Von Miggi
Wisst ihr noch, als es von Elden Ring nur einen einzigen Teaser-Trailer gab, den sich Reddit immer und immer wieder angeguckt hat, um möglichst viel Details zu finden, mit der dann eine eigene kollektiv-Lore gesponnen wurde? Es war wild, aber zum Glück sind diese Zeiten lang vorbei. Nach einem weiteren Trailer im Zuge des Summer Game Fest 2021 und dem Closed Network Test im November 2021, der nach einem Gameplay-Trailer tiefer in das Spiel blicken ließ, konnten wir nach viel zu langer Wartezeit am 25.02. endlich als Tarnished bzw. Befleckter in die Lands Between aufbrechen. Auch ich habe diesem Tag ungeduldig entgegen gefiebert und ab dem Zeitpunkt, als der Postbote mir mein Spiel überreichte, habe ich mich erst mal von der Außenwelt abgekapselt. Ab jetzt gab es nur noch mich, Elden Ring und Dinge wie Arbeit oder Essen machen, die man halt so machen muss.
Das Geschehen startet für euch einige Zeit nachdem der titelgebende Elden Ring zerstört wurde und die Scherben von den Halbgötter-Abkömmlingen von Queen Marika an sich gerissen wurden. Diese Scherben erfüllen die Söhne und Töchter Marikas zwar mit viel Kraft, verfluchen diese aber auch immer und immer weiter. Nachdem ihr euch eure Figur im Character Creator zusammengebastelt habt, macht ihr euch auf in die Welt, um die Scherben des Elden Ring wieder zusammenzubringen und Elden Lord zu werden. Wie auch schon in den Spielen der Dark Souls-Reihe ist die Story aber alles andere als linear und es liegt komplett an euch wieviel ihr davon mitbekommt und wie sehr ihr euch selbst in die Lore einarbeitet. Item-Beschreibungen lesen und Dialoge ganz genau zu verfolgen ist hier wieder Pflicht.
Mit Elden Ring kehrt FromSoftware wieder zurück in eine mittelalterliche Fantasy-Welt, nachdem man mit Sekiro: Shadows Die Twice noch komplett andere Pfade beschritten hat. Unterstützung hat Game Director Hidetaka Miyazaki im World Building und Writing sogar von George R. R. Martin bekommen - wie stark die Rolle des Game of Thrones-Schöpfers wirklich war, bleibt zwar offen, so oder so habe ich mich aber wahnsinnig wohl in der Welt gefühlt, die man auch leicht als Dark Souls 4 hätte verkaufen können. So wohl man sich zumindest fühlen kann in einer Umgebung, in der einem gefühlt alles und jede*r töten will. Denn es macht trotz der steten Gefahr wahnsinnig viel Spaß die Lands Between zu erkunden und zu versuchen alle Kleinigkeiten in der Spielwelt zu entdecken. Denn die vermutlich größte Änderung, die das Spiel mit sich bringt, ist die Open World, die euch von Anfang an alles frei erkunden lässt.
Theoretisch könnte man zwar argumentieren, dass schon Dark Souls 1 quasi eine Open World war, wenn ihr Elden Ring anmacht, werdet ihr aber relativ schnell den Unterschied zwischen den beiden Titeln feststellen. Nicht nur, dass euch das Spiel mit Torrent ein Pferd an die Hand gibt und eine weitaus größere Map bietet, euer Erkunden wird nicht nur viel häufiger und offensichtlicher belohnt, das Spiel leitet euch auch aktiv dazu an. Alleine im Startgebiet gibt es so viel zu entdecken und erkunden, dass ich nach meinen über 100 Spielstunden vermutlich bis jetzt immer noch nicht alles dort gefunden habe. Und ich halte mich doch für sehr gründlich. Aber so gründlich kann man gar nicht sein, um in einem normalen Playthrough wirklich alles zu finden. Und das ist wunderschön. Selten hat mich ein Spiel so sehr animiert, jeden kleinsten Winkel der Karte zu erkunden und noch viel seltener hat es sich so gelohnt, da in jedem noch so nebensächlich wirkenden Dungeon ein mächtiges Item auf euch warten kann. Dieses Gefühl hatte ich in der Intensität glaube ich so seit Breath of the Wild nicht mehr.
Gleichzeitig gibt es aber auch in Elden Ring wieder das typische Souls-Feeling in Form der Legacy Dungeons. Diese größeren Gebiete sind in ihren Wegen viel weiter eingeschränkt, als die restliche Spielwelt und am Ende wartet jeweils ein mächtiger Boss auf euch. Der erste Legacy Dungeon ist etwa Stormveil Castle - ein großes Schloss, dass ihr über mehrere Wege erreichen könnt und in dem es vom Keller bis in die Burgtürme wahnsinnig viel zu entdecken gibt. Habt ihr alles gesehen, kämpft ihr hier gegen Godwyn the Golden und ich möchte hier gar nicht spoilern, aber die wichtigen Bosse in Elden Ring haben nicht nur jeweils Twists im Kampf, die mehrmals meinen Unterkiefer runterklappen haben lassen, das Spiel hat auch den vermutlich schwersten Bosskampf, den FromSoftware je in ein Spiel gepackt hat und der mich einfach zwei komplette Abende beschäftigt hat, an denen ich immer und immer wieder mit dem Kopf gegen die Wand gelaufen bin.
