Children of the Sun

   Von Miggi

Keyart zu Children of the Sun von René Rother und Devolver Digital

Ich bin ganz ehrlich: Children of the Sun kam für mich wie aus dem Nichts und je mehr wir uns im Laufe dieser Review mit dem Spiel beschäftigen werden, desto mehr Sinn ergibt das für dieses Spiel. Irgendwann im Februar, kurz vor dem Urlaub, hatte ich eine E-Mail im Postfach mit der Ankündigung, dass der von Devolver Digital gepublishte Puzzle-Shooter noch dieses Jahr erscheinen soll. Dass "dieses Jahr" Anfang April bedeutet, war mir damals noch nicht bewusst, aber ich beschwer mich absolut nicht darüber. Als dann direkt nach meinem Urlaub - Timing kann René Rother - die Mail mit dem Release-Termin kam, war ich direkt an Bord. Schon der erste Trailer, ach was sag ich, allein schon das Artwork und die Beschreibung des Spiels hatten meine Vorfreude direkt auf ein hohes Level gehoben und ich war bereit meinen Trigger-Finger in Aktion zu bringen.

Das Spiel erzählt eine creepy-inszenierte Story rund um Kultisten und Verrat: DAS MÄDCHEN - und ja, das wird so geschrieben, deswegen wundert euch bitte nicht. Mir ist nicht die Capslock-Taste ausgerutscht - begibt sich auf einen Rachefeldzug, nachdem ihr und ihrer Familie ein besseres Leben versprochen wurde. DER KULT hat hier allerdings nicht ganz die Wahrheit erzählt und so liegt es jetzt an euch die Bösen dafür bezahlen zu lassen, was sie euch angetan haben. Um DEN KULT (irgendwie macht mir das auch echt Spaß, ich hoffe ihr lest das genau so, wie es in meinem Kopf klingt) zu bezwingen, zieht DAS MÄDCHEN mit ihrem Gewehr los und macht Jagd auf jeden einzelnen Kultisten da draußen. Der Clou an der Sache - ihr feuert pro Level immer nur einen Schuss ab, egal wie viele Gegner euch gegenüber stehen.

DAS MÄDCHEN lauft Schienen entlang in Children of the Sun von René Rother und Devolver Digital
Als Kultist wollt ihr DEM MÄDCHEN auf keinen Fall über den Weg laufen. Trust me.

Bevor ihr aber mit eurer Waffe abdrückt, empfiehlt es sich die einzelnen Level in Children of the Sun erst einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Dazu lauft ihr im Kreis um einen Bereich und habt die Möglichkeit Feinde per Knopfdruck zu markieren. Die Feinde leuchten dabei orange und heben sich so gut vom Rest der Spielwelt ab. Das praktische an der Sache: Die Markierungen, die ihr setzt, verschwinden nicht, auch wenn ihr das Level freiwillig neu startet oder notgedrungen neu starten müsst. Manche Feinde verstecken sich dabei teilweise besonders gut, oder können auch gar nicht von eurer Position aus gesehen werden. In der rechten oberen Bildschirmecke habt ihr dazu einen Counter, der euch stets live anzeigt, wie viele Gegner sich noch im Level befinden. Neben den Feinden könnt ihr außerdem auch Tiere und andere Trefferzonen in der Spielwelt markieren, diese Markierungen verschwinden allerdings beim Neustart wieder.

 

Ihr fragt euch jetzt aber bestimmt immer noch, wie man mit einer Kugel denn mehrere und gleichzeitig über das Gebiet verteilte Feinde ausschalten soll. Ganz einfach - ihr könnt eure Kugel nach jedem erfolgreichen Treffer erneut ausrichten und in eine andere Richtung schicken. Stellt euch das am besten so vor, wie den Pfeil von Yondu aus Guardians of the Galaxy, nur mit weniger Pfeifen und weniger Aliens. Und so kommt der Puzzle-Faktor ins Spiel: in jedem Level müsst ihr es schaffen an Hindernissen vorbei alle Gegner zu treffen. Diese können sich teilweise bewegen und im weiteren Spielverlauf erhalten sie auch Schutzausrüstung und sogar psychische Kräfte, die eure Kugel wiederum umlenken können. Die Lernkurve ist dabei echt fair und genau jedes Mal, wenn man sich denkt, man hätte jetzt alles begriffen, wirft der Indie-Entwickler ein neues Element in den Ring, an das ihr euch wieder anpassen müsst.

Ein Kultist sitzt vor Bildschirmen in Children of the Sun von René Rother und Devolver Digital
So lange wird der da nicht mehr friedlich sitzen, da helfen ihm auch die Kameras nichts.

