Von Miggi
Dragon's Dogma war damals einer dieser Xbox 360-Ära-Titel, die ich schlicht und ergreifend verschlafen habe. Irgendwie hat es sich einfach nie ergeben und erst der Fakt, dass der zweite Teil im Juni 2022 angekündigt wurde, hat mir den Vorgänger wieder ins Gedächtnis gerufen. Also habe ich mich letztes Jahr hingesetzt und mir gedacht: "Bevor ich Dragon's Dogma 2 spiele, muss ich mir erst mal den Ursprung angucken!", und habe damit angefangen. Das Tutorial hat mir dabei richtig gut gefallen, die Berserk-Collab-Items haben mich unerwartet positiv überrascht und ich kam ganz gut ins Spiel. Bis ich dann aufgrund eines dummen Fehlers mehrere Spielstunden verloren habe und das Spiel aus Frust weggelegt habe. Die Motivation weiterzuspielen konnte ich nun bis zum Nachfolger nicht mehr aufbringen, aber umso mehr Bock hatte ich, jetzt mit dem zweiten Teil in dieses ganz besondere Action RPG-Universum einzutauchen. Gespannt, ob Capcom weiterhin die Streak an verdammt guten Releases aufrecht halten kann, bin ich also ins neue Abenteuer gezogen.
Ihr startet das Spiel relativ Rollenspiel-101-mäßig als Gefangene*r in einer euch unbekannten Umgebung. Nachdem ihr entweder einen der vorgefertigten Charaktere ausgewählt oder euch im (verdammt guten) Charakter-Creator, auf den ihr auf jeder Plattform schon vorab ein Auge werfen könnt, eine Figur gebastelt habt, werdet ihr von einer Wache erst einmal aus eurer Zelle geführt, um ein paar Steinblöcke von A nach B zu tragen. Während ihr euch mit der Steuerung vertraut macht und Steine schleppt, wird euer Gefängnis angegriffen und ihr bekommt es direkt mit einer Medusa zu tun. Während ihr versucht diese zu besiegen und sie nach einem kurzen Kampf die Flucht ergreift, ergibt sich für euch genauso die Gelegenheit zu fliehen. Ihr nehmt also die Beine in die Hand, springt von einer Klippe, werdet von einem Greif gerettet und dürft erst einmal das (bis auf das Ende) schöne Intro genießen. Und danach geht es auf in die Welt.
Nach einem kurzen Fußmarsch erstellt ihr euch in einem Camp euren eigenen Vasallen, der euch von da an auf Schritt und Tritt folgen wird. Wie schon im ersten Teil besteht eure "Party" nämlich nicht nur aus euch selbst, sondern auch immer noch aus einer zweiten Figur, die per KI gesteuert wird und, um deren Ausrüstung ihr euch kümmern müsst. Gleichzeitig findet ihr überall in der Welt verteilt Vasallen anderer Spieler*innen, die ihr vorübergehen ausleihen könnt, damit ihr zu viert durch die Welt streift. Diese fremden Vasallen könnt ihr nicht selbst ausrüsten und auch der Level bleibt stets gleich. Ihr müsst sie also zwangsweise früher oder später austauschen, baut da also keine zu große emotionale Beziehung auf. Und das sage ich als jemand, der sich an die Namen (fast) aller Vasallen erinnern kann, die länger als ein paar Schritte mit mir gereist sind. Ich werde dich nie vergessen Delilah, forever in my Heart!
Im Idealfall ergänzt eure Party und vor allem euer eigener Vasalle eure Klasse im Kampf. Ihr könnt euch zu Beginn nämlich zwischen 4 Klassen entscheiden: Kämpfer, Magier, Bogenschütze und Dieb. Relativ bald im Spiel schaltet ihr außerdem zwei weitere Klassen frei und könnt im Laufe des Spiels noch 4 weitere finden. Diese könnt ihr jederzeit wechseln und sie bis auf Level 10 hochstufen, was euch nicht nur neue Special Skills einbringt, sondern auch aktive und passive Boni für eure Charaktere. Es lohnt sich also definitiv mal in die anderen Klassen reinzuschnuppern, allein schon um euren eigenen Spielstil festzulegen. Ich bin ein einfacher Mann und was in Monster Hunter schon immer gut funktioniert hat, musste sich jetzt auch in Dragon's Dogma 2 bewehren: das gute, alte Großschwert. In meinem zweiten Playthrough habe ich jetzt allerdings mit einem Dieb gestartet und muss sagen - auch das macht echt richtig Laune.
