Von Miggi
Ein Fixpunkt bei der letzten Japan-Reise war neben dem japanischen Mega Drive-Controller für die Switch und den Boku No Natsuyasumi-Spielen vor allem eines - die Limited Edition vom Ghost Trick-Remake, die es nur in Japan gibt. Und zwar nicht nur, weil ich gern exklusive Dinge in meiner Sammlung habe, sondern weil der Titel eines der besten Spiele ist, die man am Nintendo DS damals spielen konnte. Das beste daran war, dass die japanische Switch-Cartridge auch eine englische Sprachausgabe beinhaltet und so habe ich nach gefühlt hunderten Stores irgendwann das Spiel gefunden, nachdem ich schon fast die Hoffnung aufgegeben hatte und habe Ghost Trick: Phantom-Detektiv direkt am Heimflug gestartet. Zuhause bin ich dann zwar noch mal auf die Xbox-Version umgestiegen, aber hey, wer noch nie ein Spiel mehrfach gekauft hat, werfe den ersten Stein.
Wenn ich sagen würde, dass ihr in Ghost Trick in irgendjemandes Haut schlüpft, wäre das gelogen. Naja zumindest meistens. Die Dinge, die ihr kontrolliert haben nämlich meist keine Haut, sondern sind Gegenstände wie Lampenschirme, Telefone, Tannenzapfen ... im Prinzip alles, was keine "Seele" hat. Zu Beginn des Spiels liegt der eigentliche Protagonist nämlich - und das ist jetzt nicht unbedingt ein Spoiler - tot auf dem Boden und das einzige was übrig bleibt ist sein Geist, der von Objekt zu Objekt hüpfen und manche davon sogar manipulieren kann und zusätzlich vergessen hat wer er ist, wie er heißt und warum und vor allem wie er eigentlich gestorben ist. Im Laufe der Story kommt es dabei zu einigen weiteren Fragen, Verstrickungen und Plot-Twists, die ich euch an dieser Stelle natürlich nicht vorwegnehmen will. Die Ghost Trick-Community ist da auch sehr brav im Geheimnisse bewahren, die Gefahr Spoilern im Internet zu begegnen ist also eher gering.
Neben der spannenden und gleichzeitig unterhaltsamen Story ist Ghost Trick: Phantom-Detektiv aber vor allem eines - ein wahnsinnig gutes Rätsel- bzw. Puzzle-Spiel. In eurer Geisterform könnt ihr nämlich nicht frei durch die verschiedenen Kapitel-Abschnitte und Schauplätze fliegen, sondern lediglich von Objekt zu Objekt springen, wobei eure Reichweite dabei stark eingeschränkt ist. Es liegt also an euch entweder den richtigen Pfad zu finden, oder diesen manchmal sogar selbst zu schaffen. In einem Bereich müsst ihr zum Beispiel eine Tür aufstoßen, damit einen Ball wegrollen, damit dieser an einer Stelle zum Liegen kommt, wo ihr ihn dann wiederum nutzen könnt, um weiter zu hüpfen. Um durch die verschiedenen Schauplätze zu wechseln und teilweise auch so die Story voranzutreiben, könnt ihr diverse Telefon-Leitungen nutzen.
Ein weiteres Hilfsmittel, dass euch in eurer neu erlangten Geisterform zur Verfügung steht, ist die Fähigkeit mit Toten zu sprechen. Also zumindest mit deren Seele. Ihr werdet nämlich immer wieder über Leichen stolpern, die ihr eigentlich lebend gebrauchen könntet. In diesen Momenten könnt ihr als Geist zu deren Körpern springen und mit ihnen kommunizieren. Aber nicht nur das: im Anschluss habt ihr die Möglichkeit die Zeit 4 Minuten vom Zeitpunkt des Todes zurück zu drehen. Dort seht ihr dann nicht nur wie die Person zu Tode gekommen ist, sondern habt danach auch die Chance deren Schicksal zu ändern und schlussendlich hoffentlich den Tod zu verhindern. Und wie auch bei allem anderen im Spiel nutzt ihr dafür eure Fähigkeiten Objekte zu manipulieren und eure Umgebung zu beeinflussen.