Was uns natürlich zum obligatorischen Thema Schwierigkeitsgrad bringt, zu dem ich trotz dem Punkt eben sagen muss - Elden Ring ist vermutlich das zugänglichste und, wenn man so will, einfachste FromSoftware-Spiel der jüngeren Vergangenheit. Der eben angesprochene Kampf war nur schwer, weil ich wie immer einen Langschwert-Stärke-Build hatte und mich (auch hier - wie immer) geweigert habe Zauberei, Summons oder sonstige Hilfsmittel zu verwenden. Aber das Spiel ist halt so schwer, wie man es sich macht. Es gibt so viel mehr Möglichkeiten sich das Spiel einfacher zu machen, als je zuvor. Natürlich kriegt ihr diese nicht in Form eines Schwierigkeitsgrad-Reglers serviert und müsst erst einmal ein bisschen Arbeit investieren. Mit ein paar Guides und zur Not auch Hilfe der Community kann man aber selbst den schwersten Gegner im Spiel one-shotten. So absurd es klingt, aber ich habe genau das gesehen.
Um das Ziel zu erreichen gibt es wie gerade schon erwähnt sehr viele Wege. Zum einen könnt ihr natürlich stur sein wie ich und euch das Leben schwer machen. Ihr könnt aber auch verschiedene Arten von Zaubersprüchen ausrüsten und ausführen. Je nachdem ob ihr z.B. auf Intelligenz oder Glaube levelt, stehen euch hierbei andere Arten von Zaubersprüchen zur Verfügung. Gleichzeitig könnt ihr euren Waffen bestimmte Spezial-Moves, die sogenannten Kriegsaschen, zuweisen. Damit führt ihr mächtige Attacken aus, die euch aus so manch brenzliger Situation retten können. Besondere legendäre Waffen haben solche Aschen teilweise schon, sobald ihr sie einsammelt. Gleichzeitig gibt es aber auch die Asche der Geister, mit denen ihr NPC-Unterstützung beschwören könnt. Dazu zählen etwa eine Horde Wölfe, eine giftspuckende Qualle, legendäre Krieger*innen, oder ihr rüstet die Mimic Tear aus, mit der ihr euch einfach klonen und doppelt in den Kampf stürzen könnt.
Und wenn euch das noch nicht genug ist, könnt ihr in der Nähe der Orte der Gnade - den Leuchtfeuern von Elden Ring - meist noch einen Summoning Pool. Diesen müsst ihr zwar erst aktivieren, könnt danach aber nach Lust und Laune andere Spieler*innen in eure Session einladen. Im Multiplayer verringert sich eure Anzahl an Heiltränken und Gegner*innen bekommen ein bisschen mehr HP, aber falls ihr mal bei einem Gegner gar nicht weiterkommt, ist es eventuell trotzdem zu zweit oder dritt ein bisschen einfacher. Was ihr natürlich auch machen könnt ist gegen andere Befleckte Duelle austragen, sollten euch die Bosse im Spiel nicht mehr reichen. Und auch die guten alten Nachrichten und Blutflecken am Boden kehren zurück. Damit könnt ihr Hinweise erhalten oder hinterlassen und sehen wie andere an der Stelle gestorben sind, an der ihr den Blutfleck findet.
Optisch bietet Elden Ring nicht nur wunderschöne Umgebungen, die detailreich gestaltet wurden, sondern auch wahnsinnig abwechslungsreiche Gebiete. Wer denkt, dass man aus dem Mittelalter-Fantasy-Thema nicht viel rausholen kann, hat die Rechnung hier nicht mit FromSoftware gemacht. Von Burgen, Verließen und Gräbern über lodernde Flammenlandschaften, bis hin zu von Scharlachfäule überzogene Gebirgspfade wird euch hier bestimmt nicht langweilig. Und ja, natürlich gibt es Gift-Sümpfe, sogar mehrere. Was habt ihr denn gedacht? Was die Framerate angeht, läuft das Spiel auf keiner Plattform zu 100% rund, das flüssigste Ergebnis bekommt ihr aktuell über die Xbox Series X im Performance Modus, allerdings nur, wenn ihr auch ein Display mit variabler Refresh-Rate habt. Ansonsten solltet ihr zur PlayStation 5-Version. Oder ihr habt einen sehr starken PC und die Geduld eure Einstellungen zu optimieren.
"Ich weiß gar nicht wie ich vollumfassend zum Ausdruck bringen kann, wie viele gute Emotionen Elden Ring in mir ausgelöst hat und wie unfassbar gut ich das Spiel finde."
Wenn ich jetzt sage, dass Elden Ring für mich das perfekte Spiel ist, überrascht das vermutlich niemanden. Ich selbst war allerdings absolut überrascht, wie gut das Ergebnis am Ende dann doch war. Der Network Test hat mir zwar schon einiges an Sorgen genommen, aber ihr wisst wie es ist - wenn man sich so sehr auf ein Spiel freut, dann kann man auch recht leicht enttäuscht werden. Zum Glück war das aber nicht der Fall und die über 100 Stunden, die ich in das Spiel gesteckt habe, haben mich über die komplette Dauer auf eine unfassbar schöne Reise mitgenommen. Ich weiß gar nicht wie ich vollumfassend zum Ausdruck bringen kann, wie viele gute Emotionen Elden Ring in mir ausgelöst hat und wie unfassbar gut ich das Spiel finde. Aber seid euch sicher, dass wenn ihr euch auf das Spiel einlasst, euch eine Reise erwartet, die ihresgleichen sucht. Sei es nun die Spielwelt mit ihrer verzweigten Geschichte und Lore, die fordernden Kämpfe, die NPCs mit ihren Side-Quests und Geschichten, das unfassbar gute Gegner*innen-Design oder die Open World, die einen für jeden Extra-Schritt belohnt, den man geht. Elden Ring, oh Elden Ring.