Gekämpft wird in Dragon's Dogma 2, wie auch schon im Vorgänger, immer in Echtzeit und ihr habt je nach Klasse und Fortschritt verschiedene Skills, mit denen ihr im Kampf die Oberhand gewinnen könnt. Ich hatte mit meinem Krieger z.B. einen Uppercut, der Gegner nicht nur aus der Balance bringen, sondern teilweise sogar ihre Angriffe unterbrechen konnte. Von diesen Skills könnt ihr jeweils 4 ausrüsten bzw. eurem Vasallen zuweisen und diese im Kampf einsetzen, je nachdem ob ihr noch genug Ausdauer habt. Aber im Grunde sind euch in Kampfsituationen keine Grenzen gesetzt: ihr könnt kleinere Gegner hochheben und in Abgründe werfen, könnt Steine auf sie fallen lassen oder euch sogar die Umgebung zur Waffe machen und einfach mal einen reißenden Fluss auf die Monster loslassen. Ich glaube ich hatte echt schon lange nicht mehr so viel Spaß mit einem Kampfsystem und als es mit meiner Klasse dann geklickt hatte, habe ich mich freiwillig in jeden noch so kleinen und unnötigen Kampf geworfen.
Was es im Spiel nämlich nicht gibt und was viele RPG-Fans sicherlich vermissen werden, ist eine traditionelle Schnellreise-Funktion. Außer ihr kauft euch einen der dummen Microtransaction-DLCs, aber so etwas unterstützen wir nicht, okay? Ihr werdet in Dragon's Dogma 2 so sehr viel zu Fuß unterwegs sein, außer ihr reist mit einem Ochsenkarren auf einer festen Route oder nutzt einen der Reisesteine, die aber eine seltene Ressource bzw. sehr teuer sind. Für mich persönlich hat das wenige Schnellreisen verdammt gut funktioniert, weil ich so die Welt um mich herum viel besser und vor allem schneller kennengelernt habe, als in anderen Spielen. Die erste große Stadt Vermund war etwa beim ersten Besuch komplett überfordernd, riesig und verwirrend. Nach ein paar Stunden und Nebenquests in der Stadt habe ich aber jede Abzweigung und jede Ecke perfekt drin gehabt und mich super zurecht gefunden. Das hat die Immersion für mich wirklich immens gesteigert und ich finde viel mehr Spiele sollten die Schnellreise-Funktion einfach mal überdenken. Nicht zwingend direkt abschaffen, aber zumindest überdenken.
Die Spielwelt selbst ist dabei nicht nur echt schön, sondern steckt vor allem voller Geheimnisse. Und Krimskrams zum Einsammeln, aber dazu gleich noch mehr. Ihr startet das Spiel auf einer komplett leeren Worldmap, die ihr nach und nach selbst aufdecken müsst. Nur ein paar Pfade sind dort Dunkelgrau auf Schwarz zu erkennen und geben euch neben dem Questmarker jeweils Hinweise, wo ihr lang könnt. Setzt ihr euch auf den Rücken eines Greifs oder Drachen, könnt ihr aber auch gut und gerne mal von einer Seite der Map bis zur anderen gebracht werden, seid da also auf jeden Fall auf der Hut! Während ihr auf eurer Reise einem Haufen Gegner in die Arme laufen werdet, findet ihr aber auch Höhlen, kleine Dörfer, Menschen in Gefahr, versteckte Häuschen und so viel mehr. Ich hatte am Ende des Spiels das Gefühl nur einen Bruchteil der Welt gesehen zu haben und freue mich jetzt schon darauf im New Game+ noch viel mehr zu entdecken.
