Von Miggi
Jetzt mal Hands down, ihr kennt das doch: seitdem wir gefühlt alle in Animal Crossing: New Horizons unsere eigene Insel aufbauen, das Haus Woche für Woche noch schicker einrichten und neue Bewohner*innen - eine süße als der andere - zu Besuch kommen, fühlt sich die Quarantäne nicht mehr ganz so schlimm an. Da sind wir uns ja einig. Aber irgendwie fehlt etwas. Ihr habt doch auch dieses Verlangen nach ein bisschen Dreck. Ein bisschen Feuer. Ein bisschen Rot- und Brauntöne. Ein bisschen E-Gitarren-Geschrammel und schnelle Drumrolls. Ein bisschen ekelhafte Monster, die euch herausreißen aus der quietschbunten Idylle. Ein bisschen auf die Kacke hauen und einfach mal wieder ein bisschen Wut verspüren. Ich weiß, psschhh, ich weiß. Auch ich hatte dieses Verlangen. Zum Glück wurde uns aber am 20. März nicht nur eine neue Insel geschenkt, sondern gleichzeitig eine Fahrkarte Richtung Hölle auf der dick DOOM Eternal steht.
2016 durften wir im einfach nur DOOM betitelten Spiel von id Software bereits die Schrotflinte auspacken und waren uns einig, dass das Spiel wahnsinnig viel Spaß macht. Das amerikanische Entwicklerteam hat es mit dem Titel geschafft ein Reboot auf die Beine zu stellen, das ich neben den neuen Wolfenstein-Spielen von MachineGames, die - Überraschung - ebenfalls auf die id Tech-Engine zurückgreifen, mit zu den Shootern mit dem absolut besten Flow zähle. Sie spielen sich nicht nur schnell, sondern haben dabei auch einen Spielfluss, der seinesgleichen sucht. Nachdem man auf der E3 2018 den ersten Teaser-Trailer zu DOOM Eternal sah, war ich nach dem gelungenen Vorgänger schon gehyped. Als auf der QuakeCon 2018 aber das erste Gameplay-Material gezeigt wurde, wurde mir das Ausmaß erst so richtig bewusst: Das Spiel hatte plötzlich ... Plattforming- und Erkundungs-Elemente?! Hell (höhö) yeah.
Aber fangen wir erst mal von vorne an, bei der Story. Ja, es gibt in DOOM Eternal wirklich eine Story. Zugegeben: im Vorgänger fand ich diese noch recht nebensächlich und mehr Mittel zum Zweck. Das war aber auch nicht schlimm, das Spiel hat trotzdem perfekt funktioniert. Hier hatte ich aber jetzt das Gefühl, dass die Geschichte doch ein bisschen mehr Tragweite bekommen hat. Acht Monate nach den Ereignissen des letzten Teils kehrt ihr mit einem (dicken) Schiff auf die von Dämonen überrannte Erde zurück, um die drei Höllenpriester zu töten und die Invasion zu stoppen. Nachdem ihr in der Tutorial-Mission den ersten davon erwischt, werden die anderen beiden von einem engelsgleichen Wesen namens Khan Maykr in Sicherheit teleportiert und so beginnt eure Reise über mehrere Destinationen. Natürlich reden wir hier immer noch nicht von einem genial erzählten Epos mit unvorhersehbaren Twists oder einem ausgeklügelten Spannungsbogen, aber wer erwartet das schon? Dafür erwarten euch durchs Herumreisen schön abwechslungsreich designte Level-Abschnitte, durch die ihr euch aber eigentlich so schnell bewegt, dass euch bestimmt einige Details entgehen werden.
Denn wie schon im Vorgänger, bewegt ihr euch auch in Eternal wieder wahnsinnig schnell durch die Levels und anfangs war der Umstieg von anderen First Person-Shootern für mich echt nicht so leicht. Nach ein paar (zugegebenermaßen) dummen Toden habe ich aber meinen Flow wieder gefunden und mit der Zeit hat es mir immer mehr Spaß gemacht mit Doppelsprüngen und Dashes durch die Abschnitte zu laufen und die Monster gekonnt zu umkreisen. Nicht nur dafür ist das Gameplay aber perfekt geeignet, deshalb hat man sich bei id Software diesmal gedacht "Warum packen wir nicht einfach noch Plattforming-Abschnitte mit ins Spiel?" und obwohl ich im ersten Moment freudig überrascht war, hatte ich vor Release noch Angst, dass es eventuell nicht so richtig in den Spielfluss passen könnte. Da kann ich aber direkt Entwarnung geben: es hat echt viel Spaß gemacht zwischendurch einerseits auf Erkundungstour zu gehen und andererseits die Hüpf-Challenges auf dem Weg zum nächsten Kampf zu meistern. Die Steuerung funktioniert dabei flawless und glücklicherweise werdet ihr auch nicht durch nervige Ruckler unterbrochen.
