlich werden es viele auch nie wissen. Ich habe mich bisher von Trailern und allem Drumherum fern gehalten um so unvoreingenommen wie möglich an das Spiel herangehen zu können. Und genau das habe ich nun Ende Februar auch getan.
Nach Metal Gear Rising: Revengeance, das großteils positiv aufgenommen wurde, begibt sich Konami unter der Leitung von Director Yota Tsutsumizaki in gänzlich neue Gefilde. Als Soldat, den ihr selbst im Charakter-Editor erstellt, ist es eure primäre Aufgabe - wie es der Titel schon verrät - in einer Paralleldimension der "normalen" Metal Gear-Welt zu überleben. Euch entgegen stellen sich diverse Zombie-Gegnertypen oder wilde Tiere aber auch körperliche Bedürfnisse wie Hunger und Durst wollen gestillt werden. Dazu müsst ihr immer genug Essen und Trinken in eurem Inventar lagern, was teilweise garnicht so leicht ist. Denn Wasser und Nahrung ist definitiv Mangelware in der nicht sonderlich lebenswerten Welt Tide. Und selbst wenn ihr zum Beispiel ein Schaf erlegt, müsst ihr erstmal zurück in euer Lager, um nicht das rohe Fleisch essen zu müssen. Esst oder trinkt ihr zu wenig wirkt sich das negativ auf eure Gesundheit und Ausdauer aus, weswegen ihr eure Werte immer im Auge behalten solltet. Aber keine Sorge, euer iDroid wird euch in regelmäßigen Abständen darauf aufmerksam machen, wenn ihr zu wenig zu euch nehmt. Ein bisschen wie Navi in The Legend of Zelda: Ocarina of Time. Ihr versteht den Vergleich.
Die Geschichte hinter eurer Misäre ist ähnlich verrückt wie man es von Metal Gear-Spielen gewohnt ist. Ihr seid als Soldat auf der Basis stationiert, die zwischen Metal Gear Solid V: Ground Zeroes und Metal Gear Solid V: The Phantom Pain zerstört wird - Cameo-Auftritt von einem bekannten Charakter inklusive. Nach einigen etwas unglücklichen Umständen findet ihr euch in einer parallelen Dimension names Dite wieder. Diese wird bevölkert von Zombie-ähnlichen Wesen, vor denen ihr euch natürlich in Acht nehmen solltet. Über euer Funkgerät erhaltet ihr Hinweise von einem mysteriösen Fremden, der euch durch das Tutorial führt. Relativ früh im Spiel findet ihr daraufhin euer Basis Camp und die Handlung entwickelt sich in eine sehr verrückte Richtung. Wurmlöcher, Riesenwesen und viele weitere übernatürliche Elemente inklusive. Die Geschichte ansich ist sogar fesselnd, wird nur leider oft durch nervige Dialoge fortgeführt, durch die ihr euch klicken müsst. Richtige Videosequenzen hätten da auf keinen Fall geschadet. Andererseits brachten mich die Dialoge manchmal echt zum Lachen, was vor allem der künstlichen Intelligenz Virgil geschuldet war.
Das grundlegende Gameplay spielt sich wie eine leicht angepasste Version von Metal Gear Solid V: The Phantom Pain. Ihr steuert euren Charakter in einer 3rd Person-Ansicht durch die Welt und müsst schleichen um nicht von Feinden entdeckt zu werden. Ausgebaut wurde das ganze durch ein Sammel- und Crafting-System, das den Survival-Aspekt verstärken soll. Ihr agiert von einem Basiscamp aus, das ihr beliebig ausbauen und in dem ihr auch euren Charakter aufleveln könnt. Dafür müsst ihr aber zuerst Material in der Spielwelt sammeln. Davon findet ihr so gut wie überall etwas. Über die Grundstoffe wie Holz werdet ihr an jeder Ecke stoßen, für seltenere Dinge wie Schießpulver, müsst ihr weiter in die Spielwelt vordringen. Grundsätzlich gilt: Nehmt alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist. Nach jeder Mission werden alle Rohstoffe an eure Basis geschickt und ihr müsst sie nicht mehr mit euch herumtragen. Daraus baut ihr euch alles: Waffen, Rüstung, Befestigungsanlagen für eure Basis oder Unterwegs, Fallen und alles andere. Das einzige Manko: Ihr könnt unterwegs nichts neues bauen, sondern müsst immer zurück zur Basis. Die Basis auszubauen und zu verstärken macht dafür unglaublich viel Spaß.
