Von Miggi
Es ist 1993. An eine Freundin habe ich mit meinen süßen vier Jahren noch lange nicht gedacht, aber ich glaube in dem Jahr haben wir unseren ersten Urlaub in Italien gemacht. Das mit dem Bräunen kommt also schon hin. In diesem Jahr ist für den Game Boy eines der bis heute wohl wichtigsten und vor allem erstaunlichsten Spiele für Nintendos Handheld erschienen. The Legend of Zelda: Link's Awakening. Nachdem zwei Jahre zuvor A Link to the Past, das bis heute als eines der und von vielen sogar als das beste Zelda-Spiel angesehen wird, auf dem Super Nintendo Entertainment System eingeschlagen hat wie eine Bombe, wollte man Link ein ähnliches Abenteuer für die portable Konsole spendieren. Der ursprüngliche Plan sah vor den SNES-Titel zu porten, wurde aber recht schnell zum eigenständigen Spiel, das 1998 für den Game Boy Color eine farbenfrohe Neuauflage mit Extra-Dungeon und dem Namenszusatz DX bekam. In der großen Nintendo Direct-Präsentation im Februar 2019 kündigte Nintendo dieses Jahr an, dass das Spiel als Remake auf der Nintendo Switch erscheinen soll und im September war es dann soweit. Höchste Zeit also die Schränke im Langzeitgedächtnis zu entstauben und tief in der Erinnerung nach den Erinnerungen an den Game Boy-Titel zu graben.
In Link's Awakening tickt die Uhr vorneweg ganz anders, als in so ziemlich allen anderen Zelda-Titeln. Wer sich jetzt denkt "Was soll schon groß anders sein? Zelda, Link, Triforce, Hyrule Schmyrule. Gähn." dürfte positiv überrascht werden. Auch wenn die Spielwelt selbst - und hier ist der Port-Gedanke deutlich spürbar - stark an das Hyrule aus A Link to the Past erinnert, befinden wir uns diesmal auf der Insel Cocolint. Link strandet auf dem Eiland, nachdem er mit seinem Schiff in einen Sturm gerät und wacht bei Marin und Tarin auf, die ihn nach seinem unglücklichen Schiffbruch aufgelesen haben. Das Mädchen Marin erklärt ihm, dass sie ihn am Strand gefunden hat und Tarin hat dort sogar seinen Schild aufgelesen. Außerdem rät er Link, am Strand nach seinem Schwert zu suchen und so startet ihr euer Abenteuer auf Cocolint, um von Cocolint wieder weg zu kommen. Cast Away Zelda-Edition.
Und Cocolint hat sich in all den Jahren, die zwischen dem Original von 1993, dem Color-Ableger 1998 und 2019 liegen, nicht groß verändert. Wer die Game Boy-Spiele gespielt hat wird sich trotz der vergangenen Zeit sofort wieder zurecht finden und die Erinnerungen werden euch das ganze Spiel über begleiten. Im Norden der Karte wartet immer noch der Windfisch in seinem Ei darauf von euch geweckt zu werden, der Zauberwald hält nicht nur einen verrückten Tanuki für euch bereit und auch der Rest der Karte ist gleich geblieben. Um den Windfisch aus seinem Schlaf zu holen liegt es an euch acht verschiedene Dungeons abzuklappern, in denen es jeweils ein Instrument zu holen gibt, die ihr am Ende alle spielen müsst. Diese sind quer über die Karte verteilt und können, wie es in Zelda lange Zeit üblich war, nach und nach erreicht werden, je nachdem welche Items ihr schon erhalten habt. Wer bisher nur das Original gespielt hat, darf sich außerdem freuen: sogar der exklusive Dungeon, der extra für die DX-Version gemacht wurde, hat es ins Remake geschafft.
The Legend of Zelda: Link's Awakening wurde auf der Switch aber nicht hunderprozentig dem Ursprungs-Spiel nachempfunden. Nintendo hat sich dazu entschieden, dem Spiel einen bisher nicht in der Reihe gesehenen Look zu verpassen, der nicht nur positive Reaktionen hervorgerufen hat. Und auch ich war im ersten Moment etwas skeptisch, ob der besondere Stil für mich zum Spiel passt. Das hat sich auf der vergangenen gamescom schlagartig geändert - die ersten Momente, die ich selbst als Link auf der Insel verbringen durfte haben mich sofort verzaubert und ich habe den Look lieben gelernt. Das ganze Spiel gibt einem das Gefühl, dass man es hier mit einem großen Spielzeugset zu tun hat, alles hat eine Art Plastik-Look, den ich so nicht nur in bisher keinem Spiel gesehen habe, sondern der auch zur typischen Nintendo-Formel passt. Denn trotz schwächerer Hardware im Vergleich zur Konkurrenz zeigt das japanische Studio Grezzo, dass man auf der Konsole trotzdem Spiele abliefern kann, die von vorne bis hinten total rund aussehen und, die vor allem eines sind: schön und detaillverliebt. Der kleine Unschärfe-Effekt am Rand des Bildes rundet den gesamten Look außerdem perfekt ab. Wer also skeptisch wie ich ist, sollte sich zumindest den Anfang des Spiels in Bewegung ansehen. Vielleicht zieht es euch dann auch so in den Bann.
