A Plague Tale: Innocence

   Von Miggi

A Plague Tale, Innocence, Focus Home Interactive, Asobo Studio, David Dedeine, Kevin Choteau, Frankreich, Amicia, Hugo, Melie, Rodric, Arthur, De Rune, Macula, Ratten, Vitalis Benevent, Lord Nicholas, Aquitaine, Laurentius, Lucas, Château d’Ombrage

Ich weiß nicht mehr, wann ich das erste Mal von A Plague Tale: Innocence gehört, gelesen oder etwas dazu gesehen habe, aber seither habe ich mich sehr auf den Release des Spiels gefreut. Nicht nur, weil das generelle Setting und die Geschichte wahnsinnig spannend wirken, sondern weil mit Asobo Studio auch ein mehr als namhaftes Entwickler-Team hinter dem Titel steckt. Wer jetzt spontan mit dem Namen nichts anfangen kann - denkt euch nichts. Mir ging es genau so. Als ich dann aber nachgeschlagen habe, welche Spiele aus dem Hause des Französischen Teams stammen, stieg auch mein Hype-Level exponentiell an. Asobo zeichnet sich nämlich unter anderem verantwortlich für etliche Disney Pixar-Lizenzierungen, das von Ubisoft gepublishede Renn-Spiel The Crew, den Xbox Exklusiv-Titel ReCore oder auch den 2017-Ableger des Aufbauspiels Zoo Tycoon. Mit Plague Tale kam nun am 14. Mai eine neue originale IP des Studios, auf die wohl nicht nur ich spannend gewartet habe.

A Plague Tale: Innocence startet eigentlich recht idyllisch im französischen Aquitaine. Ihr spielt die junge Adlige Amicia De Rune und durchstreift gemeinsam mit eurem Vater und eurem treuen Hund Lion einen der euer Schloss umgebenden Wälder. Dabei wird euer Hund von unbekannten Kreaturen angegriffen und kaum seid ihr zuhause angekommen, wird auch dieses überfallen. Die Angreifer stellen sich als Truppen der Inquisition heraus, die geleitet von einem Ritter namens Lord Nicholas das Anwesen stürmen, um Amicias jüngeren Bruder Hugo mitzunehmen. Dieser leidet an einer unbekannten Krankheit, aufgrund derer er seit seiner Geburt von eurer Mutter Beatrice behandelt wird. Aufgrund des Angriffs schickt sie die beiden Geschwister von Zuhause weg, um den Alchemisten Laurentius zu finden, mit dem sie gemeinsam an einer Heilung für Hugos Krankheit gearbeitet hat. Und so beginnt eure gefährliche Reise durch ein Frankreich im Jahre 1348, das von Ratten überlaufen wird.

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Rats!

Und genau diese Ratten stellen die größte Bedrohung in A Plague Tale: Innocence dar. Auf eurer Reise brechen die Nager immer wieder aus der Erde oder durch Wände und fallen unaufhaltsam über alles her, was ihnen in den Weg kommt. Die Ratten könnt ihr lediglich durch den Einsatz von Licht aufhalten und so kämpft ihr euch von Lichtquelle zu Lichtquelle, sucht Fackeln an den Wänden und zittert auf jeder Strecke durch die Rattenhorden, ob euer Stöckchen lange genug brennt, damit ihr den nächsten sicheren Ort erreicht. Im Laufe des Spiels erhaltet ihr außerdem verschiedene Rezepte, mit denen ihr euch hilfreiche Items craften könnt, wie Feuerbomben, Anzünder, aber auch Wurfgeschosse, die Feuerstellen löschen können. So könnt ihr die Ratten in bestimmten Situationen auch zu euren Gunsten ausnutzen und sie zum Beispiel über Wachposten herfallen, an denen ihr sonst nicht vorbei gekommen wärt. Damit euch die Items nicht ausgehen, müsst ihr aber die Augen offen halten: neben Collectibles finden sich in den insgesamt 17 Kapiteln nämlich Crafting-Materialien wie Alkohol, Salpeter oder Sulphur, die ihr unbedingt einsammeln müsst, um euer Überleben zu sichern.

 

Neben euren alchemistischen Fähigkeiten habt ihr nämlich lediglich eine Schleuder als Waffe, mit der ihr gegen voll gepanzerte Ritter natürlich nicht optimal ausgerüstet seid. Ritter ohne Helmschutz könnt ihr mit einem Stein an den Kopf zwar noch ausschalten, sobald die Feinde aber einen Helm tragen oder in der Mehrzahl auftreten, wird es für euch und eure Schleuder eher schwer. Um euch das (Über-)Leben in der gefährlichen Umgebung zu erleichtern könnt ihr an Werkbänken aber eure Ausrüstung verbessern. Mit gefundenem Leder, Stoff und anderen Gegenständen macht ihr so eure Rüstung leiser, das Nachladen schneller oder sichert euch weitere Boni. So könnt ihr Amicias Ausrüstung im Laufe von Plague Tale sinnvoll aufbessern und vor allem euch selbst am Controller das Leben erleichtern.