Um in den Kämpfen nicht zu sehr aufs Maul zu kriegen, sammelt ihr über die ca. 17 Stunden - kürzer oder länger je nachdem wie sehr ihr durch die Levels rusht - ein nicht zu verachtendes Arsenal an Waffen. Insgesamt acht Schusswaffen, aufgeteilt in fünf Kategorien, dürft ihr sammeln und diese dann noch mit verschiedenen Upgrades ausstatten. Je nach Schwierigkeitsgrad werdet ihr diese auch alle brauchen, da die Gegner teilweise echt viel Munition fressen, bis sie das Zeitliche segnen und diese euch dann gerne mal ausgeht. Habt ihr überhaupt keine Munition mehr, könnt ihr mit eurer Kettensäge immer noch weiterkämpfen und neue Munition aus den Gegnern raussäbeln, solange ihr Benzin dafür habt. Zusätzlich habt ihr zu eurer "Verteidigung" noch Granaten und den Blood Punch, ein Superschlag, der sich durch Glory Kills aufladen lässt. Wer es aus dem Vorgänger nicht kennt: diese lassen sich durch Knopfdruck ausführen, sobald ein Gegner genug Schaden erlitten hat und dann für eine kurze Zeit leuchtend dasteht, um von euch möglichst aufwändig zerfetzt zu werden.
Zu tun gibt es in DOOM Eternal aber auch neben den eigentlichen Kämpfen genug. Wie schon erwähnt könnt ihr eure Waffen upgraden: zum einen mit einer speziellen Attacke wobei ihr je nach Waffe aus zwei verschiedenen wählen könnt. Diese lassen sich durch spezielle Punkte weiter verbessern, die ihr durch abgeschlossene Kämpfe erhaltet. Davon gibt es pro Level eine festgelegte Anzahl, die ihr abschließen müsst, aber auch Bonus-Herausforderungen und geheime Encounters, die teilweise echt verdammt gut versteckt sind. Mindestens genau so gut versteckt sind spezielle Münzen, mit denen ihr euren Kampfanzug und dessen Fähigkeiten verbessert, Runensteine, die euch neue Buffs geben oder spezielle Batterien mit denen ihr verschlossene Türen auf eurem Schiff öffnen könnt. Und wenn ihr schon dabei seid, haltet doch auch gleich Ausschau nach versteckten Items wie Spielzeug, denn auch davon versteckt sich einiges. Habt ihr einmal nicht alles im Level gefunden könnt ihr später jederzeit zurückkehren und per Schnellreise auch zu bestimmten Punkten im Level springen. Das ganze hat dabei fast schon Metroid Prime-Gefühle in mir ausgelöst.
DOOM Eternal wäre aber kein DOOM, wenn Szenerie und Action nicht auch vom passenden Soundtrack untermalt werden würde. Aber auch da kann ich euch zum Glück entwarnen - die Musik ist wieder optimal auf das Gameplay zugeschnitten und passt perfekt. Es ballert, wenn ihr ballert und dröhnt schwer aus den Boxen, wenn ihr gerade nicht mitten im Kampfgeschehen seid. Als (mittlerweile) passionierter Vinyl-Sammler habe ich mir den OST direkt als Schallplatte gekauft. Also im echten Leben. In DOOM Eternal könnt ihr nämlich auch Schallplatten sammeln, die dann in eurem Schiff aufgehängt werden und mit denen sich Tracks aus dem aktuellen Teil, älteren Spielen und sogar der Quake-Reihe abspielen lassen. Euer Schiff dient euch das Spiel über als Hub, in das ihr zwischen den Missionen zurückkehrt, Upgrades und Kostüme kaufen könnt und auch in einer eigenen Area eure Waffen in Kämpfen testen könnt. Und als wäre das alles noch nicht genug hat id Software auch noch einen assymetrischen Battlemode eingebaut, in dem ihr als Doomslayer gegen zwei Monster antreten könnt. Auch dieser weiß zu unterhalten, ist aber mehr nettes Gimmick, als ein vollwertiger Modus, den ich auch in Monaten noch regelmäßig spielen werde.
"DOOM Eternal war für mich der Urlaub vom zuckersüßen Urlaub, von dem ich nicht wusste, dass ich ihn dann doch irgendwie gebraucht habe."
Blut. Dreck. Schrotflinten. E-Gitarren. DOOM Eternal war für mich der Urlaub vom zuckersüßen Urlaub, von dem ich nicht wusste, dass ich ihn dann doch irgendwie gebraucht habe. Das Spiel, mit seinen fantastisch inszenierten Kämpfen, flutscht wie frisch eingeölt und wurde für mich im Vergleich zum Vorgänger durch die ausgeweiteten Areale und Sprungpassagen sinnvoll erweitert. Durch verschiedene Collectibles und Geheimnisse bleibt auch nach Spielende die Motivation die Levels noch einmal abzusuchen und alles einzusammeln, was man beim ersten Mal übersehen hat. Das Gegner- und Leveldesign ist nach wie vor großartig und alleine die Glory Kills sind schon ein Argument sich das Spiel einmal anzusehen, wenn man mit der Ästhetik etwas anfangen kann. DOOM Eternal ist nicht nur more of the same geworden, sondern übertrifft seinen Vorgänger um mindestens neun Kreise der Hölle. Wenn ihr auf schnellere Shooter steht und bisher noch nicht reingespielt habt: macht es jetzt. Ihr werdet euren Spaß haben!