Von Miggi
Ich habe in letzter Zeit immer wieder Geschichten über alte Arcades von Freund*innen gehört, die davon erzählt haben, dass sie dort als Kind an den Automaten gespielt haben. Auch ich kann mich sehr gut erinnern, dass ich im Griechenland-Urlaub mit meiner Oma damals in einem kleinen Raum in der Hotelanlage jeden Tag ein oder zwei Runden an einem der Automaten spielen durfte. Und eines haben alle diese Geschichten gemeinsam - Street Fighter ist immer eines der genannten Spiele. Denn wenn man an das große Zeitalter der Arcade-Hallen denkt, kommt man an Capcom einfach nicht vorbei. Weil viele dieser Arcades entweder nicht mehr existieren oder ihre Automaten verkauft haben, wird es aber immer noch schwerer an diese Spiele ranzukommen. Und genau da kommt die Capcom Fighting Collection ins Spiel, die 10 der wichtigsten Fighting Games des japanischen Studios zum Kampf versammelt.
Denn nicht nur was Arcade- oder Fighting-Games angeht hat sich Capcom mittlerweile ordentlich Expertise zugelegt, sondern auch bei Retro-Collections. Von diversen Legacy Collections alter Mega Man-Spiele, über die Disney Afternoon Collection bis hin zum Capcom Arcade Stadium oder sogar der Capcom Home Arcade, zwei Control Sticks inklusive Buttons auf dem eigenen Logo. Und genau in diese illustre Runde gesellt sich jetzt die Capcom Fighting Collection, die sich zum Anspruch macht die zehn Fighting Games so nah am Arcade-Original wie möglich auf die modernen Konsolen zu bringen. Und da Street Fighter bereits 2018 seine eigene Anniversary Collection bekommen hat, konnte man sich hier auf alle anderen Spiele konzentrieren, eines davon hat es sogar bisher noch nie aus der Arcade-Halle raus geschafft.
Die neue Compilation beinhaltet alle fünf Teile der Darkstalkers-Reihe. Das ist entweder schade, wenn man mit Darkstalkers nicht viel anfangen kann, oder man freut sich, so wie ich. Von den fünf Titeln sind Vampire Hunter 2 und Vampire Savior 2 nur in der japanischen Version verfügbar, alle anderen Spiele können entweder in der japanischen oder englischen Variante gespielt werden. Daneben findet ihr noch Super Puzzle Fighter II Turbo und Super Gem Fighter Minimix im Aufgebot und natürlich darf trotz eigener Sammlung auch Street Fighter nicht komplett fehlen. Mit Hyper Street Fighter II hat sich zumindest ein Titel der Reihe mit reingemogelt. Abgerundet wird die Auswahl durch den Robo-Prügelspaß Cyberbots und Red Earth. Letzteres erscheint damit zum allerersten Mal auf Heimkonsolen, seit es Ende 1996 zum ersten Mal das LED-Licht der Arcade-Welt erblickt hat. Und vor allem Red Earth hat es mir angetan.
Während man bei den meisten Fighting Games ganz oft noch den typischen Arcade-Modus spielt, in dem man eine Serie an Kämpfen hinter sich bringt, um dann am Ende gegen die stärkste Figur zu kämpfen, läuft das Spiel hier ein bisschen anders ab. Im Single-Player wählt ihr eine der vier Hauptfiguren aus und kämpft euch in acht Kämpfen durch deren Storyline. So weit, so Arcade-Modus. Besonders in Red Earth ist aber, dass ihr nach jedem Kampf Erfahrungspunkte erhaltet, mit denen ihr euren Angriff und eure Verteidigung erhöhen oder auch neue Moves freispielen könnt. Und damit das nicht verloren geht, hatte das Spiel schon damals ein Passwort-System, das euren Fortschritt quasi gespeichert hat. Außerdem gibt es verschiedene und auch versteckte Enden, je nachdem wie viele Continues ihr benutzt, oder wie ihr eure Gegner*innen besiegt. Das bringt noch einmal ein bisschen mehr Motivation ins Spiel und hat mir echt Spaß gemacht.