Dite selbst ist eine trostlose Welt, mit Wüsten- und Steppenähnlicher Umgebung. Immer wieder findet ihr kleine Befestigungen, Wasserlöcher und gestrandete Trucks oder ähnliches, oft gespickt mit verschiedenen Gegnern. Diese sind nur leider sehr rar gesät. Die trostlose Welt ergibt zwar innerhalb der Story definitiv Sinn, ist aber zu lieblos gestaltet und lädt nicht wirklich zum Erkunden ein. Ein bisschen mehr Details hätten der Welt auf jeden Fall gut getan. Der große Clou an der Welt ist aber die Nebelwand, die euren Handlungsspielraum schwer einschränkt. Im Basis-Gebiet könnt ihr euch frei fortbewegen, seht eure Umgebung gut, könnt Wegpunkte auf der Karte nutzen und habt keine großen Hindernisse neben den Feinden. Betretet ihr allerdings das neblige Gebiet um euch herum, müsst ihr ständig eure Sauerstoff-Reserve im Blick behalten, könnt keinerlei Wegpunkte mehr verwenden, verbraucht schneller Ausdauer und eure Weitsicht ist auch stark eingeschränkt. Dafür können euch Gegner nicht so gut hören und sehen. Leider überwiegen im Nebel-Gebiet aber die nervigen Elemente gegenüber den spannenden Survival-Ideen. Das machen auch die Wurmlochgeneratoren, zu denen ihr von der Basis aus schnellreisen könnt, nicht gut.
Der größte Pluspunkt an Metal Gear Survive ist definitiv der Multiplayer. Ab einem bestimmten Fortschritt in der Geschichte lässt euch das Spiel auch Coop-Missionen annehmen, die ihr mit bis zu drei weiteren Spielern bestreiten dürft. Und diese Coop-Missionen sind definitiv das Herzstück des Spiels. Während ihr euch im Singleplayer als einsamer Spieler oft überfordert fühlt von den teilweise massiven Gegnerhorden, macht es mit Kollegen richtig Spaß sich auf die nächste Welle Zombies vorzubereiten, taktisch Befestigungsanlagen zu platzieren und gemeinsam das zu tun, was das Spiel von euch möchte - überleben. Und das beste an den Multiplayer-Missionen ist, dass ihr erbeutete Rohstoffe und Gegenstände mit in euren Singleplayer-Fortschritt nehmen dürft. Kommt ihr also einmal in der Story nicht weiter, weil eine Mission zu schwer ist, versucht doch einfach etwas leichtere Multiplayer-Missionen und stärkt euren Charakter dort.
"Mir hat die Zeit mit Metal Gear Survive wirklich Fall Spaß gemacht, auch wenn ich denke, dass es die Metal Gear-Lizenz nicht zwingend gebraucht hätte."
Metal Gear Survive hat den Hass, der dem Spiel im Vorfeld entgegen gebracht hatte nicht verdient. Ja ok, das Spiel ist nicht perfekt. Es hat kleine Macken. Aber schlecht ist es auf garkeinen Fall. Mir hat die Zeit mit Metal Gear Survive wirklich Fall Spaß gemacht, auch wenn ich denke, dass es die Metal Gear-Lizenz nicht zwingend gebraucht hätte. Eventuell wäre es von Konami sogar etwas klüger gewesen, nicht die etablierte Marke über Spiel zu legen, um die Kritik im Vorfeld zu minimieren. Aber im Grunde ist die Geschichte im Metal Gear-Universum gut aufgehoben und hat definitiv ihre Glanzmomente. Berechtigte Kritik musste der japanische Publisher allerdings für die eingebauten Mikrotransaktionen einstecken - für einen Extra-Charakterslot müsst ihr zum Beispiel extra zahlen. Abgesehen davon ist Survive aber ein grundsolider Survival-Titel mit einer unterhaltsamen Story und einem richtig spaßigen Multiplayer-Modus.