Von Miggi
Seit ihrer Gründung im Jahr 2014 haben sich die Game Awards von Geoff Keighley (oder die "Keighleys" wie wir sie liebevoll nennen) zu einem riesigen Event entwickelt. Alljährlich im Dezember werden dort nicht nur die besten Spiele des Jahres gewürdigt, die Show ist immer wieder für Überraschungen gut. Sei es nun der Reveal der Xbox Series X, Joker als Charakter in Super Smash Bros. oder der Auftritt von It takes Two-Director Josef Fares. Und auch 2022 gab es wieder einiges zu sehen, womit niemand gerechnet hat. Mit am meisten überrascht hat mich dabei das an diesem Abend erstmals gezeigte Bayonetta-Prequel Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon. Nicht nur, dass kurz vorher im Oktober erst das lang erwartete Bayonetta 3 auf der Switch veröffentlicht wurde und wohl niemand so schnell mit einem neuen Titel des Franchises gerechnet hatte, das ganze wirft auf den ersten Blick auch einfach das komplette Konzept der Reihe über Bord. Die Wartezeit war zum Glück nicht lange und das Spiel erschien nur ein paar Monate später direkt, was mir als ungeduldigem Mensch natürlich sehr in die Karten gespielt hat.
Wie schon erwähnt handelt es sich bei Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon storymäßig um ein Prequel, das weit vor den Ereignissen des ersten Bayonetta spielt. Wir spielen diesmal eine sehr junge Cereza, die noch nicht viel Erfahrung in ihrer Rolle als Umbra-Hexe gesammelt hat und bei ihrer Lehrerin Morgana mitten im Training ist. Mit dem Ziel ihre gefangene Mutter zu retten, schleicht sie sich eines Nachts gemeinsam mit ihrem Plüschtier in den verbotenen Wald von Avalon und wird dort nach kurzer Zeit von bösen Faeries angegriffen. Im letzten Moment schafft es Cereza irgendwie einen Dämonen aus dem Inferno zu rufen, der Besitz von ihrer Plüschkatze ergreift und gegen die Faeries kämpft. Da der Dämon, dem Cereza den Namen Cheshire verpasst, aber nicht alleine in seine Heimat zurückkehren kann, müssen sich die beiden verbünden, um einen Weg durch den Wald zu finden und mit der Kraft der 4 Elementarkerne Cheshire zurück ins Inferno zu schicken.
Direkt zu Beginn - und da wären wir auch schon wieder bei Josef Fares - hat mich das Spiel das erste Mal so richtig überrascht. Hat Cereza Cheshire beschworen, sind beide separat spielbar und zwar indem ihr jeweils den linken oder rechten Stick nutzt, um eure Figuren gleichzeitig zu bewegen. Eventuell hätte ich das durch ein bisschen Recherche und Trailer-Analyse oder mit der im eShop kostenlos verfügbaren Demo schon im Vorfeld rausgefunden, aber so hat es mich komplett unvoreingenommen erwischt. Und das ist ja auch nicht so schlecht. Jedenfalls hat mich das Prinzip nicht nur an Brothers: A Tale of Two Sons erinnert, sondern anfangs auch echt meine Koordination auf die Probe gestellt. Es ist kurzfristig echt wieder ungewohnt gewesen sich auf 2 Figuren konzentrieren und diese teilweise zur selben Zeit durch einen Hindernis-Parcours lotsen zu müssen. Zum Glück hatte ich da den Dreh aber einigermaßen schnell raus und zum Schluss hin hat das nicht nur richtig gut funktioniert, sondern auch echt viel Spaß gemacht.
Abseits von Hindernissen wird von dieser Gameplay-Art im kompletten Spiel Gebraucht gemacht, das ein bisschen wie die The Legend of Zelda-Spiele aufgebaut ist. Beziehungsweise musste ich durch den Wasserfarben-Look des Spiels immer wieder an den Capcom-Titel Ōkami denken, das wiederum ja auch sehr durch die Zelda-Reihe inspiriert wurde. Ihr bewegt euch mit Cheshire, den ihr mit dem rechten Stick steuern oder in seiner Plüschform tragen könnt, durch die verschiedenen Gebiete und müsst dort verschiedene Rätsel lösen, taucht in die sogenannten Tír na nÓg ein, die wie kleine Tempel aufgebaut sind, könnt geheime Truhen und Herzteile finden und erhaltet im Laufe eures Abenteuers verschiedene Fähigkeiten, mit denen ihr neue Gebiete erschließen könnt. Und selbst der Sound, wenn Cereza Truhen öffnet macht hierbei den Eindruck einer Hommage an Links Abenteuer, wirkt aber an keiner Stelle wie eine dreiste Kopie. Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon schafft hier tatsächlich die Gratwanderung zwischen Inspiration und Rip-Off richtig gut und ich persönlich habe die Ähnlichkeiten eher als Huldigung verstanden.
