Von Miggi
Ich finde ja, dass es niemals genügend RPGs im Mario-Universum geben kann und die letzten Meter der Nintendo Switch haben mich da wirklich sehr glücklich gemacht. Nachdem Ende 2023 das wundervolle Remake des SNES-Klassikers Super Mario RPG erschien und ich dieses Jahr endlich mal Paper Mario: Die Legende vom Äonentor nachholen konnte, dachte sich Nintendo: "Der Junge hat noch nicht genug. Gebt ihm mehr!". Nachdem 2015 mit Mario & Luigi: Paper Jam Bros. das fünfte Doppel-Abenteuer der Mario Bros. erschien, war lange Zeit unklar, ob es irgendwann überhaupt einen weiteren Teil geben wird, nachdem AlphaDream, das Studio, das bisher für die Serie verantwortlich war, 2019 geschlossen wurde. Viele der Studio-Mitarbeiter*innen sind daraufhin zu Acquire gewechselt, die man durch Octopath Traveller eventuell schon am Schirm haben könnte und genau die sollten mit Brothership nun ein beinahe totgeglaubtes Franchise wiederbeleben, wie Nintendo in der Direct-Präsentation im Juni 2024 ankündigte. Wie sagt man also so schön: Let's-a go!
In BrotherSHIP landen die beiden Brüder auf der Insel Kapitarbora, die gleichzeitig ein Schiff, aber auch Teil eines größeren Kontinents ist und im weiteren Spielverlauf euren Quasi-Hub darstellt. Die Welt Konektania, die sonst durch einen riesigen Baum namens Konektarbor zusammengehalten wurde, ist bei einem Unglück nämlich auseinandergebrochen und die einzelnen Teile der Welt treiben nun als Inseln übers Meer. Als es die beiden also unerwarteterweise dorthin verschlägt setzen sie es sich natürlich direkt zum Ziel den Bewohner*innen von Konektania zu helfen, die Inseln wieder zusammenzubringen und am Weg dorthin auch gleich herauszufinden, was eigentlich passiert ist. Dafür reisen sie über verschiedene Inseln, lösen dort Rätsel, helfen den Einheimischen und besiegen natürlich auch den ein oder anderen Bösewicht. Die Geschichte selbst hat mich dabei gut bei Laune gehalten, ohne narrativ die größten Bäume auszureißen. Vor allem die abwechslungsreichen Inseln haben es aber echt unterhaltsam gemacht der Story zu folgen.
Das Spiel selbst ist dabei abseits der Schifffahrt relativ klassisch gehalten, wer also schon einmal einen Mario & Luigi-Teil gespielt hat oder generell mit der RPG-Formel von Mario vertraut ist, sollte sich sofort wie zuhause fühlen. Ihr bewegt euch als Zweier-Party über die Welt, könnt dabei außerhalb von Kämpfen mit beiden Mario Bros. springen und so Abgründe oder Anhöhen überqueren und müsst dabei nicht zwingend beide selbst springen lassen. Hüpft ihr etwa mit Mario einen Hügel hoch, folgt Luigi seinem Bruder automatisch. Das selbst hüpfen kann nur nützlich werden, wenn ihr z.B. zwei Itemboxen gleichzeitig aktivieren wollt, oder natürlich wenn ihr über ein Rätsel stolpert, das manuelle Inputs erfordert. Luigi kommt in der Spielwelt außerdem immer wieder mal auf tolle Ideen, die ihr per Tastendruck auslösen könnt und die er dann auch automatisch ausführt. Wenn er also mal ein "L" über seinem Kopf angezeigt hat, dann lasst ihn einfach mal machen. Er weiß, was er tut.
Die Kämpfe laufen in Mario & Luigi: Brothership klassisch rundenbasiert ab. Ihr gebt jedem der beiden Brüder einzeln Kommandos, die ihr dann mit den richtigen Tastenkombinationen und Timings noch verstärken könnt. Dabei katapultiert Luigi seinen großen Bruder z.B. nach einem perfekt abgestimmten Sprung auf den Gegner noch einmal in die Luft, damit dieser noch einmal Bonus-Schaden machen kann und umgekehrt genauso. Dabei müsst ihr wie immer aufpassen, gegen welche Art von Gegner ihr gerade kämpft und welche Attacken dabei den meisten Sinn ergeben. Einen Stachelpanzer mit einer Sprung-Attacke anzugreifen ist vermutlich nicht die beste Idee und bei Gegnern, die sich gegen Schläge von vorne schützen, lasst ihr euren Hammer lieber stecken. Immer wieder werdet ihr dabei auch gegen Bosse kämpfen, die spezielle Taktiken erfordern und teilweise richtig knackige Timings verlangen. Aber keine Sorge, richtig schwer ist das Spiel nicht und verlangt auch nicht von euch, dass ihr erst einmal ein paar Level grindet, bevor ihr weiterkommen könnt.