Neben den Single-Player-Modi, die ihr natürlich in jedem Spiel finden und auch ohne eine Tasche voll Münzen spielen könnt, gibt es in der Capcom Fighting Collection natürlich auch eine Multiplayer-Option. Wie es sich für gute Fighting Games gehört wird Kooperation hier allerdings nicht unbedingt groß geschrieben. Und wenn ihr gerade niemanden in eurer direkten Umgebung habt oder niemand mehr gegen euch verlieren will, dann könnt ihr euch auch gegen Gegner*innen aus aller Welt messen. Neu hinzugefügt wurde nämlich ein Online-Modus, in dem ihr Casual, Ranked oder Costum Matches austragen könnt. Ich bin dafür leider viel zu schlecht und mit Buttonmashing kommt man dort nicht recht weit, für alle kompetitiven Fighter da draußen ist es aber bestimmt sehr schön, diese Spiele auch online spielen zu können. Cross-Play auf verschiedenen Plattformen wird dabei allerdings leider nicht unterstützt.
Und natürlich sind die Spiele auch sonst nicht einfach 1:1 Portierungen der Arcade-Versionen denen ein Online-Modus hinzugefügt wurde, auch wenn man so nah wie möglich am Original bleiben wollte. Wenn ihr so unbgegabt seid wie ich, könnt ihr im Trainingsmodus eure Kombos und Taktiken für jedes enthaltene Spiel üben, ganz wie es euch gefällt. Wer möchte kann außerdem die Schwierigkeit der CPU für jedes Spiel einstellen und ihr habt zusätzlich noch die Möglichkeit Quick Saves anzulegen. Wer also unbedingt direkt einen Titel komplett ohne Continues durchspielen möchte, kann das so auch tun, ohne sich erst Finger aus Stahl anzutrainieren. Für Langzeitmotivation sorgen Kämpfer*innen Awards für die Spiele, mit denen ihr den Überblick behalten könnt, mit welchen Figuren ihr das Spiel bereits durchgespielt habt und wer noch fehlt.
Und auch visuell könnt ihr noch einiges nachjustieren. Alle Titel sind aufgrund ihres Alters noch nicht im 16:9 Breitbild erschienen und haben deshalb in der Capcom Fighting Collection schicke Rahmen rund um den 4:3 Bereich des Bildes. Barbar*innen können das Bild auch bis an den Rand des Screens strecken, aber ich hoffe, dass ihr das niemals tun würdet. Und um richtiges Retro-Feeling zu bekommen gibt es insgesamt sieben verschiedene Scanline-Filter, die ihr über das Bild legen könnt. Und habt ihr das erst einmal alles durchgespielt und -probiert, könnt ihr euch im Museum noch über 500 originale Concept Art-Bilder und verschiedenes Artwork zu den Spielen ansehen, sowie über 400 Musikstücke anhören. Das geht übrigens auch, während ihr bei Online Matches auf den Start wartet. Insgesamt kann ich über Optik und Performance absolut nicht meckern, bei mir lief alles flüssig und nachdem ich mich durch die Filter probiert hatte, habe ich immer wieder einmal zwischen meinem Lieblingsfilter E und dem normalen Bild gewechselt, beides hat mir sehr gut gefallen.
"Die Capcom Fighting Collection bringt zehn viel zu oft übersehene Vertreter des Genres auf die modernen Konsolen und das in einer Form, in der sowohl Anfänger*innen als auch Profis damit Spaß haben können."
Ich hab es schon erwähnt - ich bin wirklich schlecht in Fighting Games. Trotzdem hatte ich mit dieser Sammlung wahnsinnig viel Spaß und werde den auch noch haben. Nur halt nicht im Online Modus. Aber das Gesamtpaket, das Capcom hier abliefert und so auch mal über den Tellerrand von Street Fighter hinausblicken lässt, hat mich wahnsinnig gut unterhalten und ist perfekt für den kurzen Arcade-Kick zwischendurch. Die Capcom Fighting Collection bringt zehn viel zu oft übersehene Vertreter des Genres auf die modernen Konsolen und das in einer Form, in der sowohl Anfänger*innen als auch Profis damit Spaß haben können. Die Quality of Life-Verbesserungen sind allesamt sinnvoll integriert, die Spiele trotzdem wahnsinnig nahe am jeweiligen Original und, dass Red Earth nun endlich auch einmal einen Platz auf einer Heimkonsole gefunden hat, freut mich sehr. Man muss Fighting Games immer noch zumindest irgendwie spannend finden, um die Collection gut zu finden, aber wenn man das tut, ist das hier ein sehr schönes Stück Retro-Geschichte und macht echt Laune.