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Gemeinsam mit eurem kleinen Bruder Hugo müsst ihr euch durch nicht nur eine gefährliche Umgebung schlagen.

Ein großer Risikofaktor in Videospielen ist für mich immer, wenn einem ein NPC-Charakter an die Hand gegeben wird, auf den man im Worst Case im Laufe der Geschichte aufpassen muss. In Resident Evil 4 hat das teilweise zu sehr nervigen Momenten geführt und auch andere Spiele haben sich hier nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Ein positives Gegenbeispiel hat letztes Jahr God of War geliefert - und trotzdem war bei mir die Angst da, dass der kleine Bruder in A Plague Tale: Innocence zu nervigen Momenten führen könnte. Aber Entwarnung: Hugo muss zwar durch seine Erkrankung immer in Amicias Nähe bleiben, Asobo Studios hat das allerdings so gut gelöst, dass es nicht negativ in den Spielfluss eingreift. Generell ist der Spielverlauf nie langweilig - Rätselpassagen gehen organisch in Schleichpassagen über, in denen ihr unentdeckt bleiben müsst, bevor ihr wieder in einen Bereich kommt, in dem ihr geschützt vor den Ratten von Lichtquelle zu Lichtquelle huscht. So wird das Spiel nie langweilig oder eintönig.

 

Auf der Grafik- und Technikseite gibt es keinerlei Beschwerden und das trotz dem Fakt, dass es sich beim Entwickler nicht um ein AAA-Studio handelt und Plague Tale eigentlich schon ein bisschen als Indie-Titel bezeichnet werden kann. Naja. Semi-Indie zumindest. Die Umgebungen des alten Frankreichs sind alle äußerst detailreich gestaltet, sehen schön aus und vor allem wird auch hier Abwechslung groß geschrieben. Von weiten Schlachtfeldern, die mit toten Soldaten gespickt sind, ländlichen Bauernhöfen, über Wälder und Burgen findet ihr alles was das Entdeckungsherz begehrt. Der Detailgrad wird vor allem sichtbar, wenn ihr eure Umgebung genau betrachtet: Bodendielen, durch die ihr durchblicken könnt, Blätter und Äste, die im Wald verteilt liegen oder der Schlamm, in dem ihr Fußspuren von Pferden und Menschen sehen könnt. Das Spiel läuft in einer eigenen Engine, statt sich auf Engines wie Unreal zu verlassen und das bei gelockten 30 Frames per Second, die flüssig über den Bildschirm flimmern. Vor allem bei den bis zu 5.000 Ratten, die gleichzeitig auf dem Bildschirm sichtbar sein können ist das mit eigener Engine eine absolut nicht zu verachtende Leistung.

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Fast wie die Festung in Salzburg.

Das alles wäre natürlich Murks, wenn das Gameplay dabei nicht mitspielen würde. Jede detaillierte Spielwelt, jede Schleichpassage und jede Rätseleinlage wird zur Qual für Spieler*innen, wenn die Steuerung nicht einfach oder genau genug ist oder wenn die Menüfuhrung zu umständlich ist. Aber auch hier gibt es Entwarnung: Alle Eingaben gehen mehr als leicht von der Hand, verschiedene Utensilien lassen sich in einem Ringmenü schnell und intuitiv auswählen und machen so sowohl Kämpfe als auch alles andere zu einer meisterbaren Aufgabe. Das einzige was ich manchmal durcheinander gebracht habe, war der Unterschied zwischen dem Zielen mit der Schleuder und dem einfachen Werfen von Gegenständen. Beides passiert mit einer der beiden linken Schulterstasten, macht aber im Spielablauf einen sehr großen Unterschied. Nach ein bisschen Spielzeit, konnte ich aber auch das in den Griff kriegen.

"Asobo Studios zeigt mit A Plague Tale: Innocence auf welchem Level sich Videospiele bewegen können, auch wenn sie nicht von einem großen AAA-Studio entwickelt werden."

A Plague Tale: Innocence ist vermutlich kein wirklicher Geheimtipp mehr. Aber jede weitere Person, die das Spiel im Vorfeld nicht am Radar hatte und die durch diese Review eventuell darauf aufmerksam wird, wird eine Story erleben, die von Anfang bis Ende mitreißend ist, eine Spielwelt durchlaufen, die mit unglaublich viel Liebe zum Detail gestaltet wurde und Charaktere treffen, die im Gedächtnis bleiben. Asobo Studios zeigt mit Plague Tale auf welchem Level sich Videospiele bewegen können, auch wenn sie nicht von einem großen AAA-Studio entwickelt werden. Mit dem unverbrauchten Setting liefern sie einen der Titel, die mir nicht nur Ende des Jahres, sondern wohl über längere Zeit mehr als positiv im Gedächtnis bleiben werden und ich mir vorstellen kann, dass wir mit Innocence nicht das letzte Mal von A Plague Tale gehört haben werden. Und das freut mich sehr.

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5 von 5 Rattenschwärmen.