Von Miggi
Aus irgendeiner Laune heraus habe ich im Dezember 2018 den ersten Teil von Hello Neighbor im Xbox Game Pass installiert und gemeinsam mit meiner Freundin Leonie gespielt. Irgendwie hat mich das Grundkonzept rund um den Nachbarn als Gegner neugierig gemacht, der seine Verhaltensweisen ändert, je nachdem, wie man sich selbst verhält und daraus lernt. Und obwohl es technisch gesehen absolut Murks war und manche Bugs und Mechaniken mich immer wieder dazu gebracht haben meine Entscheidung zu hinterfragen, habe ich es trotzdem durchgespielt und nach dem Ende sogar noch versucht ein paar Extra-Achievements zu holen. Das Prequel Hello Neighbor: Hide and Seek und die beiden Multiplayer Spin-Offs habe ich dann allerdings geskipped und wundere mich bis heute, wie Hello Neighbor es geschafft hat, ein ganzes Franchise aus dem Boden stampfen konnte. Als vor kurzem dann aber der zweite Teil veröffentlicht wurde und direkt wieder im Game Pass landete, dachte ich mir "Fuck it, warum nicht, Crisis Core Reunion kommt eh erst in einer Woche raus" und habe es gestartet.
In Hello Neighbor 2 versucht ihr erneut die dunklen Machenschaften des geheimnissvollen Mr. Peterson aufzudecken, der anscheinend am laufenden Band Kinder entführt und auch sonst Dreck am Stecken zu haben scheint. Dazu macht ihr euch als Investigativjournalist Quinten auf ins kleine Städtchen Raven Brooks und merkt schnell, dass sich hier nicht nur einer komisch verhält. Mr. Peterson ist nämlich erst mal gar nicht aufzufinden, dafür bekommt ihr es mit anderen Antagonist*innen zu tun. So wie es aussieht stecken nämlich alle Nachbarn zusammen unter einer Decke und versuchen hier wichtige Informationen zu vertuschen. Eure Aufgabe ist es nun also die Geheimnisse aller Nachbarn aufzudecken, Hinweise zu finden und am Ende hoffentlich dem Geheimnis rund um Mr. Peterson und der Entführungen auf die Spur zu kommen.
Wie schon im ersten Teil zieht ihr dafür auch in Hello Neighbor 2 wieder in der Ego-Perspektive los und versucht euch möglichst unbemerkt an euren Gegner*innen vorbeizuschleichen. Dazu stehen euch nicht nur diverse Verstecke in der Umwelt, sondern auch Hilfsgegenstände wie ein Brecheisen, eine Kamera oder eine Schaufel. Diese benötigt ihr nicht nur für diverse Rätsel, sondern könnt sie auch werfen, um die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Punkt zu lenken. Keine Sorge, pro Bereich gibt es von den essentiellen Items immer eines vor Ort einzusammeln, damit ihr nicht irgendwann plötzlich in einer Sackgasse steht, weil euch euer Brecheisen abhanden gekommen ist und ihr nicht mehr wisst, wo es liegt. Nach und nach öffnet ihr so immer mehr Wege und entdeckt versteckte Gegenstände, die euch dabei helfen, Mr. Peterson auf die Schliche zu kommen.
Schon im Vorfeld wurde von Studio & Publisher tinyBuild die KI der Antagonist*innen angepriesen. Diese soll nicht nur wie im ersten Teil aus euren Fehlern lernen und euch somit besser austricksen können, sondern im zweiten Teil sind nun anscheinend mehrere AIs zuständig für die Verhaltensmuster eurer Feinde, die nicht nur euren Spielstil sondern auch den aller anderen Spieler*innen analysieren und daraus lernen. Und hands down - davon merkt man einfach gar nichts. Ihr könnt euer Gegenüber immer genau mit den gleichen Moves austricksen und gefühlt lernen sie einfach gar nichts dazu. Wo im ersten Teil teilweise noch Fallen an Orte gestellt wurden, die man oft besucht hat oder ein Fenster verriegelt wurde, durch das man zu Oft gelaufen ist, gibt es hier keinerlei offensichtlichen Lerneffekt und am einfachsten ist es lange genug wegzulaufen, bis die supersmarte KI einfach vergisst, dass sie ja eigentlich jemanden verfolgt. Ich hätte nicht gedacht, dass etwas, was im ersten Teil schon broken war noch kaputter und unnützer werden könnte.