Im Laufe des Spiels lernt das Bruderpaar außerdem einige Special Moves, mit denen ihr neue Gebiete erreichen und verschiedene Rätsel lösen könnt. Dieser Brüderaktionen verwandeln die beiden etwa in ein UFO und lassen sie kurzzeitig über Abgründe schweben oder in eine Kugel, mit der ihr dann über die Map rollen könnt. Diese lassen sich allesamt später auch noch upgraden. Ein neues Element in den Kämpfen sind die sogenannten Effektstecker, die ihr, anders als z.B. die Badges in Paper Mario, jederzeit frei im Kampf wechseln könnt. So könnt ihr eure Angriffe verstärken bzw. erweitern, eure Verteidigung erhöhen oder Bonus-Items erhalten. Stellt euch das einfach vor wie eine Steckerleiste mit mehreren Plätzen, in die ihr die Boni stecken könnt, solange noch Platz ist. Die Effektstecker haben dann eine festgelegte Anzahl an Ladungen, bis ihr sie wieder aufladen müsst, man muss also auch stets ein wenig vorausplanen und kann sie nicht einfach sinnlos einsetzen, ohne Rücksicht auf Verluste. Dieses Extra-Element hat die Kämpfe für mich noch mal etwas spaßiger und vor allem dynamischer gemacht.
Insgesamt hätte Mario & Luigi: Brothership allerdings für meinen Geschmack, vor allem was das Pacing angeht, ruhig noch ein wenig mehr Wind in den Segeln verkraftet. Die Dialoge sind teilweise echt lange und zu ausführlich, das Erkunden auf den verschiedenen Inseln wird immer wieder durch nett gemeinte Hinweise oder Anmerkungen unterbrochen bzw. verlangsamt und man wird wirklich sehr stark an der Hand genommen, wie man es auch von anderen Nintendo-Spielen gewohnt ist. Hier wäre es echt einmal wünschenswert, dass man diese Hinweise und deren Dichte optional reduzieren oder ganz ausschalten könnte. Außerdem ist das Reisen auf der Kapitarbora teilweise echt langsam: manchmal steht man auf dem Hub nur sinnlos rum und wartet, bis das eigene Inselschiff eine neue Strömung erreicht hat, um weiterzukommen, oder man in Sichtweite zur nächsten Insel ist, zu der man sich dann per Kanone schießen lassen kann. Man kann hier zwar die Zeit auf der Weltkarte etwas beschleunigen, steht dabei aber auch einfach nur rum und wartet.
Am meisten bei Laune gehalten hat mich in Mario & Luigi: Brothership aber definitiv der Animations-Stil bzw. vor allem die ausdrucksstarke Mimik der Charaktere. Auch wenn ich von der Switch sowohl technisch wie auch optisch kein Meisterwerk mehr erwarte, hat mich der Stil des Spiels richtig abgeholt und nach Super Mario Bros. Wonder wurde ich direkt wieder überrascht wie viel man aus dem Design dieser Charaktere eigentlich rausholen kann, wenn man der Art Direction einfach mal freie Hand lässt. Die Zwischensequenzen, Dialoge und Kämpfe machen dadurch direkt um einiges mehr Spaß und man vergisst teilweise dann doch wieder das eben angesprochene Pacing. Rein technisch reißt das Spiel aber natürlich keine Bäume aus und könnte an der ein oder anderes Stelle ruhig noch ein wenig flüssiger laufen. Langsam kommen wir hier einfach an den Punkt, wo ich mich nach der Switch 2 sehne, die dann hoffentlich aus den letzten paar Releases, wie auch The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom noch mal ein Stück mehr herausholen kann.
"Mario & Luigi: Brothership punktet durch eine wahnsinnig kreative Art Direction, frischen Ideen im Kampf-Gameplay wie den Effektsteckern und lustigen Momenten zwischen den Charakteren."
Damit dass wirklich noch irgendwann ein komplett neues Mario & Luigi-RPG für eine Nintendo-Konsole erscheint, habe ich nach der Schließung von AlphaDream und dem Fakt, dass Paper Jam jetzt auch schon wieder fast 10 Jahre alt ist, wirklich nicht mehr gerechnet. Umso mehr habe ich mich gefreut, als Brothership dann überraschend angekündigt wurde und das fertige Spiel hat mich dann auch nicht enttäuscht. Ja okay, technisch legt die Switch keine Glanzleistung mehr aufs Parkett und auch das Pacing könnte Nintendo-typisch etwas schneller sein bzw. einen Ticken weniger Tutorials enthalten. Aber trotzdem muss man sagen: Mario & Luigi: Brothership punktet durch eine wahnsinnig kreative Art Direction, frischen Ideen im Kampf-Gameplay wie den Effektsteckern und lustigen Momenten zwischen den Charakteren. Ich hatte mit dem neuesten Teil der Reihe auf jeden Fall viel Spaß und hoffe, dass es diesmal nicht wieder fast 10 Jahre dauert, bis wir wieder mit dem Brüderduo losziehen dürfen.