Von Miggi
Vielleicht erinnert sich der ein oder die andere ja noch an Ashen, einen Titel aus dem Jahr 2018. Ich erinnere mich auf jeden Fall daran, denn ich hatte ein etwas schwieriges Verhältnis zu dem Spiel. Irgendwie hat es bei mir nie so richtig Klick gemacht und ich habe das Spiel nach ein bisschen rumprobieren schlussendlich abgebrochen, was damals durch den Xbox Game Pass gar nicht so schlimm war. Im März 2022 wurde dann der neue Titel des Neuseeländischen Studios A44 Games angekündigt und irgendwie war ich trotz Vorsicht durch den Debüt-Titel neugierig darauf, denn schon im damals veröffentlichten Cinematic Trailer hat mich das Visual Design und das Flintlock Fantasy-Setting überzeugt. Als dann nach mehreren Delays während des Xbox Showcases 2024 ein neuer Trailer zu Flintlock: The Siege of Dawn inklusive finalem Release-Datum gezeigt wurde, war ich also doch so neugierig, dass ich meine Skepsis über Bord geworfen habe und mich freudig ins Abenteuer gestürzt habe.
In der Welt Kian sind die Götter los. Unsere Protagonistin Nor Vanek, Pionierin bei der Armee, tritt zu Beginn des Spiels Ereignisse los, die nicht unbedingt vorteilhaft für sie, ihre Kamerad*innen und im Grunde für die ganze restliche Welt sind: sie zerstören eine alte magische Barrikade und die nicht gerade freundlich gesinnten Götter brechen dabei aus dem Great Below aus und tyrannisieren nun die Oberwelt mit Untoten und anderen Monstern. Im Laufe der ca. 20 Stunden Spielzeit liegt es nun an euch dieses Missgeschick wieder auszubügeln und den ausgebüchsten Göttern endgültig den Garaus zu machen. Euch zur Seite steht dabei das Fuchswesen Enki, das euch mit magischen Fähigkeiten sowohl in den Kämpfen, als auch im Traversal unterstützt und euch insgesamt als emotionaler Support zur Seite steht. Außerdem zeigt es euch wie ihr mit Schießpulver Doppelsprünge machen könnt und alleine dafür hat sich der kleine Fuchsgott schon gelohnt.
A44 Games selbst beschreibt das Spiel als Souls-Lite und legt dabei wesentlich mehr Fokus auf Traversal und Movement, als noch in Ashen oder im Vergleich zu anderen Soulslikes. Nor kann schnell ausweichen, wie bereits erwähnt Doppelsprünge mit Schießpulver durchführen, in der Luft damit sogar noch einen zusätzlichen Dash ausführen und über Anhänge rutschen, was mich teilweise sehr an das Movement und die Agilität von Atlas Fallen erinnert hat. Und das ist absolut positiv gemeint. Mithilfe von Enki könnt ihr außerdem magische Risse öffnen, durch die ihr euch wesentlicher schneller über die offene Spielwelt bewegen könnt als zu Fuß. Diese Risse sind teilweise Shortcuts, um bereits gegangene Wege nach einem Tod abzukürzen, sie können aber manchmal auch an Orte führen, die nicht Teil der Hauptstory sind und euch mit zusätzlicher Ausrüstung und Erfahrung belohnen.
Die Kämpfe selbst sind dabei nicht überladen und bis auf die Bossfights gegen die Götter hat mich hier fast kein Gegner mit absurden Move-Kombos oder schwer auszuweichenden Attacken überrascht. A44 bekommt hier eine gute Kombination aus Soulslike und Actionspielen wie etwa Devil May Cry hin, die mich nur anfangs etwas auf dem falschen Fuß erwischt hat. Ich weiß nicht woran es lag. Ob es der Fakt war, dass ich gerade 50 Stunden in Elden Ring: Shadow of the Erdtree verbracht habe, ich etwas anderes erwartet und versucht habe, als das Spiel von mir wollte oder ich einfach zu whack war. Aber irgendwie waren die ersten paar Stunden in Flintlock: The Siege of Dawn für mich echt holprig. Ich bin absolut froh, dass ich mich durchgebissen habe, denn alles was danach kam hat mir echt viel Spaß gemacht und irgendwann war ich im Flow. Aber der Start war für mich absolut nicht leicht und ich habe viel zu oft Moves vertauscht, Attacken einstecken müssen und mich in Timings verschätzt, als mir lieb war.