Aber nicht nur eure Feinde, sondern auch DAS MÄDCHEN erhält mit der Zeit neue Fähigkeiten, die ihr euch zu Nutze machen könnt. Relativ zu Beginn bekommt ihr eine praktische Bullet Time bzw. Zeitlupe, mit der ihr die Kugel im Flug noch leicht umlenken und justieren könnt. Später könnt ihr außerdem auf die Schwachstellen der Feinde zielen, um eure "Wiederzielen"-Leiste zu füllen. Nach 2 erfolgreichen Treffern könnt ihr die Kugel im Flug komplett frei ausrichten und so nicht nur um die Ecke denken, sondern auch schießen. Die dritte Fähigkeit, die ihr erhaltet, ist dann die Möglichkeit die Kugel zu beschleunigen. Das benötigt ihr um gepanzerte Gegner aus der Entferung zu töten, da ein normaler Schuss an deren Rüstung abprallen würde. Nach kurzen Tutorials zu jeder Fähigkeit müsst ihr diese in den Levels direkt einsetzen und vor allem am Schluss alle drei davon perfekt kombinieren, um die Levels zu schaffen.

 

Nach jedem abgeschlossenen Level erhaltet ihr in Children of the Sun eine Punktzahl, die in eine Bestenliste eingetragen wird. Habt ihr also erst einmal alle 26 Challenges abgeschlossen, gibt es immer noch mehr als genug Gründe, weiterzuspielen und die eigene Taktik zu optimieren. Ihr bekommt nämlich umso mehr Punkte je nachdem wie schnell ihr die Levels abschließt, wie effizient eure "Route" ist und wie flott hintereinander ihr die Kultisten abknallt. Weitere Faktoren sind die Distanz der Kugel vom Abschussort zum Ziel, sowie die Anzahl abgegebener Schüsse pro Level. Während ihr also die Story in ca. 3 bis 5 Stunden abschließen könnt, müsst ihr euch danach ins Zeug legen, um auf dem globalen Leaderboard ganz oben zu landen. Während der Review-Phase haben sich hier noch nicht so viele Leute getummelt, ich bin aber gespannt wie gut meine Scores jetzt nach Release sind.

Ein Kultist steht vor einem Bild mit Totenschädeln in Children of the Sun von René Rother und Devolver Digital
Also "Interior Design" sollte sich DER KULT nicht unbedingt in den Lebenslauf schreiben.

Optisch versetzt einen das Spiel zurück in die Ästhetik der Zeit von PlayStation 2, Xbox und GameCube. Und das im allerbesten Sinne. Das Gameplay präsentiert sich in einer düsteren, schmutzigen aber vor allem stylishen low Poly-Optik, während die Story-Happen zwischendurch in gezeichneten und stilisierten Videosequenzen ablaufen. Einzelne Elemente im Spiel sind dabei immer durch knallige Farben oder zusätzliche Konturen gehighlighted. Der Artstyle spiegelt dabei die finstere Geschichte wider und passt perfekt zum Spiel. Und auch das Sounddesign ist einfach perfekt für ein Spiel wie Children of the Sun: während ihr dem Lauf eurer Kugel folgt hört ihr stets ein monotones Rauschen bzw. Dröhnen im Ohr, Explosionen übersteuern, da ihr mittendrin steckt und jeder gesetzte Treffer kommt in Begleitung von Knacken und Splattersounds. Das Spiel ist also trotz dem überzeichneten Look definitiv nichts für schwache Gemüter, für mich als Fan von Horror-Filmen und -Spielen war es aber genau richtig und vor allem passend zur Thematik.

"Ich hatte noch nie so viel Spaß dabei Kultisten in den Kopf zu schießen wie in Children of the Sun und konnte nicht genug kriegen von der stylish-splatterigen Kombination aus Puzzle und Sniper-Action."

Hätte mir letztes Jahr oder selbst vor ein paar Monaten jemand von einem Konzept wie diesem erzählt, hätte ich mir vermutlich vieles vorstellen können, aber nicht dieses Spiel. Der Berliner Entwickler René Rother hat hier nicht nur ein ganz besonderes Konzept umgesetzt, sondern mit Devolver Digital auch einfach den perfekten Publisher für das Spiel gefunden. Ich hatte noch nie so viel Spaß dabei Kultisten in den Kopf zu schießen wie in Children of the Sun und konnte nicht genug kriegen von der stylish-splatterigen Kombination aus Puzzle und Sniper-Action. Der Look des Spiels ist einzigartig und vor allem die Effekte und Zwischensequenzen sind so verdammt stylish, dass es einfach nur Bock gemacht hat, sich alles anzugucken. Die Lernkurve ist fair, die Levels knifflig aber nie unmöglich und das Leaderboard bietet mehr als genug Langzeitmotivation. Denn im Grunde hätte ich mir am Ende von Children of the Sun nur eines gewünscht: mehr Levels, mit mehr Kultisten, denen ich noch öfter die Kugel von DEM MÄDCHEN effizient durch den Kopf jagen kann. Die Demo für das Spiel, in der ihr die ersten 7 Level anspielen könnt, findet ihr auf Steam und ich finde ihr solltet da definitiv mal reinspielen.

Wertung zu Children of the Sun von René Rother und Devolver Digital
4,5 von 5 Schüssen.