Aber wie ist es denn mit der offeneren Spielwelt? Bringt die denn frischen Wind ins Spielprinzip? Die Antwort ist leider recht einfach und nicht weniger ernüchternd: nein. Absolut nicht. Denn obwohl euch theoretisch die ganze Stadt jederzeit offen steht, läuft das Spiel komplett auf einer Bahn ab. Ihr erledigt tagsüber eine Aufgabe an Ort X und zwar nur dort und geht dann nachts in den immer wieder gleichen Ort, um dort einen neuen Weg aufzumachen, mit einem Item, das ihr am Tag finden musstet. Das ganze wiederholt sich 4 Mal und dann habt ihr auch schon das Ende des Spiels gesehen. Die Rätsel sind dabei nicht sonderlich einfallsreich, die Locations sind zwar einigermaßen abwechslungsreich, haben mich aber auch nicht direkt vom Hocker gehauen und unterm Strich hätte man sie das offen erkundbare Raven Brooks auch einfach sparen können.
Technisch bleibt Hello Neighbor 2 seinen Wurzeln treu. Das Bewegen eures Protagonisten steuert sich zäh und macht nicht wirklich Spaß, die Physik legt euch immer wieder unfreiwillig Steine in den Weg und manche Inputs werden einfach gar nicht registriert teilweise. Damit kommt ihr entweder in Situationen, die den Impuls wecken können den Controller kurz zur Seite zu legen oder ihr schafft es das Spiel damit einfach zu brechen. Ich habe zum Beispiel in meinem Playthrough zwei Rätsel komplett geskippt, weil ich einfach an ihnen vorbeigehüpft bin. Denn lasst euch eins gesagt sein - vor allem das Springen ist hier einfach teilweise Glückssache, aber kann euch auch helfen irgendwelche Vorsprünge zu erklimmen, auf die ihr eigentlich noch gar nicht kommen solltet. Und das hat ja auch schon im ersten Teil funktioniert, also warum etwas ändern?
Und wenn man sich denkt - "Ach komm, ganz so schlimm ist es doch nicht, zumindest hab ich ein bisschen Spaß dabei und der Gamerscore ist auch leicht geholt.", kommt tinyBuild um die Ecke und setzt der Frechheit noch mal einen drauf. Direkt zu Release gibt es direkt zwei große DLC-Pakete, die zusammen fast genau so teuer sind wie das Grundspiel selbst und noch mal mit neuen Standorten und Antagonist*innen um die Ecke kommen. Warum man sich dazu entscheidet, sowas als 15€ DLC pro Sub-Story zu veröffentlichen und es nicht mit ins Spiel selbst packt, entzieht sich einfach komplett meinem Verständnis. Naja ok. Irgendwie auch nicht. Da steckt halt einfach der Faktor Geld dahinter. Ich frage mich nur echt, wer das auch kauft. Wer gibt ernsthaft so viel Geld aus für einen DLC, den man in ca. einer halben Stunde durchgespielt hat und der technisch genau so grauenhaft ist, wie das Grundspiel? Bitte meldet euch, ich würde gerne mal mit euch reden, falls ihr existiert.
"Ich habe Hello Neighbor 2 nur durchgespielt, weil es mir schwerfällt angefangene Dinge abzubrechen und seid euch sicher - ich habe quasi die ganze Zeit über geflucht und geschimpft."
Zu meiner eigenen Verteidigung: ohne den Xbox Game Pass würde diese Review nicht existieren. Und ich glaube, dass sie das auch nur tut, weil ich irgendwo einfach meinen Frust rauslassen musste. Ich habe Hello Neighbor 2 nur durchgespielt, weil es mir schwerfällt angefangene Dinge abzubrechen und seid euch sicher - ich habe quasi die ganze Zeit über geflucht und geschimpft. Fragt Leonie, die kann das bezeugen. Warum man sich nach dem ersten Teil der Reihe dachte, dass es eine richtig gute Idee wäre ein Franchise draus zu machen, das zu verstehen habe ich sowieso schon lange aufgegeben. Warum es aber bereits das fünfte Spiel davon gibt, das noch immer genau so whack ist wie Teil 1, dazu dann direkt 2 DLCs à 15€ veröffentlicht, die jeweils nur eine halbe Stunde Spielzeit haben und es anscheinend wirklich Leute da draußen gibt, die das kaufen - das entzieht sich einfach komplett meinem Verständnis. Lasst diese Review eine Warnung an euch sein - verschwendet nicht eure Zeit mit Hello Neighbor 2 und spielt einfach irgendwas besseres. Die Suche danach wird auf jeden Fall nicht schwer.