Wer The Legend of Zelda erst seit Breath of the Wild kennt, muss sich erstmal umstellen, wer einen der älteren Teile gespielt hat, kennt das Prinzip: Ihr startet mit einem leeren Inventar, werdet - nachdem ihr das Schwert gefunden habt - von der allseits bekannten Eule erst mal in die richtige Richtung geschubst und macht euch auf euren Weg. Auf diesem reist ihr von Dungeon zu Höhle zu Berg zu Tempel und sammelt nach und nach wichtige Items wie das Zauberpulver, Bomben, die Pegasusstiefel, den Enterhaken und, was es sonst noch so alles gibt. Mit jedem Gegenstand könnt ihr mehr Abschnitte auf der Karte aufdecken und bereisen und bahnt euch euren Weg durch Cocolint. Dabei gibt es auch neben den Instrumenten einiges zu finden: Zum einen könnt ihr Herzteile finden, von denen jeweils vier Stück einen neuen Herzcontainer für euch ergeben, zum anderen gibt es auf der Insel insgesamt 50 Zaubermuscheln. Diese könnt ihr im Muschelbasar in bestimmten Mengenabständen eintauschen und bekommt dafür wieder andere hilfreiche Dinge. Besonders hilfreich ist dabei vor allem der Magnet, der aufleuchtet, wenn ihr euch in der Nähe einer Muschel befindet und euch so die Suche enorm vereinfacht. Nicht wahnsinnig leicht macht, aber vereinfacht.
Die Muscheln und Herzteile sind in Link's Awakening nämlich manchmal relativ offensichtlich versteckt, wenn ihr sie aber alle finden wollt, müsst ihr euch darauf gefasst machen, dass ihr verschiedene Kartenbereiche öfter als einmal bereisen müsst. Im neuen Remake wurde außerdem ein komplett neues Element hinzugefügt: ihr könnt nun auch Bodenplatten finden, die ihr beim bekannten Charakter Igor einsetzen könnt, um eure eigenen Dungeons zu bauen. Wer jetzt glaubt, dass Nintendo einen Mario Maker-Modus eingebaut hat - da muss ich euch leider enttäuschen. Ihr könnt zwar eure eigenen Dungeons ganz nach Belieben bauen und es gibt bei Igor auch verschiedene Challenges zu bestreiten, mit euren Freund*innen teilen, könnt ihr diese aber leider nicht. Wobei. Ihr könntet ihnen eure Switch mit dem gebauten Dungeon in die Hand drücken. Ok. Vergesst, was ich gesagt habe. Zelda-Maker confirmed. Naja zumindest ein bisschen. Jedenfalls baut ihr auf einem Brett mit euren freigeschalteten Räumen einen ganzen Tempel, versteckt Schlüssel in Truhen, verbindet Räume mit Treppen und lasst am Ende einen Boss auf euch warten. Eine nette Spielerei, mit der ich mehr Zeit verbracht habe, als ich anfangs gedacht hätte.
Auf technischer Ebene läuft Link's Awakening auf der Switch leider nicht hundertprozentig rund. Natürlich gibt es keinen Vergleich zur Game Boy-Version - was wir hier serviert bekommen ist auf jeden Fall um ein vielfaches besser als diese. Dadurch, dass die Kamera nicht komplett von oben auf Link gerichtet ist und den 16:9-Bildbereich haben wir einen viel größeren Sichtradius, als im Original und auch das lästige von Screen zu Screen-Schieben fällt im Remake großteils weg. Das Spiel schafft es dabei aber nicht konstante 60 Frames pro Sekunde zu halten und fällt dabei sogar immer wieder bis zu unter 30. Dieser Wermutstropfen ist aber zum Glück der einzige in einem sonst wunderschönen, spaßigen Spiel. Vor allem die vom Game Boy und generell Nintendo-IPs inspirierten Extras wie der Kettenhund Komet, Goombas oder Cheep Cheeps und vor allem die 2D-Passagen, die in den Dungeons auf euch warten, geben dem Spiel einen ganz besonderen Touch.
"Das Remake lässt einen alten Klassiker und Fan-Liebling auf der NINTENDO Switch neu aufleben, der genau das mehr als verdient hat."
The Legend of Zelda: Link's Awakening hat mich mit seinem Spielzeug-Look visuell total überzeugt und das Spiel selbst war schon auf dem Game Boy ein außerordentlich gutes 2D-Zelda und ist es auch heute noch. Die Geschichte rund um die acht Instrumente, den Windfisch sowie die Insel Cocolint hat mich sofort wieder in den Bann gezogen und die Jagd nach den 50 Zaubermuscheln und allen Herzteilen hat mich auch noch nach Ende der Story gut beschäftigt, jedoch nicht so lange, dass es nervig oder zu aufwändig wurde. Das Remake lässt einen alten Klassiker und Fan-Liebling auf der Nintendo Switch neu aufleben, der genau das mehr als verdient hat. Die ungewöhnliche Geschichte rund um die Insel Cocolint und den Windfisch, die gegen Schluss hin mit einem spannenden Twist aufwarten kann, funktioniert auch heute noch perfekt in Kombination mit dem typischen Oldschool-Zelda-Gameplay. So machen Remakes Spaß.