Die Rätsel im Spiel sind dabei anfangs noch relativ easy und schnell zu durchschauen, während euch die verschiedenen Fähigkeiten langsam per "learning by doing" beigebracht werden und ihr immer mehr Hintergründe zur Story erfahrt. Mit der Zeit werden die Rätsel aber nicht nur etwas schwerer, sondern teilweise wirklich schwierig. Vor allem in den letzten paar Kapiteln musste ich Abschnitte öfter mal von vorne starten, weil ich mir entweder selbst den Weg verbaut habe, oder gemerkt habe, dass mein Lösungsansatz nicht der richtige ist und zu wenig Zeit übrig ist, um noch alles richtig zu machen. In den Abschnitten, in denen ihr vier Minuten in die Vergangenheit reist, gibt es nämlich immer einen Timer und teilweise habt ihr echt nicht viel Zeit, um die wichtigen Aktionen durchzuführen, die den Tod der Personen verhindern. Und seit ich das Original gespielt habe, ist es doch leider zu lange her, als dass ich mich an alle Lösungen hätte erinnern können.
Aber nicht nur die Rätsel sind clever designed - auch die einzelnen Gebiete sind wahnsinnig smart mit den Rätseln verflochten und vor allem abwechslungsreich. Ihr startet eure Reise auf einem Schrottplatz, macht aber auch Halt in einem Hähnchen-Restaurant, einem Park, einem Gefängnis und anderen absurden Schauplätzen, die ich aus Spoilergründen lieber mal auslasse. Dabei bekommt er es mit allerhand Charakteren zu tun und wer schon einmal eines der Ace Attorney-Spiele von Director Shu Takumi gespielt hat, weiß ungefähr was einen hier erwartet: die Figuren sind allesamt unglaublich charmant geschrieben und designed und im Laufe des Spiels wachsen sie einem richtig ans Herz. Durch den Murder Mystery-Aspekt fängt man im Laufe des Spiels aber natürlich auch an, hinter jeder Figur irgendwie etwas böses zu suchen, stellt Theorien auf und wird am Ende dann doch überrascht.
Natürlich sind seit 2010 einige Jahre ins Land gegangen und im Vergleich zum Original hat sich doch einiges getan. Viele der Original-Entwickler waren immer noch bei Capcom als die Pläne zum Remaster langsam immer konkreter wurden und haben somit auch am Remaster mitgearbeitet, das wie die meisten aktuellen Titel des Publishers auf der RE Engine läuft. Dadurch können die 3D-Sprites, die für die DS-Version aufgrund der Hardware noch in 2D umgewandelt werden mussten, im Remaster in ihrer Original-Form glänzen. Um möglichst nah am Original zu bleiben entschied man sich, weiterhin das 4:3-Format zu nutzen, was heutzutage zwar nicht mehr so üblich ist, mich aber nicht wirklich gestört hat. Dazu sieht das Spiel trotzdem einfach zu gut aus - dadurch, dass damals schon alle Charaktere per Hand animiert wurden und es für alle bereits 3D-Modelle gab, hatte man hier vermutlich leichtes Spiel, die Assets schön auf die neuen Konsolen zu portieren. Und selbst abseits der Switch funktioniert das Spiel ohne Touch-Steuerung richtig gut. Als Bonus bekommt man in der Neuauflage außerdem noch die Minigames, die exklusiv in der iOS-Version dabei waren, sowie einige Artworks und eine Jukebox.
"Ghost Trick: Phantom-Detektiv macht auch 2023 noch eine wahnsinnig gute Figur und beweist, dass es auch heute noch ein Must-Play-Titel ist, der zurecht ein Remaster erhalten hat."
Grundsätzlich freue ich mich ja immer erst mal, wenn Spiele Neuauflagen bekommen, die bisher auf ihrer Original-Hardware festgesteckt sind und auch teilweise gar nicht so einfach zu bekommen sind. Ghost Trick war nämlich damals leider gar nicht so erfolgreich und wie es so oft passiert, ist dadurch der Wert des DS-Originals immer weiter gestiegen und die Verfügbarkeit immer weiter gesunken. Den Titel jetzt auf allen modernen Plattformen zu sehen war daher schon einmal sehr schön, das Remaster an sich ist aber auch wirklich gut gelungen. Optisch sieht es so aus, als wäre es immer schon genau so gedacht gewesen und auch die Rätsel haben über die Jahre weder an Charme noch an Schwierigkeit verloren. Ghost Trick: Phantom-Detektiv macht auch 2023 noch eine wahnsinnig gute Figur und beweist, dass es auch heute noch ein Must-Play-Titel ist, der zurecht ein Remaster erhalten hat. Man kann nur hoffen, dass es diesmal erfolgreicher ist als zu DS-Zeiten und eventuell sogar irgendwann ein Sequel erscheint. Ich wäre auf jeden Fall Day One am Start und wer weiß, vielleicht würde ich sogar wieder nach Japan fliegen, um eine Special Edition davon zu kaufen.