Neben den Kämpfen ist es aber vor allem das Erkunden und Entdecken, das mir im Spiel echt Spaß gemacht hat. Durch das schnelle Movement kommen keine unnötigen Längen auf und man bewegt sich schnell über die Maps der Spielwelt. Gleichzeitig hat das Studio an den richtigen Stellen Kisten und Items versteckt, die euch das Level leichter machen. Ihr findet neue Rüstungsgegenstände, die jeweils mit eigenen Effekten ausgestattet sind, neue Nahkampf-Waffen mit verschiedenen Werten in Schaden, Geschwindigkeit und Co. und natürlich auch einen Haufen neuer Schusswaffen fürs Arsenal. Immerhin sind diese ein essenzieller Bestandteil des Flintlock Fantasy-Genres dessen sich das Neuseeländische Studio in diesem Spiel bedient. Für besiegte Gegner sammelt ihr außerdem Erfahrungspunkte, mit denen ihr euch neue Skills kaufen und gleichzeitig euren Schaden erhöhen könnt. Und dabei muss man eine Sache absolut hervorheben: das Level- und Reputations-System in Flintlock: The Siege of Dawn ist vermutlich die beste Idee des Spiels und hat mich teilweise richtig jubeln, teilweise richtig laut aufseufzen lassen - immer durch meine eigene Schuld.
Mit euren Treffern, Dodges, Parries und Kombos baut ihr im Kampf nämlich Reputation auf, die eure Erfahrungspunkte multiplizieren kann. Je nachdem wie lange ihr nicht getroffen werdet, steigt euer Multiplikator, den ihr jederzeit mit einem Knopfdruck beenden könnt. Habt ihr also das Gefühl der nächste Kampf wird etwas schwerer und ihr könntet ein Hit kassieren, holt ihr dann eure Punkte ab, auch wenn es nur 20% obendrauf gibt? Oder seid ihr eher wie ich und versucht den Prozentzähler auf 80% hochzuspielen, um eine größere Menge an Erfahrung rauszuholen. Spoiler an der Stelle: seid lieber nicht wie ich, viel zu oft habe ich hier Zusatzpunkte verschenkt, weil ich stur dachte, ich werde eh nicht getroffen. Die Idee allein finde ich aber so smart und es hat mir verdammt viel Spaß gemacht damit zu taktieren. Auch wenn ich doch öfter als mir lieb war Bonuspunkte verloren habe. Dafür waren die großen Erfolgserlebnisse umso schöner und ich glaube insgesamt bin ich am Ende doch gut dabei rausgekommen und konnte genug Power-Ups kaufen.
Technisch ist Flintlock: The Siege of Dawn immer wieder ein kleines Wechselbad der Gefühle. Teilweise sind die Abschnitte, Effekte und alles was am Screen passiert unfassbar schön und die Unreal Engine kann absolut glänzen, teilweise gibt es aber auch Stellen, an denen komplette Texturen fehlen, man seltsamerweise von unsichtbaren Hürden am Movement gehindert wird und alles noch etwas rough around the Edges wirkt. Und dann kommt man aus einer Passage und sieht vor sich eine wunderschöne Landschaft, die sich weit erstreckt, oder eine weitläufiges Höhlensystem mit atmosphärischen Lichtquellen an den Wänden. Ich glaube insgesamt hätte hier etwas mehr Zeit fürs Polishing dem Studio gut getan und mit fortlaufender Spieldauer habe ich auch dem Spiel seine kleinen Macken auch immer mehr verziehen, weil die Inszenierung und das Design einfach verdammt gut ist. Aber insgesamt hätte ich mir hier nach den episch inszenierten Trailern und den Delays etwas mehr erwartet. Worüber ich aber absolut kein schlechtes Wort verlieren kann ist die Synchron-Arbeit: die Sprecher*innen von Nor, Enki & Co. sind nicht nur gut besetzt, sondern performen ihre Rollen auch echt glaubhaft und passen richtig gut zu ihren jeweiligen Charakteren.
"Flintlock: The Siege of Dawn spielt mit einem frischen Szenario seine Pluspunkte in Welt- und Charakter-Design absolut aus und punktet zusätzlich mit spaßig-schnellem Movement und einem Kampf-Gameplay das sich agil zwischen Soulslike und Character Action bewegt."
Nachdem ich vor Release des Spiels noch richtig schön hochgehyped wurde, hatte sich zu Spielbeginn durch technische Mankos und Schwierigkeiten im Gameplay bei mir doch etwas Ernüchterung eingeschlichen. Je weiter ich in die Welt eingetaucht bin, verstanden habe, was das Spiel von mir möchte und mich immer weiter auf das Gameplay eingelassen habe, desto lieber habe ich mit dem Spiel aber schlussendlich Zeit verbracht. Am Ende war es sogar so, dass ich bis 04:00 morgens wachgeblieben bin, weil ich unbedingt noch den letzten Abschnitt in einem Rutsch abschließen wollte, weil es mich so gepackt hatte. Flintlock: The Siege of Dawn spielt mit einem frischen Szenario seine Pluspunkte in Welt- und Charakter-Design absolut aus und punktet zusätzlich mit spaßig-schnellem Movement und einem Kampf-Gameplay das sich agil zwischen Soulslike und Character Action bewegt. Wenn man dem Spiel noch ein bisschen mehr Entwicklungszeit gegönnt hätte, hätten sicherlich ein paar der technischen Mankos ausgebessert werden können, aber auch so hatte ich definitiv eine gute Zeit mit dem Spiel und für 40€ oder noch besser - mit Xbox Game Pass Abo - macht man hier absolut nichts falsch, wenn man dem Genre und/oder dem Setting nicht abgeneigt ist.