Aber wir waren beim Einsammeln von Dingen und sagen wir es mal so: Dragon's Dogma 2 ist der absolute "Überlastet"-Simulator. Wer wie ich gerne alles mögliche mitnimmt, seien es nun Waffen, Beeren, Fleisch, Tränke, Bücher und was es sonst noch so gibt, wird hier nicht nur eine schwere Zeit haben, sondern das auch von den Vasallen zu spüren bekommen. Diese ermahnen euch immer wieder nicht alles einzusammeln, was ihr findet, sind aber auch praktische Helferlein. Ihr könnt nämlich eure Items jederzeit in deren Inventar schieben, um nicht ganz schwer belastet zu sein, was euch nicht nur langsamer macht, sondern auch eure Ausdauer schneller schwinden lässt. Außerdem habt ihr eine Lagerkiste, in die ihr zwischendurch Kram packen könnt, denn wir wollen ja nichts wegwerfen, könnt es aber auch für Geld verkaufen. Und euch neue Dinge holen. Ein ewiger Kreislauf.
Die Spielwelt in Dragon's Dogma 2 ist aber nicht nur vielseitig und voller Items, sondern auch echt schön. Die hauseigene RE Engine schafft es hier wieder einmal zu überzeugen und ihr bekommt ein Spiel, das seinen Fotomodus auf jeden Fall verdient hat. Man merkt aber auch, dass die Engine bisher noch keine großen Open World-Spiele handlen musste und dabei kommt sie immer wieder einmal ein bisschen ins Stottern. Nach dem Launch wurde relativ schnell die Option integriert auf den Konsolen ein Frame-Maxium von 30FPS zu setzen, um eine stabilere Performance zu erhalten, zu 100% rund läuft das ganze aber trotzdem noch nicht. Worüber ich mich allerdings gefreut habe, war die zusätzlich hinzugefügte Option den Motion Blur auszumachen. Vor allem auf dem PC soll das Spiel aktuell nur auf der besten Hardware richtig gut laufen, ich hatte auf der Xbox Series X - auch durch VRR - ein recht gutes Spielerlebnis und konnte vor allem durch die tolle Spielwelt, die spannende Story und die spaßigen Kämpfe die Technik ein bisschen wegignorieren.
"Dragon's Dogma 2 ist nicht nur ein weiterer Top-Hit im Capcom Lineup der letzten Jahre, sondern hat vor allem durch das Ende, das ich hier nicht spoilern werde, einen Fixplatz in meinem Herzen, wenn es Ende 2024 um das Game of the Year gehen wird."
Nachdem ich voller Neugierde ins Spiel gestartet bin, hat es mich mit jeder Spielstunde nicht nur immer weiter in die Welt und die Geschichte gezogen, sondern auch Gameplay-technisch immer weiter am Haken gehabt. Dragon's Dogma 2 ist nicht nur ein weiterer Top-Hit im Capcom Lineup der letzten Jahre, sondern hat vor allem durch das Ende, das ich hier nicht spoilern werde, einen Fixplatz in meinem Herzen, wenn es Ende 2024 um das Game of the Year gehen wird. Die verschiedenen Mechaniken des Spiels sind so einzigartig und gleichzeitig gut umgesetzt, allen voran das Vasallen-System. Die Welt fühlt sich komplett lebendig an und zieht einen immer mehr in ihren Bann und vor allem die Kämpfe gegen größere Gegner sind einfach nur imposant inszeniert. Wer ein Herz für Action RPGs hat, die einen nicht an der Hand nehmen, sollte definitiv einen Blick in dieses Spiel werfen. Es wird vermutlich einer der Titel sein, den viel zu wenig Leute da draußen spielen werden, obwohl sie ihn eigentlich lieben würden. Deshalb seid besser, lasst euch euer Herz von einem Drachen herausreißen und taucht ein in diese Welt. Die Reise wird sich auf jeden Fall lohnen!