Die Fähigkeiten, die ihr im Laufe des Spiels findet, kommen von den Elementarkernen. Pro Elementarkern erhält Cheshire eine neue Form, mit der er bestimmte Moves ausführen kann. Der erste Kern ist zum Beispiel der Pflanzenkern, mit dem euer Dämonen-Gefährte per Knopfdruck eine Ranke ausfahren kann, die entweder Dinge zerstören aber auch greifen und ziehen kann. Die verschiedenen Formen könnt ihr einfach per Knopfdruck wechseln und so ganz einfach jeweils die einsetzen, die gerade gebraucht wird. Aber nicht nur Cheshire kann jeweils eine neue Form annehmen, auch Cereza erhält mit jedem Kern die Fähigkeit bestimmte Hindernisse in der Welt mit ihrer Magie zu absorbieren. Das erhöht dann nicht nur die Magie-Leiste, sondern öffnet für euch auch neue Pfade in der Spielwelt.
Trotz des doch drastischen Genre-Wechsels wird aber auch in Bayonetta Origins fleißig gekämpft. Neue Gegner werden dabei wie auch in den Teilen der Hauptserie in Form einer Illustration kurz vorgestellt, wenn sie das erste Mal auftauchen. Geht ein Kampf los, könnt ihr auch hier zwischen Cheshires Fähigkeiten wechseln und diese zu eurem Vorteil einsetzen, da jede davon sich im Kampf anders verhält. Die bereits erwähnte Pflanzen-Form greift etwa sehr schnell an und kann Gegnern mit dem Rankenhieb auch aus der Entfernung gefährlich werden und auch die anderen Formen haben jeweils ihre Vor- aber auch Nachteile. In den Kämpfen steuert ihr allerdings nicht nur Cheshire mit dem rechten, sondern auch Cereza mit dem linken Stick. Diese hat zwar keine starken Angriffszauber, kann dafür aber mit ihrem Rankenzauber Gegner an einer Stelle festhalten, was die Angriffe für Cheshire wiederum vereinfacht. Um das Optimum aus den beiden herauszuholen gibt es 2 Skill-Trees, in denen ihr an bestimmten Speicherpunkten neue Angriffe, Fähigkeiten und Moves kaufen könnt. Dort könnt ihr für euer Inventar auch verschiedene Tränke herstellen, mit denen ihr euch heilen oder kurzzeitig stärker machen könnt.
Mit dem richtigen Artstyle kann ein Spiel auch auf schwächerer Hardware einfach umwerfend aussehen und das beste Beispiel aktuell dafür ist Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon. Das ganze Spiel ist aufgezogen wie ein Märchenbuch, was während der Handlung durch die Stimme einer Erzählerin noch deutlicher wird. Das Konzept zieht sich aber auch visuell durch, wodurch die komplette Spielwelt und alle Charaktere in einem wunderschönen Wasserfarben-Look präsentiert werden, der mich persönlich komplett begeistert hat. Zwischensequenzen werden durch sich umblätternde Buchseiten inszeniert, während die Erzählerin den Text liest, der ins Buch geschrieben wird und auch im normalen Gameplay sind die Farben und die komplette Spielwelt einfach nur eine Genugtuung fürs Auge. Man merkt, dass Platinum Games hier ein Konzept erstellt und es von vorne bis hinten komplett durchgezogen hat und ich glaube auf Bildern kommt das gar nicht so krass rüber, wie in bewegter Form. Schaut euch also bitte unbedingt einen Trailer zum Spiel an, oder holt euch die Demo im eShop. Einfach nur damit ihr seht wie hübsch dieses Spiel aussieht.
"Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon wirft Gameplay-Ideen, die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben, in einen Topf voll Wasserfarbe und heraus kommt ein erfrischend unkonventionelles Spiel, mit dem ich wahnsinnig viel Spaß hatte. "
Während ich das Tutorial, das man großteils noch alleine verbringt, absolviert habe, war ich neugierig, was neben dem Wasserfarben-Look denn das Alleinstellungsmerkmal des Spiels sein wird. Als dann relativ bald Cheshire zu Cereza gestoßen ist und man die beiden mit dem jeweils linken und rechten Stick separat steuern konnte, die ersten Rätsel ins Spiel kamen und man dann auch noch in dieser Konstellation kämpfen musste, war diese Frage nicht nur vom Tisch gefegt, sondern ich auch mehr als positiv überrascht. Das Spiel ist in den etwa 15 - 20 Spielstunden zu großen Teilen nicht wirklich schwer, seien es nun die Kämpfe oder die Rätsel, hat mich aber trotzdem von Anfang bis Ende verdammt gut unterhalten. Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon wirft Gameplay-Ideen, die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben, in einen Topf voll Wasserfarbe und heraus kommt ein erfrischend unkonventionelles Spiel, mit dem ich wahnsinnig viel Spaß hatte. Dass Bayonetta in dieser Form so gut funktioniert, hätte ich selbst nicht gedacht. Platinum Games ist mit diesem Prequel auf jeden Fall ein Risiko eingegangen, das hat sich aber absolut gelohnt und ich hoffe, dass ganz viele von euch zumindest mal einen Blick auf die Demo werfen und sich genau so verzaubern lassen, wie ich.